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Am Ende der Nacht

Am Ende der Nacht

Titel: Am Ende der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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Casinos auf dem Rückweg zu der Hütte, die Hank von seinem Vater
geerbt hatte. Hier in der City, gleich drüben auf dem Telegraph Hill,
servierten Ted und Neal gerade Cognac zum Abschluß einer ihrer noblen
Dinnerpartys — diesmal ein chinesisches Luxusmenü, ihr neuester kulinarischer
Trip. Am anderen Ende der Stadt lagen Rae und Ricky jetzt in ihrem Whirlpool,
ohne Badesachen. Und in Südkalifornien war meine Schwester wieder mit ihrem
neuen Ehemann vereint — und herzlich froh, wenigstens zwei ihrer Kinder los zu
sein. Verflixt noch mal, selbst Mick und Charlotte hatten einen tollen Abend,
auf ihrer romantischen Reise durch den Cyberspace.
    Und wir beide? Wir waren im Begriff,
bei kritischen Wetterbedingungen zu einem abgelegenen Flugplatz zu fliegen.
Einen Weg einzuschlagen, von dem nicht absehbar war, wohin er führen würde. Ich
hatte nie an Blutrache geglaubt und Hy auch nicht. Konnte es sein, daß uns
Mattys Tod so verändert hatte, daß wir dazu imstande waren?
    »Manchmal muß man gegen die Regeln
verstoßen, McCone.« Das wußte ich, weil ich es auch schon getan hatte — immer
wieder. »Bist du noch dabei?«
    »Ich bin noch dabei.«
     
    Vor uns blinkte das Leuchtfeuer des
Flugplatzes — grün, weiß, wieder grün.
    »Die Bahnbeleuchtung auf diesen
Privatplätzen ist manchmal funkgesteuert. Probieren wir’s mal.« Hy drückte ein
paar Tasten am Sprechfunkgerät der Citabria.
    Binnen weniger Sekunden flammten
drunten die Lichter auf: die blauen des Rollfelds, die weißen der Landebahn.
Der Nebel war doch nicht ins Inland vorgedrungen, und das Flugfeld lag jetzt
klar umrissen unter uns. Auf der rechten Seite konnte ich ein dunkles Gebäude
ausmachen.
    »Wir fliegen erst mal drüber weg und
gucken es uns an.« Hy nahm das Gas weg, flog langsam, suchte den Boden ab. Ich
preßte die Nase an die hintere Scheibe, erkannte einen Wohntrailer und ein paar
abgestellte Maschinen.
    »Da ist Matthews’ Comanche«, sagte er.
»Wundert mich, daß er nicht rausgekommen ist, um zu schauen, wer seine
Platzbeleuchtung aktiviert hat.« Er ging in den Gegenanflug, drehte in den
Queranflug und dann in den Endanflug.
    »Ich glaube, ich habe an der Zufahrt
dort noch einen Trailer gesehen«, sagte ich. »Zumindest waren da Lichter.«
    »Könnte Cutters Domizil sein.«
    »Wie willst du die Sache angehen?«
    »Ich werde Matthews erzählen, der Motor
muckt, und ich möchte, daß der Mechaniker ihn sich mal anguckt. Wenn es Cutter
ist, werden wir sagen, wir möchten uns mal die Füße vertreten, und dann dort
rüberspazieren.«
    »Und wenn Matthews drauf besteht,
Cutter zuerst anzurufen?«
    »Dann müssen wir ihn irgendwie davon
abbringen. Ich will nicht, daß Cutter vorgewarnt ist — oder daß Matthews
mithört, was wir mit ihm reden.«
    Er konzentrierte sich jetzt auf den
Landevorgang, ging in den Slip, um rasch Höhe zu verlieren. Wir legten eine
perfekte Dreipunktlandung hin und rollten gleich darauf an dem Gebäude vorbei,
das ich aus der Luft gesichtet hatte — ein Hangar, über Nacht verriegelt. In
Matthews’ Wohntrailer war kein Licht zu entdecken, obwohl direkt daneben ein
Jeep parkte.
    Hy sagte: »Er ist vermutlich ausgegangen
— Samstag abend. Wenn wir Glück haben, brauchen wir uns gar nicht mit ihm zu
befassen.« Er manövrierte auf den Abstellplatz neben der Comanche und stellte
den Motor ab. Als ich ausstieg, befestigte er bereits die letzte Haltekette.
»Gehen wir.«
    Wir gingen die Rollbahn entlang, zu der
Zufahrtsstraße. Der Platz versank wieder im Dunkeln, als sich die Beleuchtung
automatisch abschaltete. Rings um uns erhoben sich sanfte Hügel, und der Himmel
darüber war mondhell und sternenklar, obwohl von Westen Hochnebelfetzen
herandrifteten. Die Luft war frisch und so kalt, daß ich unseren Atem sehen
konnte. Tannenduft drang in meine Nase, und es gab mir einen schmerzhaften
Stich, als ich an die Weihnachtsbaumfarm dachte und an das Haus, in das Matty
nie mehr zurückkehren würde.
    Hys Stimme erlöste mich von dem Bild.
»Hast du deine Waffe noch dabei?«
    »Ja.«
    »Halt sie bereit. Wer weiß, was Cutter
macht, wenn er uns sieht.« Ich zog die 38er aus meiner Umhängetasche und
steckte sie in meinen Hosenbund.
    Wir erreichten die Straße und folgten
ihr in Richtung der Lichter, die ich vorhin gesehen hatte. Bis auf das
Knirschen unserer Schritte war die Nacht völlig still. Ich trat neben den
Schotter, damit das Gras unser Schrittgeräusch dämpfte. Hy tat es mir nach.
    Jetzt konnte ich die

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