Am Dienstag sah der Rabbi rot
zum anderen weitergereicht.»
«Das hat er dir alles erzählt? Warum?»
«Weil wir uns füreinander interessieren.» Sie stand auf.
«Betty, der Mann sagte, er wäre sexbesessen –»
«Das wäre nach Malcolm eine angenehme Abwechslung.»
«Betty!»
«Dad, am besten sage ich es dir gleich. John und ich wollen heiraten.» Er starrte sie an.
«Mach kein so entsetztes Gesicht. Und du wirst es mir nicht ausreden, nur weil ein Mann von vierzig nicht wie ein Einsiedler gelebt hat. Wie wär’s, wenn du mir jetzt mal Glück wünschtest?»
«Aber mit einer Schülerin!»
«Groß genug, alt genug. Du nimmst doch wohl nicht an, dass deine Studentinnen hier in Windemere alles Jungfrauen sind?»
«Nein, natürlich nicht», sagte er. «Aber ich kann trotzdem nicht gutheißen, dass Professoren – äh – Beziehungen haben, vielmehr ihre Stellung ausnutzen, um – äh – um Studentinnen zu verführen.» Er nahm einen neuen Anlauf. «Betty, ich bin in diesen Dingen so modern eingestellt, wie es einem Mann meiner Generation möglich ist. Aber für ein Mitglied des Lehrkörpers geht das nicht. Ich meine jetzt auch vom Standpunkt der Fairness aus, weil er eben seine Stellung ausnutzen kann. Denk doch wenigstens daran, was für ein Licht das auf seinen Charakter wirft.»
«Fairness, Charakter!» Sie lachte schroff. «Dad, darf ich dich über die Geheimnisse des Lebens in den siebziger Jahren aufklären. Sex geht die Frauen an; das ist ihre Spezialität und das Gebiet, auf das sie sich konzentrieren. Wenn es in Windemere Beziehungen zwischen Lehrern und Schülerinnen gibt – ich bin sicher, dass es sie gibt –, dann glaub mir, dass das Mädchen die Sache in Gang gebracht hat und in der Hand hat. Und normalerweise wird sie es auch sein, die sie beendet, wenn sie einen anderen gefunden hat oder meint, es sei nun genug. Um auf Johns Affäre in Logan zurückzukommen oder auf andere, die er an den anderen Colleges gehabt haben mag, an denen er auch unterrichtet hat: Er wird schon glauben, er sei der Initiator gewesen, aber du kannst wetten, dass es in jedem Fall von dem Mädchen ausgegangen ist.»
«Betty, hast du eine Affäre mit ihm?»
«Ach, Dad, du bist süß. Nein, das habe ich nicht, aber nur, weil es sich nicht dahin entwickelt hat – noch nicht, auf jeden Fall. Habe ich dich jetzt schockiert?» Sie sah ihn erheitert an.
«Liebst du diesen Mann, Betty?»
«Ich bin kein bis über beide Ohren verliebtes kleines Mädchen, wenn du das meinst. Ich finde ihn anziehend. Er sieht gut aus und ist gescheit.»
«Aber du kennst ihn doch kaum. Du weißt nichts von ihm.»
«Ja, aber ich bin mit Malcolm aufgewachsen, und was ist daraus geworden? Ich kenne John jetzt seit fast zwei Monaten. Das ist lang genug.»
«Aber nur, weil du einmal einen Fehler gemacht hast –»
«Ich bin fünfunddreißig, und John ist vierzig. Wir stammen aus ähnlichen Verhältnissen. Er kommt aus einer alten Neu-England-Familie und hat keinen Anhang. Er ist der beste Mann, der hier zu haben ist. Wenn ich länger warte, werde ich am Ende einen Witwer mit Kindern nehmen müssen, der eine Haushälterin sucht, die umsonst für ihn arbeitet. Falls ich Glück habe. Und was die Verhältnisse mit seinen dummen kleinen Studentinnen anbelangt: ich meine, ich würde viel mehr Anlass zur Besorgnis haben, wenn er sie nicht gehabt hätte. Was soll ein Junggeselle und Professor in einer kleinen College-Stadt denn sonst tun? Wäre es dir lieber, wenn er seine Zeit mit den Frauen seiner Kollegen verbrächte?»
«Die meisten Männer heiraten.»
«Dann wäre er für mich nicht erreichbar. Ach, Dad, ich werde ihn heiraten. Im Augenblick halten wir es noch geheim, weil er die fixe Idee hat, die Leute könnten es nicht verstehen, aber du kannst dich schon mal darauf einstellen. Mach dir doch keine Sorgen, Dad», sie umarmte ihn impulsiv, «ich weiß, dass er dir gefallen wird, wenn du ihn erst besser kennst.»
«Kennt Billy ihn denn schon?»
«Wir wollen ihn am Samstag zusammen besuchen. Ich bin sicher, dass er und Billy sich gut vertragen.»
«Und was für Pläne habt ihr für die Zukunft?»
«Das hängt von dir ab. John würde gern hier bleiben, aber er betrachtet seine augenblickliche Stellung als kommissarischer Leiter als herabsetzend. Als er im letzten Bulletin nicht erwähnt wurde, wollte er kündigen, aber ich habe ihm zugeredet, noch zu warten. Wenn er sich entschließt zu gehen, könnten wir eine Zeit lang mit dem Geld auskommen, das Mutter mir hinterlassen
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