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Am Dienstag sah der Rabbi rot

Am Dienstag sah der Rabbi rot

Titel: Am Dienstag sah der Rabbi rot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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Unschuldigen zu schützen.»
    «Ich verstehe.»
    Ames trank einen Schluck aus seinem Glas. «Schön, lassen Sie mich Ihnen darlegen, was wir haben; danach werde ich erklären, wie Sie helfen können. Professor Fine hat von Anfang an unter Verdacht gestanden, einfach weil er zur Tatzeit im Haus war. Aber richtig haben wir uns erst für ihn interessiert, als wir Sie überprüft hatten.» Er lachte glucksend über das erstaunte Gesicht seines Gastes. «O ja, Rabbi, eine Weile waren Sie Sergeant Schroeders Hauptverdächtiger. Er hat einen sehr überzeugenden Fall gegen Sie aufgebaut. So hatten Sie zu erwähnen versäumt, dass Sie Ihre Studenten vorzeitig verlassen haben.»
    «Wie sollte –»
    «Das bedeutete, dass Sie, statt sich nur eben auf dem Heimweg von Hendryx zu verabschieden, eine ganze Stunde lang mit ihm allein im Büro gesessen haben. Sie beide, in einem winzigen Büro mit nur einem Schreibtisch und einem ziemlich wackeligen und unbequemen Besucherstuhl. Letzteres kann ich persönlich bezeugen.» Er lehnte sich behaglich an die fächerförmige Rückenlehne des Korbsessels. «Innerhalb dieser Stunde haben Sie sich unterhalten – ein Rabbi und ein Mann, der allgemein als Antisemit galt. In einer Stunde gibt es ausreichend Gelegenheit zu argumentieren und wütend zu werden, und wenn Sie wütend genug waren …»
    «Aha. Ich wurde also so wütend, dass ich beschloss, ihn umzubringen. Und wie habe ich das angestellt? Ich kann nicht einfach nach oben greifen und die Büste herunterziehen. So weit kann ich nicht reichen. Hat der freundliche Sergeant dafür auch eine Erklärung?»
    «Lassen Sie die Ironie, Rabbi. Der Sergeant hat den Fall sehr gut dargelegt. Es liegen Stapel ausrangierter Bibliotheksbücher auf den Regalen; Sie hätten nur hinaufzuklettern brauchen, um nach einem zu suchen, und dabei hätten Sie leicht aus Versehen den Gipskopf zu Fall bringen und damit das Rededuell endgültig gewinnen können. Der Sergeant räumte sogar ein, dass es auch ein Unfall hätte sein können.»
    «Wie nett von ihm.»
    Ames gluckste. «Sie sind natürlich entsetzt. Ihre erste Reaktion ist vielleicht, es jemand mitzuteilen. Wem anderem als dem Dean? Aber gerade, als Sie um die Ecke kommen, sehen Sie, wie sich ihre Tür schließt. Vielleicht betrachten Sie das als Omen. Vielleicht aber wird Ihnen nun klar, dass sie nichts von dem Vorfall mitgekriegt haben kann. Auf jeden Fall verlassen Sie das Haus. Sie sind natürlich völlig durcheinander und fahren einige Zeit in der Gegend herum, um sich schlüssig zu werden, was Sie tun sollen. Und das ist der Grund für Ihre verspätete Heimkehr. Aber als Sie dann daheim sind, hören Sie von dem Bombenattentat und erkennen, dass der Vorfall dadurch eine ganz andere Dimension annehmen kann. Als sich dann der Sergeant bei Ihnen meldet, suchen Sie nach einem Vorwand, ihn abzuwimmeln, und gewinnen somit Zeit herauszufinden, was passiert ist und sich eine Geschichte auszudenken.»
    «Alles zusammengenommen ergibt das einen guten Fall», gab ihm der Rabbi Recht.
    «Ich könnte noch darauf hinweisen, dass Sie einen Schlüssel für das Büro hatten und hineingehen konnten, ohne dass Hendryx aufstehen musste. Jeder andere hätte klopfen müssen. Es ist wirklich ein guter Fall», sagte Ames fast bedauernd.
    «Aber Sie haben ihm das nicht abgenommen?»
    Ames schüttelte mit einem breiten Grinsen den Kopf. «Ich glaube nicht mal, dass Schroeder selbst davon überzeugt war. Ich vermute, es war nur seine Rechtfertigung, mit Ihnen nicht gerade sanft umzuspringen.»
    «Ja, aber warum wollte er das?»
    «Na, wahrscheinlich hat er daran gedacht, wie Sie ihn behandelt haben, als er ganz höflich bei Ihnen angerufen hat. Das hat ihn gewurmt. Sie müssen einen Mann wie Schroeder verstehen. Er ist fast am Ziel seines Ehrgeizes. Als Detective Sergeant arbeitet er weitgehend selbständig. Natürlich bekommt er Weisungen von seinen Vorgesetzten, aber in der Öffentlichkeit, besonders wenn er mit einem wichtigen Fall befasst ist, ist er sein eigener Chef und nicht daran gewöhnt, dass seine Machtvollkommenheit angezweifelt wird.»
    «Aber er hat mich gar nicht in die Mangel genommen.»
    «Weil ich eingeschritten bin. Ich habe ihm gesagt, ich wollte Sie selbst verhören. Ihre Erklärungen für Ihr spätes Nachhausekommen am Freitag und Ihr Versäumnis, dem Sergeant zu sagen, dass Sie Ihre Klasse haben sitzen lassen, waren derartig naiv, dass ich gar nicht anders konnte, als sie für wahr zu halten.»
    Der Rabbi

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