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Am Ende des Tages

Am Ende des Tages

Titel: Am Ende des Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Hültner
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uns doch einig, nicht wahr?«
    Kajetan nickte. »Glaub schon.«
    »Gut. Dann sollten wir zur Sache kommen. Respektive dazu, was ich von Ihnen bräuchte.« Der Anwalt legte die Hände übereinander. »Haben Sie schon einmal vom Fall Rotter gehört oder gelesen?«
    Kajetan überlegte, musste aber verneinen.
    »Es geht um einen Landwirt aus dem Niederbayerischen, der nunmehr seit fast zehn Jahren im Zuchthaus zu Straubing einsitzt. Ignaz Rotter, so der Name, soll im Spätherbst achtzehn seine Gattin Franziska, vulgo Fanny, unweit seines Hofes erschossen haben. Er streitet die Tat bis heute ab, die Verurteilung erfolgte aufgrund von Indizien und Zeugenaussagen. Vor allem der einiger Nachbarn, die ihn gesehen haben wollen, wie er etwa zum Tatzeitpunkt den Hof verlassen und sich in die Richtung jenes Ortes begeben haben soll, an dem der Mord stattfand – ein kleines Waldstück, das die Frau auf dem Rückweg von einer Besorgung zu durchqueren hatte. Unglücklicherweise war die Ehe der beiden alles andere als harmonisch, was den Nachbarn natürlich nicht verborgen geblieben ist, und worin Anklage und Staatsanwaltschaft das Tatmotiv glaubten gefunden zu haben. Dennoch habe ich schon bei oberflächlicher Durchsicht der Akten feststellen können, dass der Mann unschuldig ist. Sie dürfen mir glauben, dass ich nicht zum ersten Mal mit fehlerhaften Ermittlungen und Fehlurteilen konfrontiert worden bin. Was ich allerdings hier zu lesen bekam, spottet jeder Beschreibung. Derart nachlässige, von Vorverurteilungen geleitete Ermittlungen sind mir noch nicht unter die Augen gekommen. Das Ganze ist eine einzige Schande für das bayerische Justizwesen.«
    Kajetan verschränkte die Arme vor der Brust. Das sei ja nun wirklich nichts Neues, meinte er.
    »Weshalb wir es hinnehmen sollten, wollen Sie sagen?«
    »Habs probiert«, sagte Kajetan. »Hat aber nicht hingehauen.«
    Der Anwalt lächelte spärlich. »Na, damit hätten wir doch bereits eine erste Gemeinsamkeit.« Er wurde wieder ernst. »Wenn wir uns über eine Zusammenarbeit verständigen können, würde ich Sie natürlich mit weiteren Details vertraut machen. Ich bin mir absolut sicher, dass Sie ebenfalls zum Ergebnis gelangen, dass wir es hier mit einem Justizirrtum zu tun haben. Sie dürften außerdem bereits festgestellt haben, dass ich kein Schwärmer bin. Das Ganze ist also keine Frage des Glaubens. Niemals würde ich ein derartiges Risiko, sowohl finanzieller Art als auch meinen Ruf betreffend, eingehen, wenn ich nicht felsenfest von der Unschuld des Mannes überzeugt wäre.«
    Kajetan verstand. »Sie möchten eine Wiederaufnahme beantragen?«
    Herzberg winkte halb ärgerlich, halb resigniert ab. »Das habe ich bereits zweimal getan. Die Anträge wurden jeweils mit der Behauptung abgelehnt, sie würden keine entscheidend neue Sachlage beinhalten. Ich stehe also derzeit vor der Notwendigkeit, für einen erneuten Antrag zusätzliche Beweise beizubringen.« Er seufzte tief. »Nur bringt mich diese Angelegenheit langsam an den Rand meiner Möglichkeiten. Nicht zuletzt, was den zeitlichen Aufwand betrifft, der längst in keinem Verhältnis mehr zu dem steht, was an diesem Fall zu verdienen ist. Aber um kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Ihr Honorar wäre selbstverständlich gesichert.«
    Kajetan schlug die Beine übereinander. »Bei was werd ich gebraucht?«
    »Nun, eine der Schwierigkeiten besteht vor allem darin, dass der Fall sich im Niederbayerischen zugetragen hat, noch dazu in einem abgelegenen Weiler namens Riedenthal. Mein Mandant ist ein einfacher Landwirt. Auch alle anderen Beteiligten gehören einer Schicht an, die – nun, wie soll ich es ausdrücken, und bitte verstehen Sie mich nicht falsch – zu der nicht immer leicht Zugang zu finden ist. Obwohl ich von der Richtigkeit meiner Annahmen überzeugt bin, habe ich manchmal das Gefühl, dass in dieser Angelegenheit noch etwas schlummern könnte, das zu ergründen ich nicht in der Lage bin, das aber dennoch einige der noch bestehenden Rätsel auflösen könnte.« Er sah Kajetan ins Gesicht. »Um es kurz zu machen: Ich brauche nicht nur einen guten und erfahrenen Ermittler, sondern vor allem jemand, der die Sprache der Leute versteht und spricht. Ich bin zwar geborener Münchner, aber manche Nuancen bleiben mir leider verborgen, verstehen Sie?«
    Kajetan nickte.
    »Sie dagegen treten nicht wie ich als bürgerlicher Stadtmensch auf. Sie könnten die Leute eher zum Reden bringen und herausfinden, ob damals

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