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Am Ende des Tages

Am Ende des Tages

Titel: Am Ende des Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Hültner
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zahnlosen Mundes und krähte freundlich: »Ein Schweinernes mit Knödel und Kraut hätt ich noch. Oder ein rösches Gröstl. Was halt lieber ist.«
    Kajetan entschied sich für den Schweinebraten. Die Alte verschwand in der Küche, der Wirt zapfte ihm einen Krug Bier, bevor er sich verabschiedete, um das Zimmer vorbereiten zu lassen.
    Kajetan zog seinen Mantel aus, hängte ihn an den Garderobenhaken und setzte sich an einen Tisch neben dem Eingang. Er nickte den Kartenspielern grüßend zu. Sie erwiderten es mit einer spärlichen Geste und setzten ihr Spiel fort.
    Eine Standuhr tickte. Die Fensterscheiben klirrten leise, der Wind war stärker geworden. Die Kartler, in ihr Spiel vertieft, unterhielten sich murmelnd. Das anschwellende Rauschen eines Wolkenbruchs drang in die Gaststube, begleitet von einem fernen Donner.
    Kajetan gähnte. Er fing den verstohlenen Blick eines der Kartenspieler auf. Als er ihn erwiderte, wandte sich der Mann mit ausdrucksloser Miene ab.

15.
    Obwohl sich die vormittägliche Sonne unter einer dichten Wolkendecke verbarg, war der Sonderermittler ins Schwitzen gekommen. Er schob seinen Hut in den Nacken, wischte sich mit dem Ärmel über die feuchte Stirn und ließ seinen Blick über die Ruine des Oberreither-Hofs kreisen. Das Gebäude stand am Rand einer kleinen, im Westen zu einem bewaldeten Hügel ansteigenden Rodung – jener, die er von der Absturzstelle aus gesehen hatte. Der Wohnbereich war nach Osten ausgerichtet, hinter der geschwärzten Brandmauer waren die Überreste des Wirtschaftstraktes mit Stallung und Heuschober zu erkennen.
    Noch hatte sich niemand die Mühe gemacht, den Brandschutt zu beseitigen. Kull duckte sich unter einem geborstenen Türsturz, kletterte über verkohltes Balkenwerk und Mauertrümmer. Noch immer hing beizender Brandgeruch in der Luft.
    Kalksand rieselte auf ihn herab, als er die Reste der Eichentür zur Seite drückte, die den Wohnbereich vom Wirtschaftstrakt getrennt hatte. Der aasige Gestank verbrannter Tierkadaver verstärkte sich. Er befand sich jetzt in einem Vorraum, von dem eine Türöffnung in den Stall, eine andere ins Freie mündete. Eine dritte Öffnung führte in eine kleine Kammer. Es musste die Werkstatt des Bauern gewesen sein, vor der man seine Leiche gefunden hatte.
    Von dem einfachen Verschlag, der einst die Tür gewesen war, war außer verbogenen Scharnieren und einigen Holzresten nichts übrig geblieben. Der Boden war mit Balkentrümmern, Gesteinsbrocken und dem Gewirr von verbogenen Eisenteilen übersät, die nur noch mit Mühe als die Reste einer Heugabel, eines Vorschlaghammers, einer Handsäge und einer Harke zu erkennen waren. Vor einer kleinen Fensterluke musste sich die Werkbank befunden haben; in die Wand eingelassene Eisenstreben hatten die massive hölzerne Arbeitsfläche gehalten. Von ihr waren nur noch zu Boden gesackte karbonisierte Planken zu sehen.
    Kull griff nach einem Eisenstück und stocherte herum. Die verkohlten Bohlen der Arbeitsbank lösten sich mit einem mürben Geräusch aus der Verankerung und gaben den Blick auf eine Mauernische frei.
    Der Ermittler ging in die Knie. Die Nische, nicht größer als einen halben Meter im Quadrat und ebenso tief, musste von einer Steinplatte verschlossen gewesen sein. Die Brandhitze hatte sie gesprengt und in das Innere der Wandvertiefung gedrückt. Kull beugte sich tiefer und schob die Scherben zur Seite. Im hintersten Teil des Verstecks hatten einige Stofffetzen das Feuer überstanden. Er griff hinein und wühlte in der mehligen Asche. Er zog ein stumpffarbenes Knäuel hervor, schüttelte körnige Brandreste und Ascheflusen ab und nahm es vorsichtig auseinander. Das dünne, im Inneren des Knäuels noch immer geschmeidige schwarze Gewebe roch nach verbranntem Horn.
    Seide, dachte Kull. Echte, verdammt teure Seide.
    Ein gedämpftes Tuckern war zu hören, es näherte sich und erstarb wenig später. Kull hörte, wie eine Wagentür geöffnet und wieder zugeschlagen wurde.
    Kull nickte zufrieden. Sehr schön, dachte er. Der Gendarm hatte sich den Vorwurf nicht bieten lassen, unvorschriftsmäßig vorgegangen zu sein und bei der Bezirks-Kripo Krawall geschlagen.
    »He! Sie!«, hörte er eine barsche Stimme. »Rauskommen!«
    Kull stopfte den Stoff ohne Hast zurück und stakste ins Freie.
    Der Rufer, ein stämmiger Mann mit gestutztem Schnauzer und militärisch rasiertem Schädel, erwartete ihn.
    »Das ist noch immer fremdes Eigentum, das niemand zu betreten hat, verstanden?«, bellte

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