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Am Anfang eines neuen Tages

Am Anfang eines neuen Tages

Titel: Am Anfang eines neuen Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Austin
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gestanden hatte, den helleren Fleck auf dem Boden, wo der Teppich gelegen hatte. Und wenn sie nach rechts in Daddys Arbeitszimmer blickte, wusste sie, dass sie seinen leeren Stuhl sehen würde.
    Nein, Gott würde keinem von ihnen helfen. Und es war unmöglich, alles wieder in das zu verwandeln, was es vorher gewesen war.

Kapitel 5

    28. April 1865

    Eugenia erkannte ihren Sohn zuerst gar nicht. Der Fremde, der den Weg hinauf zum Haus gelaufen kam, sah wie ein Bettler aus. Seine zusammengewürfelte Kleidung wies keine Ähnlichkeit mehr mit der konföderierten Uniform auf und seine Schuhe sahen aus wie die eines Sklaven. Als sie ihn näher kommen sah, vermutete sie, dass es sich um einen Flüchtling oder einen Vagabunden handelte, der betteln oder ihr etwas stehlen wollte. Eugenia suchte in ihrer Rocktasche nach der Pistole, die sie immer bei sich trug, und ging dann auf die Veranda hinaus, um den Mann von ihrem Grund und Boden zu verweisen. Aber der Fremde war Daniel.
    Bevor Eugenia sich rühren oder etwas sagen konnte, sah er sie und rannte auf sie zu. Er stürmte die Stufen hinauf und riss Eugenia in seine Arme. Daniel! Daniel war wieder da! Sie versuchte seinen Namen zu sagen, brachte aber kein Wort heraus, so zugeschnürt war ihre Kehle von den Tränen. Daniels ganzer Körper bebte und ihr wurde bewusst, dass er schluchzte. Er war kaum zwanzig Jahre alt gewesen, als er in den Krieg gezogen war, großtuerisch und angeberisch. „Wir machen die Yankees im Handumdrehen fertig und ich bin rechtzeitig im Herbst wieder zu Hause, um aufs College zu gehen.“ Seitdem waren fünf Jahre vergangen.
    Daniel war immer Eugenias Goldjunge gewesen, blond und gut aussehend und lebenslustig, der Spaßmacher der Familie, der alle zum Lachen bringen konnte. Jetzt überwältigten Freude und Kummer sie zugleich, als sie ihn im Arm hielt. Er war so dünn, so abgerissen, so mitgenommen. Aber das waren sie alle.
    „Oh, Daniel!“, murmelte sie. „Endlich bist du zu Hause.“ Er konnte nicht aufhören zu schluchzen, wirkte wie ein gebrochener Mann. Sie löste sich aus seiner Umarmung und hob die Hand, um ihm das helle Haar aus der Stirn zu streichen. „Keine Tränen mehr“, sagte sie. „Keine Tränen. Du bist zu Hause.“
    Er schien größer zu sein als vorher, aber so viel dünner. Ihm war ein Bart gewachsen und dadurch sah er struppig und ungepflegt aus. Aber der größte Unterschied waren seine Augen. Eugenia sah so viel Traurigkeit darin, als hätten sie Dinge gesehen, die er lieber vergessen würde. Daniel war mehr als nur fünf Jahre älter geworden.
    „Ich bin ja so stolz auf dich“, sagte sie. „Du hast tapfer gekämpft.“
    „Die Yankees hatten vielleicht mehr Leute als wir“, sagte er und trocknete sich die Augen mit dem Ärmel, „aber sie haben nicht besser gekämpft.“
    „Ich weiß. Ich weiß.“ Eugenia strich ihrem Sohn über die Schulter, während sie zusah, wie er von der Veranda aus den Blick über Hof und Felder schweifen ließ. „Es tut mir leid, dass alles so heruntergekommen ist. Wir sind erst vor einer Woche aus Richmond zurückgekommen.“ Bestimmt konnte er sehen, wie viel sich verändert hatte, seit er losgezogen war, wie ihre schöne Plantage verwüstet worden war, wie leer die Baumwollfelder waren.
    „Sind alle unsere Sklaven weggelaufen?“, fragte er. „Wir haben Hunderte Schwarze auf den Straßen gesehen.“
    „Alle außer drei sind fort, fürchte ich. Wir haben noch einen Feldarbeiter und zwei Haussklaven.“
    „Das reicht nicht, um eine Plantage zu führen.“
    „Ich weiß. Ich habe gehört, dass einige von den Schwarzen draußen im Wald zwischen hier und dem Dorf leben, ich bin mir aber nicht sicher, ob welche davon uns gehören. Gut, dass du bei Tageslicht angekommen bist. Nach Einbruch der Dunkelheit fühlt sich hier niemand mehr sicher.“
    Sie hörte Füße die Treppe im Haus herunterpoltern und einen Augenblick später kamen Mary und Josephine herausgerannt, um ihren Bruder zu begrüßen. Eugenia verspürte einen kummervollen Stich, als sie sah, wie ihre Kinder einander umarmten. Ihr Vater und ihr großer Bruder hätten es auch verdient, als Helden empfangen zu werden, aber sie würden diesen Empfang nie bekommen.
    „Nimm deine Tasche und komm ins Haus, Daniel“, sagte Eugenia und ging voran. „Was du brauchst, ist eine Menge Schlaf und etwas Heißes zu essen, damit du wieder zu Kräften kommst.“ Obwohl Eugenia nicht wusste, wie er bei der mageren Diät, zu der sie gezwungen

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