Am Ende der Treppe, hinter der Tür (German Edition)
drückt jeder eine rote Rose in die Hand.
«Ihr wart sensationell. Ich finde es richtig schade, dass wir das Stück nur noch einmal aufführen werden.»
Das findet Martha auch. Sie könnte jeden Abend die Stella sein, vorausgesetzt natürlich, Miller wäre Stanley …
«Jetzt wird gefeiert!», ruft Jill und springt auf. «Und eins sag ich dir, ich trinke Sekt, da kann die Fliege mir gar nichts.»
Es hatte sie ein schönes Stück Arbeit gekostet, Herrn Lause zu überreden, dass auf der Premierenfeier auch Alkohol ausgeschenkt werden darf. Bei den Musikabenden gibt es in der Pause immer nur Wasser und Saft, aber da sind ja auch die unteren Klassen dabei.
Simon war mal so schlau gewesen und hatte bei einem Musikabend Prosecco und Sektgläser aus Plastik in seinem Rucksack eingeschmuggelt. Das Glas hatte er dann für zwei Euro verkauft. Ein einträgliches Geschäft.
Aber da in der Theater- AG jeder über 16 ist außer Florian, dem Küken, hatte Herr Lause schließlich zugestimmt. Und nun gibt es nicht nur Sekt, sondern auch Weiß- und Rotwein und kleine Häppchen mit Lachs und Ei.
«Maahta! Maahta! Du warst suuuper!», schreit Poppy und springt auf sie zu. Martha hatte gar nicht mehr an sie gedacht. Sie sieht ihre Mutter vorwurfsvoll an.
«Johannes musste ins Krankenhaus, dringender Notfall.» Constanze beugt sich zu der Kleinen herunter. «Aber Poppy hatte versprochen, ganz brav zu sein, und das war sie auch, nicht wahr?»
Poppy nickt heftig.
Vincent kommt auf Martha zu. «Mann, jetzt finde ich es ja doch schade, dass ich nicht mehr dabei war und den Irrenarzt gespielt hab. Ich bin eigentlich nur aus Neugier gekommen, aber dann hab ich richtig mitgefiebert.»
«War Jill nicht sensationell?», fragt Martha.
«Klar war sie das, aber eigentlich musste sie ja nur sich selbst spielen.»
Unmerklich hat Vincent Martha von ihrer Mutter und Poppy weggezogen und drückt ihr ein Glas Sekt in die Hand. «Prost, Martha, auf deinen Erfolg.»
Er schaut ihr tief in die Augen, und Martha spürt, wie sie rot wird. Sie guckt weg und sucht Miller. Der ist nirgendwo zu sehen. In diesem Moment kommt Dr. Lause aus der Aula. Jetzt, wo Martha weiß, dass er ein Verhältnis mit einer Schülerin hatte, sieht sie ihn mit anderen Augen. Ihr Typ wäre er zwar nicht, viel zu alt, aber irgendwie ist es cool, dass er wegen einer verbotenen Liebe seine Karriere aufs Spiel gesetzt hat. Ob Miller das auch tun würde?
Dr. Lause hat ein Mikro in der Hand und stellt sich unter eine Galerie mit Fotos sämtlicher Direktoren, die es an der Schule je gegeben hat. Als ihn keiner beachtet, klopft er ungeduldig ans Mikro.
«Liebe Eltern, liebe Schülerinnen und Schüler und natürlich liebe Mitglieder der Theater- AG , die ihr uns so einen wundervollen Abend bereitet habt. Man sieht wieder, wie sehr sich Engagement, außerschulisches Engagement im Besonderen, lohnt und wie sehr –»
Martha wendet sich Vincent zu. «Der soll mal ganz still sein, schließlich wollte er diesen ‹wundervollen Abend› ja verhindern.»
«Pscht!», zischt eine Frau neben ihr. Es ist die Mutter von Nora, die so dick ist wie ihre Tochter dünn.
Martha reckt sich und sucht Miller. Sie sieht Jills Vater, der mit der Kamera hantiert. Neben ihm steht Jills Mutter und redet heftig auf ihn ein. Sie hält seinen Arm umklammert, es sieht aus, als wolle sie sich an ihm festhalten. Und da! Da hinten in der Ecke steht Miller.
Er spricht mit Constanze! Warum das denn? Weiß er überhaupt, dass sie Marthas Mutter ist? Martha hatte ihr mal ein Foto von ihm gezeigt und gehofft, sie würde sagen: «Der sieht aber toll aus! So einen Lehrer hätte ich auch gern gehabt.» Aber Constanze hatte nur flüchtig hingeschaut und gemeint, dass er ja wohl noch ziemlich jung wäre.
«Muss zu meiner Mutter», sagt Martha und lässt Vincent einfach stehen. Sie schiebt sich durch die Menge, doch Juliane hält sie fest. «Du kamst richtig echt rüber. Ich hoffe nur, du wirst später nicht mal so ein unterwürfiges Frauchen wie die Stella im Stück.»
«Bin ich blöd?», gibt Martha zurück. Endlich ist sie bei ihrer Mutter angelangt. Und Miller? Der hockt vor Poppy und spricht ganz ernsthaft mit ihr – auf Englisch!
Constanze nimmt Martha beiseite. «Du, das ist unglaublich! Irgendwie muss das Stück in Poppy etwas ausgelöst haben, plötzlich unterhält sie sich wieder auf Englisch.»
Martha ist das so was von egal, in welcher Sprache das Monster Schwachsinn verzapft, aber Miller scheint
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