Am Ende der Nacht
bißchen
Ruhe finden.«
Zwei Stunden später lagen wir im Bett
in unserem Häuschen am Meer. Wir versuchten gleich nach der Ankunft miteinander
zu schlafen — ein fiebriges Kleider-vom-Leib-Gereiße, das keinem von uns etwas
brachte. Zu viele Dämonen, die nicht durch einen einzigen hitzigen Akt zu
bannen waren, zu wenig Zärtlichkeit und emotionale Nähe. Schließlich verwarfen
wir das Vorhaben und lagen einfach nur nebeneinander im Dunkeln, die Hände
ineinander verflochten. Und diese simple Berührung linderte den Schmerz ein
wenig, löschte etwas von dem Horror aus.
Als Hy längst in einen unruhigen Schlaf
gefallen war, lag ich immer noch wach und dachte an Matty, Cutter, Matthews.
Für sie war jetzt immer Nacht. Was immer auf uns zukam, Hy und ich würden
zumindest den Morgen erleben.
9
»Der Nebel lauert dort draußen wie ein
gottverdammter Truthahngeier. Ich würde am liebsten nur schnell einen Kaffee
trinken und zusehen, daß wir in die Bay Area zurückkommen.«
Ich wandte mich vom Kühlschrank ab, als
Hy in unseren zentralen Eß-, Koch- und Wohnraum kam. »Spricht nichts dagegen —
mehr als Kaffee gibt es sowieso nicht. Das Brot, das wir im September
hiergelassen haben, taugt allenfalls noch für die Herstellung von Penicillin.«
Er ging ans Fenster, zog die Vorhänge
auf und starrte verdrossen aufs Meer hinaus. »McCone, ich habe nachgedacht.
Vielleicht sollten wir diese verrückte Aktion wirklich abblasen, bevor wir zu
tief drinstecken.«
Vielleicht sollte ich sie für mich
abblasen, meinte er. Wie er schon gestern abend gesagt hatte: Ich hatte etwas
zu verlieren. Er nicht. »Wir stecken schon zu tief drin«, erklärte ich. »Letzte
Nacht —«
»Herrgott, so was will ich nicht noch
mal sehen müssen. Ich habe mein Maß an Horror gehabt, als ich reiche
Flüchtlinge und Drogenbarone aus Kriegsgebieten geschafft habe.«
»Ich weiß.« Ich goß Kaffee in zwei
Henkelbecher und brachte ihm einen. Er bedankte sich und trank geistesabwesend,
den Blick immer noch auf den Horizont geheftet. »Von dem Rachemoment mal
abgesehen«, fuhr ich fort, »vergißt du da ein paar Sachen: Matty hat mich
engagiert, damit ich John finde, und dann ist da jetzt noch Zach. Er braucht
seinen Vater.«
»Ach, wirklich? Sein Vater steckt da in
etwas drin, was ihn für seine gesamte Umgebung zu einer Gefahr macht.«
Das war nicht zu bestreiten. Ich nahm
meinen Kaffee mit zum Sofa, kuschelte mich in eine Ecke und zog die bloßen Füße
unter meinen langen Bademantel. »Trotzdem«, sagte ich. »Irgendwas muß mit dem
Jungen passieren, und der erste Schritt ist in jedem Fall, die Sache mit seinem
Vater zu klären.«
»Kannst du dir potentiell langwierige
Ermittlungen leisten von dem Geld, das dir Matty als Anzahlung gegeben hat?«
»Nein, aber ich habe da eine Idee —«
Das Telefon klingelte. »Wer in aller Welt weiß denn, daß wir hier sind?« sagte
ich im Abnehmen. »Da bist du!« rief Mick aus. »Ich habe bei dir zu Hause und im
Büro immer nur den Anrufbeantworter erreicht, und dein Handy ist tot.«‘
»Oh, ich muß vergessen haben, es
gestern abend nach der Landung wieder einzuschalten.«
»Ralph und Allie hast du wohl auch
vergessen.«
Meine Katzen. Die würden mich sicher
für meine lange Abwesenheit büßen lassen, wenn ich wieder nach Hause kam. »Ich
bin vielleicht vergeßlich, aber ich vernachlässige keine Tiere. Ich habe mit
der Kleinen von nebenan abgemacht, daß sie die Katzen füttert, wenn sie weder
mein Auto noch Licht sieht.«
»Kein Wunder, daß sie so gegrient
haben, bevor sie über die Dose Friskies hergefallen sind, die ich ihnen gegeben
habe.«
»Du warst bei mir zu Hause?«
»Von da rufe ich ja an. Ich habe mir
Sorgen um dich gemacht und wollte sicherstellen, daß dich niemand unter der
Dusche erwürgt hat.«
»Ganz schön schwarze Phantasie.«
»Liegt in der Familie. Na, jedenfalls,
als ich sie gefüttert hatte, fiel mir ein, daß dieser Flugplatz, wo ihr gestern
abend hin wolltet, näher bei eurem Häuschen liegt als bei San Francisco. Also
hab ich’s mal probiert.«
»Das mit dem Flugplatz...« Ich sah Hy
an. »Du und Keim, ihr habt doch niemandem was davon gesagt, oder?«
»Wir sind nicht so dumm, mit
Außenstehenden über unsere Ermittlungen zu reden. Warum, ist dort irgendwas
passiert?«
»Ich kann jetzt nicht drüber reden,
aber du wirst vermutlich was im Fernsehen sehen oder in der morgigen Zeitung
lesen. Und das ist das erstemal, daß du von diesem Ort
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