Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Am Ende bist du mein

Am Ende bist du mein

Titel: Am Ende bist du mein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Burton
Vom Netzwerk:
mit einem Erwachsenen.»
    «Verständlich.»
    «Geht es dir so mit dem Rest von uns?»
    «Welchem Rest?»
    «Na, dem Rest der Welt. Die Leute, die keinen IQ von zweihundert haben.»
    «Unterhältst du dich nur mit den Leuten von der Spurensicherung? Magst du nur über eure Themen reden?»
    «Nein.»
    «Aber du glaubst, ich möchte nur über anthropologische Erkenntnisse sprechen? Oder vielleicht noch über Quantenphysik?»
    Tess zuckte mit den Schultern. «Ich glaube einfach, dass du dich mit jemandem langweilst, der weniger klug ist als du.»
    Alex hielt inne und sah sie an. «Wie kommst du darauf?»
    Tess zerkrümelte einen Erdbrocken. «In Kalifornien war ich mal mit jemandem liiert. Er war so was wie mein Mentor und sehr sehr intelligent. Ich dachte, wir würden für immer zusammenbleiben.» Bei der Erinnerung wurde ihr nochimmer die Kehle eng. «Doch dann hat er mich für eine klügere Frau verlassen. Und gesagt, ich würde ihn langweilen.» Himmel, dachte sie, weshalb erzähle ich das alles? Nicht einmal ihrer Familie hatte sie die Geschichte anvertraut.
    Alex betrachtete seine Kelle. «Vielleicht war er doch nicht so klug. Denn dass du jemals langweilig sein könntest, kann ich mir, ehrlich gesagt, nicht vorstellen.»
    Tess merkte, dass sie rot wurde. «Du hältst mich für kratzbürstig, laut und manchmal vielleicht auch witzig. Vielleicht komme ich dir deshalb nicht langweilig vor.» Alex runzelte die Stirn, als ließe er sich das durch den Kopf gehen. Falls er zu einem Ergebnis kam, behielt er es für sich.
    Mit leisem Seufzer nahm sie ihre Arbeit wieder auf.
    Nach einer Weile stieß Alex’ Kelle auf etwas Hartes, und Tess spürte, wie sich ihr Herzschlag beschleunigte. Ihre Schinderei hatte sich gelohnt. Jetzt zählte nur noch das, was sie finden würden. Alex nahm eine Bürste zur Hand und begann, die dünne Erdschicht zu entfernen.
    «Da ist was», sagte Tess aufgeregt.
    Alex nickte. Mit zwei, drei sanften Bürstenstrichen fegte er den letzten Rest Erde beiseite. «Eine Stirn», sagte er.
    Zwanzig Minuten später hatte er den Schädel freigelegt. Leere Augenhöhlen, ein halbgeöffnetes Gebiss, als wäre es zum Lachen verzogen. Eine Wurzel, die herausragte wie eine Zunge.
    «Weiblich», bemerkte Alex. «In der linken Schläfe ein Loch, wie von einem Schuss.»
    «Was meinst du, seit wann sie hier schon liegt?»
    «Dazu muss ich noch mehr freilegen. Angesichts der Erdflecken an dem Schädel würde ich sagen, sie hat hier mindestens so lange wie das erste Opfer gelegen.»
    Tess richtete sich auf. «Gage!», rief sie. «Schaff deinen Hintern hierher.»

Zehn
    Mittwoch, 27.   September, 13.00   Uhr
    Den Weg zu den Gräbern schob Adrianna auf. Lieber wartete sie, bis sämtliche Gemälde verladen waren. Auf die polizeilichen Untersuchungen hatte sie ohnehin keinen Einfluss, und wenn sie eins aus Craigs Siechtum gelernt hatte, dann war es, sich auf das zu konzentrieren, worauf sie Einfluss hatte.
    Erst nachdem Dwayne und Ben mit ihrem Laster davongefahren waren, setzte sie sich in ihren Wagen und schlug den Weg zum Friedhof ein. Sie musste daran denken, wie unheimlich ihr diese verlassene Ecke mit den Gräbern früher immer vorgekommen war, doch als sie das Gewimmel der Polizisten dort sah, wünschte sie sich sehnlichst, alles wäre noch so still und einsam wie zuvor.
    Sie stellte ihren Wagen ab und schaute zu dem gelben Absperrband hinüber. Gage befand sich inmitten der Versammelten, die Hände in die Hüften gestemmt, wie ein Kapitän auf einem Schiff.
    Steif und kalt hatte er sich ihr gegenüber benommen, als hätte er keine Gefühle oder sie ebenso tief wie die Knochen da draußen in sich begraben. Adrianna seufzte. Was war aus dem Mann geworden, den sie einmal gekannt hatte? Der Gage von früher war charmant gewesen, hatte Witze erzählt und sie zum Angeln mitgenommen.
    Vor vier Jahren war Gage keineswegs aus Stein gewesen, damals in dem Sommer, als sie Craig verlassen hatte und zu einem neuen Leben bereit gewesen war. Da war sie seit Jahren erstmals wieder glücklich gewesen.
    ***
    Ein heißer Samstagabend im Juni fiel Adrianna ein. Sie saß mit Gage auf einem abgelegenen Steg, der hinaus in den James River ragte. Gage versuchte, ihr die Feinheiten des Angelns beizubringen, was sie tödlich langweilig fand.
    Sie trug einen weißen Strohhut, der ihr Gesicht beschattete. Statt auf die Angelleine zu achten, betrachtete sie die Konturen eines Felsens, der aus dem Wasser stach, und hoffte, Gage würde es

Weitere Kostenlose Bücher