Am Ende bist du mein
beim Abtrocknen. Sie war auf Gage zugegangen, nur um wenig später umso heftiger auf die Nase zu fallen.
In das Handtuch gewickelt, betrat sie ihr Schlafzimmer, vermied den Anblick des zerwühlten Betts und begann, ihre Haare zu bürsten. Wie still es in ihrem Haus war! Nur im Wohnzimmer tickte die Standuhr vor sich hin. Und dann musste sie doch zu dem Bett hinüberschielen. Ob Gage nur wegen des Kicks mit ihr geschlafen hatte? Oder um ihr eins auszuwischen? Hatte er sie lediglich benutzt?
Denk gar nicht weiter darüber nach, ermahnte sie sich. Keiner hatte dem anderen ein Versprechen gegeben; also war auch keines gebrochen worden.
Doch als das Telefon klingelte, rannte sie voller Hoffnung ins Wohnzimmer und riss den Hörer ab. «Gage?»
«Leider nein», entgegnete Kendall schnurrend wie ein Kätzchen.
«Ach, du bist’s», murmelte Adrianna enttäuscht.
«Eigentlich könnte ich jetzt beleidigt sein», kicherte Kendall. «Aber viel lieber möchte ich wissen, wieso du um diese Uhrzeit mit einem Anruf von Gage Hudson rechnest?»
Fröstelnd zog Adrianna ihr Handtuch enger um sich. «Ach, das ist eine lange Geschichte.»
«Ich habe Zeit», erwiderte Kendall heiter. «Du kannst mir alles erzählen.»
«Es gibt nichts zu erzählen», sagte Adrianna verlegen undstellte fest, dass es auch so war. Gage hatte mit ihr geschlafen und war wieder gegangen. Das war alles.
«Und warum klingst du dann so unglücklich?»
«Ich bin nicht unglücklich», wehrte sich Adrianna und straffte ihre Schultern. Unglücklich war sie seit Jahren gewesen, davon brauchte sie keine weitere Dosis in ihrem Leben. «Höchstens ein wenig sauer.»
«Was hat Hudson getan?», hakte Kendall erbarmungslos nach.
«Nichts, was gegen meinen Willen gewesen wäre», seufzte Adrianna.
Daraufhin stieß auch Kendall einen Seufzer aus. «Oje. Und wo ist er jetzt?»
«Weg. Ohne weitere Erklärung.»
«Genau wie Jacob. Er ist eben wie von einer Tarantel gestochen los. Aber das ist halt manchmal so.»
«Oh», sagte Adrianna und fühlte sich ein wenig getröstet. «Also wird irgendetwas vorgefallen sein.»
«Natürlich», entgegnete Kendall. «Lass den Kopf nicht hängen. Gage kommt bestimmt wieder zurück.»
«Glaubst du wirklich?»
«Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.»
«Ach, Kendall», sagte Adrianna. «Wenn du wüsstest.»
«Aber ich weiß doch schon alles», lachte ihre Schwester.
Danach ging es Adrianna besser. Sie föhnte ihre Haare, zog sich Jeans und einen Pullover an und legte Make-up auf. Als sie sich in der Küche Kaffee kochte, ging das Telefon erneut. Dieses Mal meldete Adrianna sich vorsichtshalber mit ihrem Namen.
«Hallo, Ms. Barrington», hörte sie jemanden durch das Geräusch eines laufenden Wagenmotors rufen. «Hier spricht Billy Miller. Gegen Mittag könnten wir anfangen, die Gräber zu verlegen. Die Polizei hat das Gelände draußenfreigegeben. Aber Sie müssen dabei sein, so will es die Vorschrift.»
«Großartig. Ich fahre rechtzeitig los.»
«Ähm – und Mr. Mazur möchte, dass ich ihm auch Bescheid gebe, wenn es so weit ist. Er hat gesagt, er will das alles mit eigenen Augen sehen.»
«Okay, dann rufen Sie ihn an.»
Inzwischen sahen Gage, Vega und Warwick sich das Video bereits zum vierten Mal an.
Auf dem Bildschirm erschien eine Frau mit langem blondem Haar und rosafarbenem Unterrock. Selbst die Schweißfäden auf ihrer Stirn waren zu erkennen.
«Wie geht es dir?», fragte eine Flüsterstimme aus dem Off.
Verzweifelt blickende Augen richteten sich auf die Kamera.
«Kann ich jetzt gehen? Mein Sohn wartet auf mich!»
«Vielleicht später, aber jetzt noch nicht.»
In hilfloser Wut sah Gage, wie Kelly Jo in einer Ecke kauerte, während die Stimme aus dem Off ihr befahl, ihre Liebe zu beteuern. Dann tauchte am Rand des Bildschirms ein Pistolenlauf auf. Ein Schuss ertönte, und Kelly Jo sank in sich zusammen.
«Siehst du, wie sich die Kamera bewegt?», fragte Vega zum wiederholten Mal. «Derjenige, der sie hält, hat nie im Leben geschossen.»
«Eindeutig zwei Täter», ergänzte Warwick und rieb sich das Kinn.
«Und Kelly Jo schaut immer wieder zur Seite, als wollte sie jemanden um Hilfe anflehen.» Gage spulte das Band zurück und hielt das Bild an. «Da seht, hier geht ihr Blick wieder in die andere Richtung, zu demjenigen, den sie mit ‹Craig› anreden muss – und der sie ‹Adrianna› nennt.»
«Also könnte es doch Thornton gewesen sein», stellte Warwick
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