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Am Dienstag sah der Rabbi rot

Am Dienstag sah der Rabbi rot

Titel: Am Dienstag sah der Rabbi rot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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bestanden› als Urteil angeben.»
    «Na, da kann ich nur prophezeien, dass Sie ein sehr interessantes Jahr vor sich haben werden, Rabbi.»
    8
    Das College-Bulletin erschien Ende Oktober, anschließend an das halbjährliche Treffen der Kuratoriumsmitglieder des Windemere Christian College. Es wurde nicht nur auf seinen Inhalt gelesen, sondern auch auf das, was verschwiegen war. Während es so verkündete, dass Associate Professor Clyde zum Professor ernannt worden war, fand das niemand bedeutsam; alle wussten, dass Präsident Macomber ihn zur Beförderung empfohlen hatte und das Kuratorium immer den Vorschlägen des Präsidenten folgte.
    Andererseits fiel es allgemein auf, dass nichts von der Bestallung eines festen Leiters für die englische Abteilung erwähnt war. Das deutete klar an, dass Professor Hendryx, der jetzige kommissarische Leiter, nur auf Zeit eingesetzt war, bis die Verwaltung einen geeigneteren Mann gefunden hatte.
    Dies wurde von einer beträchtlichen Zahl älterer Mitglieder der Abteilung und fast allen Jungen mit einer gewissen Schadenfreude notiert – dies aber in krassem Gegensatz zu ihrer Reaktion auf eine weitere Auslassung im Bulletin – nämlich die Vertragsverlängerung von Assistant Professor Roger Fine. Fine war bei fast allen Lehrern und Professoren sehr beliebt, und sogar die, die ihn nicht besonders schätzten, nahmen Anstoß, da es sich, nach Ansicht aller, nur um eine politische Entscheidung handeln konnte.
    Albert Herzog, ein junger Instructor der Anthropologie, der in der Lehrergewerkschaft tätig war, ging zu Fine. «Du, Rog, was höre ich da? Man will dich nach Ende des Semesters absetzen?»
    «Ich werde nicht abgesetzt. Mein Vertrag läuft einfach ab.»
    «Na und? Der Posten ist doch frei. Sie müssen jemand an deiner Stelle einstellen. Dann können sie dich doch auch dabehalten?»
    «Das müssen sie aber nicht», sagte Fine. «Ich bin im vorigen Februar mit einem Einjahresvertrag oder für zwei Semester eingestellt worden. Ich hab während des Sommerkurses auch unterrichtet, das macht also drei Semester. Es ist also völlig legal und in Ordnung.»
    «Ja, aber ein normaler Vertrag wird im Allgemeinen von Jahr zu Jahr verlängert. Macomber hat doch nichts gegen dich, oder?»
    «Aber nein», sagte Fine rasch.
    «Dann kann es nur eine Bedeutung haben – sie schmeißen dich raus, weil du dich politisch betätigt hast. Und wenn das so ist, dann hat die Gewerkschaft da auch noch ein Wort mitzureden. Wir werden eine Anhörung fordern.»
    «Al, komm von den Barrikaden runter», sagte Fine. «Der Gewerkschaftsvertrag mit dem College gibt dem Präsidenten eigens das Recht, einen Mann ohne Anhörung zu entlassen, wenn er nicht einen langjährigen Vertrag hat.»
    «Aber nur, wenn es nicht um politische Gründe geht!», sagte Herzog und fuchtelte zur Unterstützung seines Arguments mit einem knochigen Finger. «Er kann dich rauswerfen, wenn ihm deine Nase nicht passt, aber er kann dich nicht wegen deines Artikels in The Windrift raussetzen oder weil du die Schwarzen unterstützt hast. Das ist ein politischer Grund, und der ist durch den Vertrag ausgeschlossen. Nein, der Fall liegt klar, und darum werden wir uns um die Sache kümmern.»
    «Bitte, Al, tu mir einen Gefallen, und kümmer dich um deine Angelegenheiten. Ich will keinen Krieg mit der Verwaltung anfangen.» Fine legte ihm die Hand auf die Schulter.
    Herzog schüttelte sie ab. «Ich versteh dich nicht. Wenn ich einem Vertreter des Lehrkörpers zugetraut hätte, er würde für sein Recht kämpfen, dann wärst du das gewesen. Das ist doch der ewige Ärger mit den Lehrern: Sie glauben, sie erreichen mehr, wenn sie Kotau machen und die Verwaltung auf sich herumtrampeln lassen. Aber du solltest dir klar sein, dass die Gewerkschaft, wenn immer sie einen Kampf anfängt, ihn auch gewinnt. Ich werde veranlassen, dass eine Sitzung –»
    «Nein!»
    «Hör doch, Fine, es geht nicht nur um dich. Wenn die Verwaltung einen voll qualifizierten Mann wie dich rauswerfen und einen anderen anheuern kann, was wird denn dann aus der Beförderung nach dem Dienstalter?»
    «Ich pfeife auf die Beförderung nach dem Dienstalter. Ich bitte dich um einen persönlichen Gefallen, Al. Ich will jetzt einfach nicht in einen Krieg verwickelt werden.» Er senkte die Stimme. «Weißt du, Edie bekommt ein Kind. Ich will nicht, dass sie sich aufregt.»
    «Na, das ist ja fabelhaft. Herzliche Glückwünsche!», rief Herzog. «In Ordnung, Rog, der Groschen ist gefallen.

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