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Am Ende der Treppe, hinter der Tür (German Edition)

Am Ende der Treppe, hinter der Tür (German Edition)

Titel: Am Ende der Treppe, hinter der Tür (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ludwig
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schieben ihn im Rollstuhl auf die Bühne.»
    Martha erschrickt. «So schlimm?»
    «Er hat sich das Bein gebrochen.»
    Jill wirft wütend ihre Tasche auf den Tisch. «Warum muss der auch einen Abend vor der Premiere skaten?»
    «Er hat sich bestimmt nicht mit Absicht das Bein gebrochen», sagt Martha.
    «Nein, er hat es aber riskiert, sich was zu brechen, und das verzeihe ich ihm nicht. Niemals!»
    «Dann fällt die Premiere heute Abend also aus», sagt Martha und spürt neben Erleichterung auch einen Anflug von Enttäuschung.
    «Nein, tut sie nicht. Miller springt ein.»
    Martha bekommt Herzklopfen. «Miller?»
    «Ja, Simon hat ihn noch aus dem Krankenhaus angerufen und Bescheid gesagt, und Miller meinte, er würde es machen.»
    Martha kann immer noch nichts sagen. Sie denkt an die Szene, in der Simon als Stanley seinen Kopf in ihren Schoß legt und sie ihm liebevoll durchs Haar fährt. Bei Simon war ihr das immer unangenehm, weil seine Haare etwas fettig sind, aber wenn sie an Millers Locken denkt …
    Jill schüttelt verärgert den Kopf. «Ich find’s total bescheuert, weil dieser Milchbubi vom Typ her überhaupt nicht passt, aber er ist der Einzige, der den Text kann. Muss er sich eben einen Bizeps aus Gummi ankleben.»
    «Gummibizeps?», kichert Martha. «Gibt’s das?»
    «Bestimmt. Und ein paar Gummieier für die Hose sollte er sich auch gleich besorgen.»
    «Mann, bist du fies», sagt Martha und kichert nicht mehr. «Sei froh, dass er einspringt, mir wär’s nämlich egal, ob das Stück aufgeführt wird oder nicht. Ich muss mich nicht vor allen Leuten produzieren.»
    Jills schräge Augen werden ganz schmal. «Produzieren? Interessant. So siehst du mich also.»
    «Sorry, Jill, ich hab’s nicht so gemeint. Übrigens gibt es etwas Neues im Mordfall!», sagt Martha und ist froh, dass ihr das noch eingefallen ist.
    «In der Zeitung stand nichts», sagt Jill.
    «Insiderwissen», sagt Martha stolz, dann senkt sie die Stimme. «Die Polizei verdächtigt jetzt die Glatze!»
    «Nein!», ruft Jill und schlägt sich die Hand vor den Mund.
    Inzwischen hat es geklingelt, und die Klasse füllt sich.
    «Ich erzähl dir alles in der Pause», sagt Martha.
    Aber natürlich kann Jill nicht bis zur Pause warten. Während Frau Schädlich langweilige Aufsätze vorlesen lässt, flüstert sie: «Nun erzähl schon.»
    «Der Kommissar war gestern bei uns, ziemlich spät. Er hat die Glatze verhört.»
    Jills Augen leuchten vor Erregung. «Und warum?»
    «Er war Patient bei der Dernburg und hat es verheimlicht.»
    «Jill, Martha, ich setze euch gleich auseinander, wenn ihr nicht aufhört zu quatschen!», ruft Frau Schädlich.
    Und dann muss Martha ihre Hausaufgabe vorlesen und sich sagen lassen, dass sie wohl die letzte Stunde nicht aufgepasst hätte.
    «Wir haben nun Argumente dafür und dagegen gehört», sagt Frau Schädlich und zieht ihre gemalten Augenbrauen hoch, die ihr immer das Aussehen eines erschrockenen Wiesels verleihen. «Was jedoch fehlt, ist dein persönlicher Standpunkt, Martha. Du bist doch sechzehn, oder?»
    «Ja schon, aber –»
    «Du solltest auch schreiben, ob du gern wählen würdest, und wenn ja, warum.»
    «Ich weiß nicht, ich meine, ich –» Martha schweigt, es kommt doch nur Müll dabei raus.
    Hanna meldet sich. «Ich glaube, ich möchte nicht wählen, es gibt so viele Parteien, und ich bin einfach nicht informiert genug.» Sie trägt heute eine Föhnfrisur wie eine amerikanische Hausfrau in den Achtzigern. «Nachher kreuze ich die falsche an.»
    Jill zwinkert Martha zu, und die zwinkert zurück. Hanna ist wirklich zu blöd.
    In der Pause verzichtet Jill auf ihre Zigarette und zieht Martha in eine Ecke des Hofes, hinter die Fahrradständer.
    «So, und jetzt noch mal ganz ausführlich.»
    «Also: Gestern Abend war dieser Kommissar da und ist ziemlich lange geblieben.» Das stimmt so nicht, eigentlich war er recht schnell wieder gegangen, aber das muss Jill ja nicht wissen.
    «Und heute Morgen meinte die Glatze dann, es wär alles in Ordnung, er müsste nur noch aufs Revier, um eine Aussage zu machen.»
    «Vielleicht verhaften sie ihn ja», sagt Jill.
    «Aber warum sollte er die Dernburg umgebracht haben?», überlegt Martha. «Wir sind ihr mal zusammen im Treppenhaus begegnet, und er hat ganz normal guten Morgen gesagt. Er hat sich öfter über sie lustig gemacht, wegen ihrer Urschrei-Therapie und weil sie so schrecklich auf ihrer Heimorgel spielt, aber man bringt doch niemanden um, nur weil er schlechte

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