Am Ende der Nacht
und lächelte zerstreut zu
Zach hinüber, der in dem Lehnsessel unter meiner Schefflera saß.
»Und«, fuhr sie jetzt fort, »er war so
beschäftigt, daß er es die ganze Zeit nicht geschafft hat, die Kinder zu sehen.
Und heute nachmittag kommt er fröhlich hier reingestürmt und sagt: ›Wer will
mit mir nach San Francisco fliegen?‹ Und eh ich mich’s versehe, haben Molly und
Lisa ihre Siebensachen gepackt und sind weg.«
»Und warum rufst du mich an? Willst du,
daß ich ihm sage, er soll sie zurückbringen?«
»Du liebe Güte, nein! Es ist zur
Abwechslung mal friedlich hier. Ich wollte mich nur über seine selbstherrliche
Art beschweren.«
»Na ja, so habt ihr ein ruhiges
Wochenende, du und Vic —«
»Vic ist in New York.«
»Ah.« Jetzt verstand ich. Während ihrer
Ehe mit Ricky war meine Schwester viel zuviel allein gewesen, wenn er Tourneen
gehabt hatte. Daß ihr neuer Mann jetzt an der Ostküste weilte, mußte bei ihr so
eine Art Déjà-vu auslösen.
Sie fuhr fort: »Ich glaube, was mich
wirklich ärgert, ist, daß Jamie und Brian nicht auch mitwollten. Seit sie im
Oktober bei Ricky war, ist Jamie ein komplettes kleines... Arschloch. Und
Brian... na ja, Vic hat ihm einen neuen Computer gekauft — für den er sich bis
heute nicht bedankt hat — , und seither ist er irgendwo im Cyberspace. Ich
glaube, er hat gar nicht mitgekriegt, daß sein Vater hier war. Wenn sie auch
mitgegangen wären, dann säße ich jetzt im Flieger nach New York.«
Statt dessen suhlte sie sich in
Selbstmitleid und kiffte sich die Hucke voll. Den Impuls kannte ich auch, nur
daß meine Droge Weißwein war. »Wann kommt Vic zurück?«
»Morgen abend.«
»Na ja...«
»Ich weiß, du denkst, ich mache aus
einer Mücke einen Elefanten. Aber verdammich, Shar, Ricky kommt hier
reinspaziert, bester Laune, weil er wieder nach Hause zu Rae kann, und
verspricht den Kindern einen Flug und ein vergnügliches Wochenende, und in der
Zwischenzeit sitze ich hier... gefangen.«
»Es tut weh, den ganzen alltäglichen
Kram zu machen und dann einfach an die Wand gespielt zu werden. Ich kann dir
nur sagen: Halt aus.« Eine Scheidung, von der Kinder betroffen waren, so lernte
ich, war eine komplizierte und traurige Sache, ganz egal, wie zufrieden die
Eltern mit ihrem jeweiligen neuen Leben waren.
Ich legte auf und winkte Zach. »Auf
geht’s.«
Wenigstens wußte ich jetzt, daß er bei
Rae und Ricky willkommen sein würde, da es auf ein Kind mehr wohl auch nicht
mehr ankam. Und ihr Grundstück war mit einem sehr guten Sicherheitssystem
ausgestattet.
»...auf meinem Bankkonto.
Siebzigtausend mehr, als ich dachte.«
»Was?« Ich transferierte das Handy in
meine linke Hand und steuerte zwischen den Steinsäulen von Seacliffe hindurch.
»Noch mal langsam, von Anfang an«, sagte ich zu Matty, wobei ich zu dem
mittlerweile wieder verstummten Zach hinübersah und hoffte, er würde nicht
mitkriegen, wie erregt sie war.
»Okay, also: Auf dem Weg zum Flugplatz
habe ich gemerkt, daß ich zu wenig Bargeld dabeihatte. Ich fahre noch eben beim
Lucky Store vorbei, wo eine Filiale der Bank of America ist, und gehe an den
Automaten. Ich ziehe hundert Dollar, nehme meine Karte und den Buchungsbeleg
raus und gucke nach meinem Kontostand. Und da steht es — siebzigtausend. Ich
bin fast tot umgefallen. Und diese Automaten — Sie wissen ja, man kann sich
seine Kontovorgänge zeigen lassen. Das hab ich getan. Und Tatsache, siebzigtausend
Dollar, gestern eingegangen.«
»Wie? Von wem?«
»Keine Ahnung. Wenn ich morgen hier
wäre, würde ich zu meiner Filiale gehen und nachforschen.«
»Wo sind Sie jetzt?«
»Auf dem Flugplatz. Die Maschine ist
aufgetankt und abflugbereit.« Sie hielt inne. »Was glauben Sie, McCone? Hat das
was mit John zu tun, oder ist es einfach nur ein Computerfehler?«
»Schwer zu sagen.«
»Könnten Sie dem irgendwie nachgehen,
während ich in Sacramento bin?«
»Dazu brauchte ich wohl eine
Vollmacht.«
»Hm, keine Zeit mehr. Ich muß um acht
dort sein, um mit den Leuten von meiner Sponsorfirma zu essen, und bin sowieso
schon zu spät dran.«
»Ab wann sind Sie unter der Motelnummer
erreichbar, die Sie mir gegeben haben?«
»Nach dem Essen. Ab elf spätestens.«
Als ich das Handy zuklappte, sah ich,
daß Zach mich beobachtete. Sein Gesicht war ernst und ein bißchen ängstlich.
»Mit Matty ist irgendwas.«
»Nichts Schlimmes — sie ist nur
durcheinander.« Ich legte ihm die Hand auf die Schulter. Zuerst zuckte er
zurück,
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