Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Am Ende der Nacht

Am Ende der Nacht

Titel: Am Ende der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
Vom Netzwerk:
zerschlitzt, und der arme Kerl
wurde aus nächster Nähe erschossen, buchstäblich zerfetzt. Sieht aus, als hätte
der Schütze Wadcutters benutzt.«
    Hohlspitzgeschosse, die zersplittern
und enormen Schaden anrichten. Der totale Overkill für einen Hund, und auch für
einen Menschen. Und besonders beliebt bei Profi-Killern. »Der Täter kommt also
hier an...«
    »Und der Hund bellt los. Er knallt ihn
ab und zerschlitzt dann die Reifen.«
    »Das glaube ich nicht. Warum läßt er
den Hund nicht einfach bellen und wartet, daß Cutter rauskommt, um
nachzugucken, was los ist?«
    »Vielleicht wollte er das ja, aber
Cutter ist dringeblieben. Also erschießt er den Hund, um ihn zum Schweigen zu
bringen. Dann geht er rein in den Trailer, aber Cutter ist schon durchs Fenster
abgehauen.«
    »Und statt ihn zu verfolgen, nimmt er
sich erst die Zeit, die Reifen zu zerschlitzen?«
    »Na ja, wohin soll man hier schon zu
Fuß flüchten? Spricht doch alles dafür, daß Cutter zum Flugplatz und zu
Matthews’ Trailer gerannt ist. Der Schütze hat sich das vermutlich auch gesagt
und die Reifen zerstochen, damit Cutter nicht wieder zu dem Pickup zurückkommen
und wegfahren konnte.«
    »Aber wenn Cutter den Flugplatz
erreicht und Matthews alarmiert hat —«
    Hy sah mich an und nickte. »Laß uns
nachschauen, McCone.«
     
    Wir fanden Matthews hinter seinem Jeep,
neben sich eine kurzläufige Schrotflinte. Er war nicht dazu gekommen, auch nur
einen Schuß abzugeben. Cutters Leiche klemmte zwischen dem Hangar und einer
Mülltonne — das letztmögliche Versteck. Beide Männer waren mit mehreren
Schüssen getötet worden.
    Im grellen Schein der Stablampe, die Hy
aus seinem Flugzeug geholt hatte, entpuppten sich die beiden Leichen als die
mit Abstand am schlimmsten zugerichteten, die ich je gesehen hatte. Ich blieb
gerade lange genug dort stehen, um mich zu vergewissern, daß jede Hilfe
vergebens war, und verzog mich dann hinter eine Zwergeiche, um mich heftig zu
übergeben. Hy behielt sich zwar in der Gewalt, aber ich sah, daß es ihm
ebenfalls zusetzte.
    Als ich zur Citabria zurückkam,
schmiegten wir uns im Cockpit aneinander, um uns zu wärmen. Er sagte: »Was
meinst du — ein eiskalter Profi oder eine persönliche Sache?«
    »Ich würde sagen, ein Profi, dem sein
Job Spaß macht. Er hatte es auf Cutter abgesehen; Matthews ist ihm nur in die
Quere gekommen.«
    »Lieber Himmel, in was ist John
Seabrook da reingeraten?«
    Ich umklammerte meine Ellbogen, von
einem jähen Kälteschauer erfaßt, der nur wenig mit der Temperatur zu tun hatte.
Dann fragte ich: »Wer ist hier zuständig? Das Sheriffbüro von Sonoma County,
schätze ich.«
    »McCone, wir können es nicht melden.«
    »Warum nicht?«
    »Aus demselben Grund, aus dem wir auch
nicht mit den Leuten von der Verkehrssicherheitsbehörde reden konnten.«
    »Wir können die Männer doch nicht
einfach so hier liegenlassen.«
    Er streckte den Arm über die Sitzlehne,
griff unter mein Kinn und hob meinen Kopf so an, daß er mir in die Augen
schauen konnte. »Für die macht das keinen Unterschied mehr. Das weißt du auch.«
    Ich packte sein Handgelenk, hielt es
fest. Er hatte recht, aber irgend etwas in mir scheute davor zurück, die
Leichen einfach dem räuberischen Nachtgetier zu überlassen. Außerdem setzte ich
meine Lizenz aufs Spiel, wenn ich es unterließ, einen Doppelmord zu melden.
    »Okay, ich weiß, wie dir zumute ist«,
sagte Hy nach kurzem Schweigen. »Wir hauen hier ab und melden es anonym.«
    »Ich kann doch gleich anrufen, von
meinem Handy.«
    »Nein. Die Notrufzentrale kann Anrufe
zurückverfolgen. Auch wenn sie vielleicht nicht in der Lage sind, dich zu
orten, erscheint deine Nummer womöglich trotzdem auf dem Monitor, und sie ist
nun mal auf dich eingetragen. Wir fliegen nach Santa Rosa und benutzen ein
Münztelefon. Ich rufe an, und wenn mich jemand identifiziert, warst du
überhaupt nicht dabei.«
    »Du sollst nicht die ganze
Verantwortung —«
    »Du hast was zu verlieren. Ich nicht.«
    Ich zögerte und versuchte, klar zu
denken. »Okay, dann müssen wir dafür sorgen, daß dich niemand identifiziert.
Mir gefällt der Gedanke nicht, von Santa Rosa anzurufen; wir waren schon öfters
am späten Abend dort, und es war immer noch Betrieb.«
    »Stimmt. Also von irgendwo, wo bestimmt
niemand ist. Sea Ranch oder vielleicht Ocean Ridge.«
    »Wieso an der Küste?«
    »Weil wir beide jetzt unseren
›Probierstein‹ brauchen. Das ist der einzige Ort, wo wir vielleicht ein

Weitere Kostenlose Bücher