Am Anfang eines neuen Tages
und Alexander angefangen hatten, einander Briefe zu schreiben, waren Josephine und ihre Mutter zum Tee auf der Plantage der Blakes eingeladen. Während ihre Kutsche vor dem Haus zum Stehen kam, stellte Jo überrascht fest, dass Harrison auf Krücken durch den Garten humpelte und sich langsam dem Zaun näherte, der das Baumwollfeld begrenzte. Sie starrte ihm einen Augenblick lang hinterher, bevor sie zum Tee hineinging, und empfand ein plötzliches Glücksgefühl um Priscillas willen – und um seinetwillen.
„Es ist schön, Harrison herumlaufen zu sehen“, sagte sie, während sie die Serviette auf ihrem Schoß ausbreitete.
„Das habe ich dir zu verdanken, Josephine. Dir und Dr. Hunter.“ Mrs Blake lächelte, während sie Tee in ihre Tassen einschenkte.
„Kommt der Doktor noch vorbei?“, fragte Jos Mutter.
„Nicht jeden Tag. Das ist jetzt nicht mehr nötig, weil es Harrison so viel besser geht. Er kommt vielleicht einmal die Woche her. Manchmal auch öfter, wenn er in der Gegend ist.“
Josephine fragte sich, warum ihre Mutter das wissen wollte, dann wurde ihr bewusst, dass Dr. Hunter sie in letzter Zeit nicht mehr auf White Oak besucht hatte. Seit dem Tanzabend nicht mehr, überlegte sie. Dabei war er in den Wochen davor oft da gewesen und sogar mit ihrer Mutter ausgefahren.
Mrs Blake rutschte auf ihrem Sitz nach vorne, als wäre sie zu aufgeregt, um still zu sitzen. Sie hatte ihren Tee nicht angerührt. An ihren geröteten Wangen sah Josephine, dass sie etwas auf dem Herzen hatte. „Eugenia, Liebes … Wie ich höre, haben deine Mädchen Verehrer. Nein, das kann man so eigentlich nicht sagen. Aber du hast mir doch erzählt, dass du deine Töchter gut verheiratet sehen willst, nicht wahr? Und ich habe gesehen, dass Josephine und Mary bei deinem Fest mit jungen Männern getanzt haben und … nun, ich werde offen sein. Ich würde mich sehr freuen, wenn du Harrison als Verehrer für Josephine akzeptieren würdest.“
Jo stellte ihre Tasse ab, weil sie fürchtete, sie würde ihr aus den zitternden Händen fallen und auf dem Boden zerbersten. Sie musste sich verhört haben. Das konnte doch nicht wahr sein!
„Wie ihr sehen könnt“, fuhr Priscilla fort, „geht es Harrison jetzt sehr viel besser. Er kann mit seinen Krücken überall hingehen, und neulich ist er sogar auf einem Pferd geritten. Die Arbeiten auf der Plantage laufen gut; wir haben wieder Dienstboten und Arbeiter und Vieh.“
Josephine hätte am liebsten Nein! geschrien, aber sie brachte keinen Ton heraus. Sie konnte sich nicht einmal rühren.
Harrison zu heiraten, wäre sogar noch schrecklicher, als mit Henry Schreiber verheiratet zu sein.
Jos Mutter antwortete an ihrer Stelle. „Also Priscilla! Ich hatte ja keine Ahnung! Was ist denn mit seiner Verlobung mit Emma Welch? Könnte sie nicht zurückkommen, jetzt, wo es ihm besser geht? Ich will nicht, dass Josephine vorgeworfen wird, sie würde einem anderen Mädchen den Verehrer ausspannen.“
„Das zwischen ihm und Emma ist vorbei. Sie ist nach Norfolk gezogen und ihre Mutter hat mir erzählt, dass andere Männer ihr den Hof machen.“ Priscilla streckte die Hand aus und ergriff Jos Rechte, die schlaff auf ihrem Schoß lag. „Ich habe dich so lieb gewonnen, seit du bei uns warst, Josephine. Du hast mir durch die schwerste Zeit meines Lebens geholfen und bist für mich schon jetzt wie eine Tochter. Du warst Harrison und mir eine große Hilfe. Und du, Eugenia, bist meine beste Freundin“, sagte sie und berührte auch deren Arm. „Diese Verbindung wäre die Erfüllung meiner innigsten Wünsche.“
Jo konnte noch immer nichts sagen. Sie mochte Mrs Blake von Herzen gern und war froh, dass sie ihr hatte helfen können. Aber sie konnte Harrison unmöglich heiraten. Niemals. Schon allein bei dem Gedanken musste sie sich beinahe übergeben.
„Ich finde, das ist eine wunderbare Idee!“, sagte ihre Mutter. Sie sah so glücklich aus wie schon lange nicht mehr.
„Was meinst du, Josephine?“, fragte Mrs Blake. „Niemand wird dich zwingen, gegen deinen Willen zu heiraten. Aber als ich hörte, dass du Henry Schreiber in Erwägung ziehst, wollte ich dich bitten, auch über Harrison nachzudenken. Mir kommt es so vor, als würdest du schon jetzt zu uns gehören.“
Die beiden Frauen sahen sie an und warteten auf ihre Antwort. Jo versuchte zu sprechen, brachte aber keinen Ton heraus. Sie räusperte sich und versuchte es erneut. „W-was sagt Harrison denn dazu?“
„Ich habe mit ihm gesprochen
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