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Am Ende des Tages

Am Ende des Tages

Titel: Am Ende des Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Hültner
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geht.«
    »Ich bedauere außerordentlich, Eure Exzellenz.« Der Staatssekretär beugte sich vor und senkte die Stimme. »Aber in einer gewissen Angelegenheit sind erneut Komplikationen aufgetreten.«
    »Major Bischoff?«
    Der Staatssekretär nickte geschmerzt. Der Außenminister schloss für einen Moment die Augen. Hört das nie auf?, dachte er.
    »Wozu habe ich Sie eigentlich, Schubarth? Ich habe Ihnen diese Sache schließlich in der Erwartung übertragen, dass Sie mir derartige Widrigkeiten vom Hals halten.«
    »Ich bedaure außerordentlich«, wiederholte der Staatssekretär ergeben. »Ganz außerordentlich. Jedoch …«
    »Sparen Sie sich Ihr Geschwätz. Es geht immer noch um den missglückten Transfer, nicht wahr?«
    Der Staatssekretär nickte.
    »Ich hatte eben mit Major Bischoff ein längeres Ferngespräch. Er ist sehr, äh …«
    »Was?«
    »Ich würde sagen: ungehalten.«
    »Würden Sie sagen«, äffte Stresemann nach. »Wann begreifen Sie endlich den Unterschied zwischen diplomatischer Diktion und der eines Schlappschwanzes, Schubarth? Ich sage: Das Verhalten Major Bischoffs touchiert längst die Grenze zur Unverschämtheit!«
    Der Staatssekretär sah zu Boden. Deines auch, alter Mann, dachte er.
    »Sehr wohl, Eure Exzellenz. Aber …«
    Der Reichsaußenminister unterbrach schroff: »Übermitteln Sie Major Bischoff erstens, dass wir nach wie vor nicht glücklich sind über die mehr als mageren Verwendungsnachweise, die er uns bisher zugemutet hat. Und machen Sie ihm weiters unmissverständlich klar, dass wir für Komplikationen nicht verantwortlich sind.« Er sah den Staatssekretär mit zusammengekniffenen Lider an. »Es wurde doch der übliche Weg gewählt, nicht wahr?«
    »Selbstverständlich, Eure Exzellenz. Unsererseits wurden alle Vereinbarungen genauestens eingelöst. Die Summe ging wie immer an die Deutsche Bank in München, Depositenkasse Ludwigstraße, à conto Freiherr von Lindenfeld.«
    Der Außenminister winkte mürrisch ab. »Verschonen Sie mich gefälligst mit Ihren Kontoristen-Details. Entscheidend ist, dass die Abmachungen unsererseits erfüllt sind. Da der weitere Transfer nach Innsbruck von Major Bischoff selbst veranlasst wurde, was sein eigener und ausdrücklicher Wunsch war, geht uns die Sache nichts mehr an. Wie kommt er überhaupt auf die abwegige Idee, uns damit zu behelligen? Das ist doch eine Unverfrorenheit sondergleichen.«
    »Ich stimme Eurer Exzellenz völlig zu.« Staatssekretär Schubarth räusperte sich angespannt. »Die Einlassung von Major Bischoff geht jedoch dahin, dass er den Verdacht geäußert hat, Stellen der Reichsregierung könnten den Transfer sabotiert haben. Ich habe ihm die Haltlosigkeit dieser Behauptung natürlich in aller Entschiedenheit entgegengehalten.«
    »Und damit sollte es auch sein Bewenden haben«, brummte der Reichsaußenminister verärgert. »Sabotage. Lächerlich.«
    »Lächerlich, jawohl. Das waren genau meine Worte«, sagte der Staatssekretär.
    »Gut.« Der Reichsaußenminister zog ein Taschentuch aus dem Aufnäher seines Anzugs und tupfte sich die nassen Mundwinkel ab. »Dann lassen Sie mich jetzt in Frieden, ja?«
    Der Staatssekretär zog die Schultern zusammen. »Ich fürchte nur, dass es mir bedauerlicherweise nicht gelungen ist, Major Bischoff zu überzeugen. Er sagte, dass der Aufbau seiner Organisation zwar vielversprechend verlaufe, er jedoch Rückschläge befürchte, wenn die erforderlichen Mittel wider Erwarten nicht zur Verfügung ständen. Er deutete an, vor äußerst wichtigen Verhandlungen in Innsbruck und Rom zu stehen, die zum Scheitern verurteilt wären, würde er mit leeren Händen kommen.«
    Die Augen des Außenministers verengten sich. »Wollen Sie mir etwa sagen, dass er die gleiche Summe noch einmal möchte?«
    Der Staatssekretär hüstelte betreten. »Doch.«
    »Ist der Mann völlig meschugge geworden?«, fuhr der Außenminister auf, senkte aber sofort wieder die Stimme. »Kommt nicht in Frage! Was glaubt dieser Maulheld eigentlich, mit wem er redet? Und Sie, Schubarth, sind nicht in der Lage, diesen anfallsweise Größenwahnsinnigen an die Kandare zu nehmen? Und belasten mich mit derartigen Banalitäten, obwohl Ihnen bekannt ist, wie dringend ich Erholung benötige?«
    »Ich bedaure außerordentlich«, haspelte der Staatssekretär. »Aber leider ist die Sache nicht ganz einfach. Major Bischoff deutete nämlich an, dass er zwar das bisherige gute Einvernehmen mit Eurer Exzellenz aufrechtzuerhalten wünsche. Würde er aber

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