Am Ende der Nacht

sagte: »Kinderspiel. Das übernehme
ich.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Dich kann ich
nicht auch noch darauf ansetzen. Du hast schon genug zu tun.«
    »Laß mich Mick nur heute nacht unter
die Arme greifen.«
    »Na ja, okay — aber nur heute nacht.
Und jetzt habe ich noch eine schlechte Nachricht.« Ich berichtete von dem
Flugzeugabsturz.
    »Tut mir leid, Shar«, sagte Mick. »Ich
weiß, Matty hat dir wirklich viel bedeutet. Aber ohne Auftraggeber —«
    »Matty hat mir eine Anzahlung gegeben.
Wir werden den Fall bearbeiten, bis das Geld aufgebraucht ist.«
    In diesem Moment kam Hy wieder herein,
eine auseinandergefaltete Fliegerkarte in den Händen. Er breitete sie auf dem
Schreibtisch aus und zeigte auf einen Punkt, der mit den Kringeln für die
beiden Flugplätze von Healdsburg und Cloverdale ein Dreieck bildete. »Da ist
es.«
    Ich beugte mich darüber und studierte
die genaue Lage des magentafarbenen Kringels mit einem R für Restricted
Airfield, einen privaten oder nur beschränkt zugänglichen Flugplatz.
    Er setzte hinzu: »Wenn wir uns beeilen,
können wir in einer Stunde dort sein.«
    »Heute nacht noch?«
    Er nickte und faltete die Karte
zusammen.
    Irgendwie war ich davon ausgegangen,
daß es länger dauern würde, den Mann aufzuspüren, der den Sabotageakt an Mattys
Maschine verübt hatte. Ich hatte geglaubt, daß wir Zeit haben würden, uns einen
Aktionsplan zurechtzulegen...
    Hy, der mein Zögern bemerkte, sagte:
»Laß uns ein Stück gehen und die Sache durchsprechen.«
     
    Der Nebel hing reglos und trübe über
der Hafengegend, verschleierte die Sicherheitsscheinwerfer und dämpfte das
Licht der Straßenlaternen entlang des Embarcadero. Eine dicke, wärmliche Decke,
die sich möglicherweise landeinwärts ausdehnen und die Sicht behindern würde.
Für Hy natürlich kein Problem, er hatte über zwanzig Jahre Instrumentenflug auf
dem Buckel und würde sicher eine Wetterberatung einholen und notfalls einen
Flugplan aufgeben. Oder vielleicht würde er auch, falls ein Sichtflug unmöglich
war, das Unternehmen für heute abblasen. Ich konnte ihn ja darauf hinweisen, daß
ein Flugplan einen Beweis dafür liefern würde, daß er bei Cutter gewesen war,
und daß ein Instrumentenflug ohne Aufgeben eines Flugplans gegen die
Bestimmungen verstieß — .
    Aber wann hatte sich Hy je an
Bestimmungen gebunden gefühlt? Er nahm meinen Arm und führte mich zu dem Gehweg
entlang des Piers. »Hast du jetzt doch Bedenken mitzumachen, McCone?«
    »Das Wetter macht mir Sorgen. Und es
sieht aus, als ob dieser Flugplatz in den Bergen läge. Bei dem Nebel dort zu
landen, könnte riskant sein — selbst für dich.«
    »Wenn wir bis morgen warten, erwischen
wir Cutter vielleicht gar nicht mehr. Er hat sicher vor, aus der Gegend zu
verschwinden, bevor jemand dahinterkommt, was er getan hat.«
    Wir erreichten das Ende des Piers. Er
ließ meinen Arm los und lehnte sich ans Geländer, auf eine Art, die mich an
Zach auf der Terrasse in Seacliff erinnerte. Noch eine schmerzgequälte Gestalt,
die auf schwarzes Wasser hinunterschaute.
    Ich fragte: »Was willst du tun, wenn du
Cutter vor dir hast?«
    Er antwortete nicht.
    »Was willst du tun?« fragte ich noch
mal. »Ich muß es wissen.«
    »Du weißt, was ich tun will.«
    »Ja.«
    »Aber ich werde es nicht tun. Cutter
ist nicht derjenige, welcher.«
    »Wieso?«
    »O ja, er hat an der Maschine
herummanipuliert, da bin ich mir sicher. Aber er hat es für Geld getan. Er ist
nicht derjenige, der das Ganze geplant hat, aber er kann mir bestimmt sagen,
wer es war.«
    »Und wenn er’s sagt? Was dann?«
    »Du meinst, was ich dann mit Cutter
machen werde? Gar nichts.«
    Mein Schweigen mußte ihm sagen, daß ich
ihm das nicht abnahm. Er hob den Kopf und sah mich an. Seine Augen glitzerten
im Licht der Sicherheitsscheinwerfer. »Ich bin vielleicht verrückt, McCone,
aber ich bin nicht völlig wahnsinnig. Und es wäre völlig wahnsinnig, zu einem
Flugplatz zu fliegen, wo man mich kennt, und einen Mann zu töten. Meine Rache
hebe ich mir für denjenigen auf, der den Anschlag geordert hat.«
    Ich nickte, trat zu ihm ans Geländer
und schaute aufs Wasser hinaus. Ein Partyschiff tuckerte vorbei. Sein
Kielwasser schwappte hoch gegen die Pfeiler. Nebel hüllte es ein, dämpfte den
Lichtschein der Fenster, verschluckte die sorglose Partygesellschaft. Samstag
abend...
    Am Lake Tahoe waren Anne-Marie und Hank
jetzt vermutlich nach einem guten Essen und einem harmlosen kleinen Spielchen
in einem der