Am Anfang war der Tod
wiederkommen würden. Ihre grünen Augen hatten sich mit Tränen gefüllt. Sie hatte die Arme um ihn geschlungen, und er hatte sie fest an sich gedrückt, um sie und auch sich selbst über den schrecklichen Verlust hinwegzutrösten, und von einer Sekunde zur nächsten war seine Welt eine andere geworden. Jahrelang war es sein einziges Ziel gewesen, ein erfolgreicher Barbesitzer zu werden. Plötzlich musste er sich in die Vaterrolle hineinfinden. Er sah es gleichermaßen als Herausforderung wie als Verpflichtung an.
Seine Liebe zu ihr hatte reiche Früchte getragen. Er war davon überzeugt, sie zu einer intelligenten jungen Frau erzogen zu haben, die in der Lage war, ihr Leben zu meistern. Sie hatte einen Teil des Hauses für sich, was ihr nun ein gewisses Maß an Unabhängigkeit verschaffte und ihm gleichzeitig die Möglichkeit gab, weiterhin ein Auge auf sie zu haben. Wobei er natürlich die Tatsache respektierte, dass sie ein erwachsener Mensch war.
Nun ja …
Ihre Affäre mit Jake Dilessio bereitete ihm schon ziemliche Sorgen. Keine Frage, er mochte Jake – solange er die Finger von seiner Nichte ließ. Ashley hatte doch keine Ahnung von solchen Männern, die ihren Job ausgezeichnet machten, weil sie mit ihm so gut wie verheiratet waren. Männer, die keine Verpflichtungen einzugehen bereit waren, weil ihnen die Welt zu Füßen lag. Er, Nick, dagegen konnte ihn sehr gut verstehen. Schließlich war er selbst so ein Mann gewesen.
In Gedanken versunken ging Nick in die Küche. Er nahm eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank, schaute im Schlafzimmer und im Wohnzimmer nach. „Sharon?“
Endlich erhielt er eine Antwort. „Hier bin ich!“ Sie war in Ashleys Zimmer.
Überrascht runzelte Nick die Stirn. Was hatte sie dort zu suchen? Nicht, dass seine Nichte Geheimnisse vor ihnen hatte; sie verschloss nie ihre Tür. Dennoch hätte er niemals ohne triftigen Grund ihr Zimmer betreten, wenn sie nicht da war, oder wäre hineingegangen, ohne anzuklopfen, wenn sie zu Hause war. Merkwürdig. Sharon hatte das auch noch nie zuvor getan.
Sie musste seinen fragenden Gesichtsausdruck bemerkt haben. Deshalb erklärte sie schnell: „Ein paar von Ashleys Sachen waren in unserer Wäsche. Ich habe sie ihr ins Zimmer gelegt.“
„Aha.“
„Tut mir Leid, wenn du schon länger nach mir gerufen hast. Ich habe dich nicht gehört.“
„Ist schon in Ordnung.“
„Was ist denn los?“
„Was soll los sein?“ Erschrocken stellte Nick fest, dass er einen Moment lang überlegen musste, was er von ihr wollte. „Nun, ich habe mir überlegt … Katie ist in der Bar, und heute Nachmittag scheint nicht viel los zu sein. Wie wärs, wenn wir einen kleinen Segeltörn machen? Nur du und ich. Und bei der Gelegenheit – damit du nicht die ganze Zeit nur Wasser siehst – könnten wir bei den Keys anlegen oder in Fort Lauderdale. Wie gehen schick essen – in ein Restaurant mit weißen Tischdecken und einem richtigen Weinkeller …“
„In Nicks Bar gibt es doch ausgezeichnete Weine.“
Er lachte. „Na ja, wohl eher bodenständiges Bier, und davon jede Menge. Ich dachte an etwas Eleganteres.“
„Das wäre sehr schön“, meinte sie. „Es gibt nur ein Problem“, setzte sie entschuldigend hinzu. „Möglicherweise muss ich heute Abend einem Kunden ein Haus zeigen – so gegen acht. Ich konnte ja nicht wissen, dass du mich mit so etwas überraschst. Außerdem hast du deine Bar abends noch nie allein gelassen. Ich fürchte, ich habe schon fest zugesagt. Wenn der Interessent nur heute kann, muss ich mich leider nach ihm richten.“
„Nun, dann nutzen wir eben die Zeit, die uns bleibt“, meinte er mit einem schelmischem Grinsen.
„Das ist eine ausgezeichnete Idee“, antwortete sie und legte ihm die Arme um den Nacken.
Der Mann mit dem Gewehr ging um den Wagen herum und blieb neben der Fahrertür stehen. Ashley hatte ihn zunächst für älter gehalten – vielleicht lag es an seiner drohenden Haltung. Er wirkte wie ein Farmer aus dem Mittleren Westen, der überhaupt nicht in diese fast subtropische Umgebung passte. Als er sich zum Fenster hinunterbeugte, sah sie, dass er vielleicht dreißig, höchstens vierzig war. Er wirkte drahtig, war braun gebrannt, und unter seinem Strohhut lugten blonde Haarsträhnen hervor.
„Kann ich Ihnen helfen?“ Die Frage klang überraschend freundlich. Ehe Ashley etwas sagen konnte, beugte David sich zu ihm hinüber. „Ich glaube, wir haben uns verfahren.“ Sie erschrak, als er seinen Arm um ihre
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