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Am Anfang war der Seitensprung

Am Anfang war der Seitensprung

Titel: Am Anfang war der Seitensprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelie Fried
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du feiges Luder!« schrie er außer sich. Die Tränen liefen ihm übers Gesicht. »Deine Kinder im Stich zu lassen wegen irgend so einem Scheißtypen!«
    Peng! Wieder knallte er mir eine. Ich gurgelte hilflos.
    Endlich hatte mein Magen alles von sich gegeben, und ich sackte kraftlos am Boden zusammen.
    Friedrich lief aus dem Bad. Draußen hörte ich Jonas und Lucy weinen. Beruhigend sprach Friedrich auf sie ein.
    »Stirbt die Mami?« fragte Jonas schluchzend. Mir drehte sich gleich noch mal der Magen um. Was hatte ich bloß angerichtet, ich blöde Kuh! Ein Wagen bremste quietschend vor dem Haus, es klingelte, Sekunden später polterten Schritte die Treppe hoch. Die Badezimmertür flog auf, jemand kniete sich neben mich auf den Boden, fühlte meinen Puls und hob eines meiner Augenlider an.
    »Was hat sie geschluckt?« hörte ich eine Männerstimme.
    »Valium«, sagte Friedrich. »Aber ich glaube, sie hat alles wieder erbrochen.«
    »Wir müssen sie trotzdem mitnehmen«, sagte die Stimme.
    Oh nein, nicht ins Krankenhaus, dachte ich. Ich machte einen Versuch, mich zu wehren, aber ich war zu schwach.
    Ich fühlte, wie mein Körper auf eine Trage gebettet, die Treppe hinuntergetragen und im Krankenwagen verstaut wurde. Auf der Fahrt kämpfte ich gegen die Übelkeit.
    In der Klinik wurde mir der Magen ausgepumpt. Hätte ich geahnt, wie ekelhaft das ist, hätte ich sicher ein paar Pillen weniger genommen. Oder mich einfach nur zugesoffen. Danach wurden noch ein paar Untersuchungen vorgenommen, die ich stumm über mich ergehen ließ.
    Ich hielt die Augen fest geschlossen, wollte niemanden sehen, niemandem ins Gesicht sehen müssen.
    Endlich wurde ich in ein Zimmer gebracht und in Frieden gelassen. Die nächsten Stunden dämmerte ich vor mich hin.
    Immer wenn ich wach wurde, versuchte ich, ganz schnell wieder einzuschlafen. Nur in diesem halbbetäubten Zustand glaubte ich, meinen Kummer ertragen zu können.
    Irgendwann hörte ich, wie sich leise die Tür öffnete. Ich stellte mich schlafend.
    »Anna?«
    Es war Friedrich. Er setzte sich aufs Bett und nahm meine Hand.
    »Warum hast du das getan, Anna?« sagte er mehr zu sich als zu mir. »Wir haben doch eine Chance. Warum willst du alles wegwerfen?«
    Wimmernd drehte ich mich um und entzog ihm meine Hand.
    »Laß mich«, bat ich ihn.
    Er blieb noch eine Weile schweigend sitzen, dann strich er mir übers Haar und stand auf.
    »Ich komme, wenn du mich brauchst«, flüsterte er.
    Bis zum nächsten Tag verharrte ich in meinem Dämmerzustand. Irgendwann konnte ich bei aller Anstrengung nicht mehr schlafen.

    Ich lag da und starrte vor mich hin.
    Der Raum sah nicht aus wie ein Krankenhauszimmer.
    Ein paar bunte Bilder hingen an der Wand, und mein Blick fiel auf fröhlich gemusterte Vorhänge. Die sollten wohl den gescheiterten Selbstmördern die Lust am Leben zurückgeben.
    Hatte ich überhaupt sterben wollen? Wenn ich ehrlich war, nein. Ich war nur so unendlich erschöpft gewesen, als ich erkannt hatte, daß mein vermeintlich neues Leben bloß eine schlechte Kopie des alten war. Daß ich mich nur im Kreis gedreht hatte und an genau derselben Stelle wieder angekommen war, wo meine Flucht begonnen hatte.
    Eigentlich hatte ich nur eine Weile nichts mehr fühlen wollen. Aber dafür waren fünfzehn Valium vielleicht ein bißchen übertrieben gewesen.
    Ein freundlicher Krankenhauspsychologe wollte herausfinden, was die Hintergründe meiner Tat waren. Ich beruhigte ihn nach Kräften. Das Ganze sei ein Unfall gewesen, sagte ich, und ich hätte nicht die Absicht, mich von dieser Welt zu entfernen. Gleich danach teilte ich dem Arzt mit, ich würde nun gerne das Krankenhaus verlassen, und nach Rücksprache mit dem Psychologen stimmte er zu.
    Friedrich holte mich ab. Schweigend fuhren wir nach Hause. Er fragte nichts, machte mir aber auch keine Vorwürfe. Hie und da warf er mir einen scheuen Seitenblick zu.
    Ich war ziemlich klapprig und legte mich sofort wieder hin. Friedrich versorgte mich mit Essen und Trinken, ich rührte kaum etwas an, war aber dankbar für seine Zuwendung.
    Lucy und Jonas schlichen auf Zehenspitzen an mein Bett. Sie sahen mich prüfend an, als wollten sie sich vergewissern, daß ich wirklich lebte.
    »Wirst du bald wieder gesund?« wollte Jonas wissen.
    Ich nickte.
    »Was hast du denn?« fragte er weiter.
    »Liebeskummer«, meinte Lucy, »stimmt’s, Mami?«
    Ich versuchte ein Lächeln. »Lebenskummer paßt besser.«
    Am nächsten Tag legte Friedrich mir kommentarlos

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