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Am Dienstag sah der Rabbi rot

Am Dienstag sah der Rabbi rot

Titel: Am Dienstag sah der Rabbi rot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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und Bekannten, sondern auch von Leuten, die ich kaum kenne oder die mir ganz fremd sind. Einer ruft mich an und sagt, ich soll den Anwalt nehmen, von dem die Presse behauptet hat, dass er alle seine Mandanten freibekommt. Ein anderer sagt, ich soll an alle Zeitungen schreiben und eine Pressekampagne starten. Und dann haben ein paar Irre angerufen und gesagt, wenn ich mich Jesus unterwürfe, würde er es in die Hand nehmen. Und einer ist tatsächlich zu mir gekommen und hat gesagt, ich könnte Abner morgen zu Hause haben, wenn ich Ströme in meinem Gehirn aktiviere, die sich dann mit denselben Strömen in den Köpfen des Richters und des D. A. verbänden und ihnen sagten, sie müssten Abner entlassen und nach Hause schicken. Gott sei mein Zeuge! Es war ihm todernst damit, und er redete wie ein College-Professor.»
    «Nun erzähl schon weiter», unterbrach ihn seine Frau.
    «Recht hast du. Also: da war der Rabbi und sagte mir, was ich meinem Anwalt erzählen sollte. Und er schlägt das nicht nur vor – ich sollte das mit Goodman besprechen oder ihn fragen, ob das nicht eine gute Idee wäre. Nein. Er sagt: ‹Sagen Sie ihm.› Aber ihr kennt mich ja. Wenn ich krank werde oder einer aus der Familie, was Gott verhüten möge, dann rufe ich nicht einen Arzt an und sage ihm, was für Pillen er mir geben soll. Er ist schließlich der Fachmann. Und darum bezahle ich ihn auch. Mit einem Anwalt ist das genauso. Wenn ich ihm sage, was er machen soll, wozu brauche ich ihn dann?»
    Selzer sah sich im Zimmer um. «Andererseits werde ich das dem Rabbi nicht ins Gesicht sagen, weil er – na, weil er der Rabbi ist. Ich meine, vielleicht bin ich darin komisch oder es liegt an meiner Erziehung, aber mit einem Rabbi rede ich nicht so wie mit einem normalen Menschen. Wenn mir ein Rabbi sagt, ich soll was tun, dann tu ich es vielleicht, vielleicht aber auch nicht, nur diskutieren würd ich nie mit ihm. Nun liegt es aber so, dass ich Rabbi Small für einen guten Mann halte und finde, dass wir Glück haben, dass er hier ist. Als Rabbi, meine ich jetzt natürlich, versteht ihr? Denn dies ist eine praktische Sache, und ich halte nun mal Rabbi Small oder irgendeinen anderen Rabbi nicht für einen praktischen Mann. Darum hab ich mich sehr höflich bei ihm für seine Teilnahme bedankt und hätte wahrscheinlich alles vergessen, wenn ich nicht wegen der neuen Times zum Drugstore gegangen wäre. Und wen treffe ich da? Den alten Jake Wasserman, der mit Al Becker spazieren geht.»
    «Ach?», sagte Berkowitz. «Wie geht’s dem alten Knaben? Ich hab ihn seit Monaten nicht gesehen.»
    «Er sieht prima aus, wirklich prima», erwiderte Selzer. «Natürlich ist er schrecklich dünn, und seine Haut ist fast durchsichtig, so blass ist er. Beim Gehen schlurft er vor sich hin und hält sich an Becker fest, als würde er umfallen, wenn er losließe, aber sonst fand ich ihn sehr gut aussehend. Natürlich bleiben wir auf einen Schwatz stehen, und er fragt, was es in der Sache meines Jungen Neues gäbe, und ich sage ihm, es gäbe nichts Neues, alles wäre wie immer. Na, während wir so reden, bemerkte ich so nebenbei, dass der Rabbi bei mir war, und was er gesagt hat.
    Und da fragt Wasserman: ‹Haben Sie es denn Goodman mitgeteilt?› Daraufhin erkläre ich ihm, dass ich keinen Sinn drin sehe, einem Anwalt zu sagen, wie er seine Arbeit tun soll. Aber der alte Jake schüttelt den Kopf und zeigt, dass er nicht meiner Meinung ist, und dann sagt er: ‹Der Rabbi ist zu Ihnen gekommen? Sie sind ihm nicht zufällig über den Weg gelaufen wie jetzt uns beiden› – ‹Nein, nein›, sage ich. ‹Er ist zu mir gekommen.›
    Als Nächstes fragt Al Becker: ‹Nur deswegen, oder hat er noch was anderes von Ihnen gewollt?› – ‹Nein›, sage ich, ‹nur deswegen.›
    Ja, und dann legt mir Wasserman die Hand auf den Arm und sieht mir tief in die Augen. ‹Glauben Sie mir, Mr. Selzer›, sagte er dann ganz ernst, ‹ wenn der Rabbi sich extra die Mühe macht, Ihnen das zu sagen, dann sollten Sie seinem Rat folgen.›»
    Selzer sah von einem zum anderen. «Also, um die Wahrheit zu gestehen, ich wollte lachen und es abwehren. Wasserman ist ja schließlich ein sehr alter Mann.»
    «Und wir wissen alle, dass er glaubt, die Sonne geht mit dem Rabbi auf und unter.»
    «Das kann man wohl sagen», stimmte Selzer zu. «Darum wollte ich es ja auch abtun, aber dann sagt auch noch Al Becker, der ein praktischer und sehr erfolgreicher Geschäftsmann ist: ‹Das ist ein guter Rat,

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