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Am Ende des Tages

Am Ende des Tages

Titel: Am Ende des Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Hültner
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unbesetztes Abteil und ließ sich neben dem Fenster auf die Bank fallen. Das Abteil war ausgekühlt, in der verbrauchten Luft stand der Geruch billigen Landtabaks. Kajetan zog seinen Mantel vor die Brust, verschränkte die Arme und streckte die Beine von sich. Nach einiger Zeit erschien ein wortkarger Schaffner, perforierte die Fahrkarte und verschwand wieder.
    Kajetan ließ sich in die Lehne fallen und döste vor sich hin.
    Johann Fürst hatte also gelogen. Hatte er doch länger für seinen Fußmarsch gebraucht, sich aber später nicht mehr genau erinnern können, wann er wirklich eingestiegen war? Möglich. Aber wie konnte dann von jener Freikorpseinheit, mit deren Mitgliedern er den anschließenden Abend verbracht haben wollte, seine Ankunft in Mühldorf am frühen Abend bestätigt werden? Auch ein Irrtum? Und ein eigentlich verständlicher, da es in diesen Wochen, in denen die Weißgardisten den Einmarsch in München vorbereiteten, schließlich mehr als turbulent zugegangen war?
    Hatte sich auch Rotters Magd getäuscht, als sie angab, der wandernde Schlosser habe sich schon eine Stunde vor der Tat in Richtung Bahnhof verabschiedet? Könnte Fürst es gewesen sein, den die Schlehberger-Buben für Rotter gehalten hatten?
    Oder hatte die Magd gar absichtlich gelogen, um den Verdacht nicht auf ihn zu lenken?
    Wie aber sollte das damit zusammengehen, dass sie sich bei allen Vernehmungen so entschieden für Rotter eingesetzt hatte?
    Irgendetwas passte hier nicht zusammen. Er musste mit Rotters ehemaliger Magd und mit diesem Schlosser sprechen, so bald wie möglich. Die Adresse Ludmilla Köllers hatte sich in Herzbergs Unterlagen gefunden, nicht aber die Fürsts. Der Mann musste in den vergangenen Jahren unzählige Male den Wohnsitz gewechselt haben. Wie konnte er ihn finden? Ob ihm Dr. Rosenauer …?
    Kajetan gähnte.
    Er erwachte, als der Zug in den Hauptbahnhof einfuhr. Der Bahnhofsplatz war in dichten Nebel gehüllt, der das Licht von Straßenlaternen und den Scheinwerfern weniger Autos verschwimmen ließ. Er hastete über das Pflaster und sprang in die gerade abfahrende Zweier.
    Die Müdigkeit saß ihm in allen Gliedern. Doch die Hoffnung auf eine ruhige Nacht war vergeblich. Noch bevor er die Tür zu seiner Unterkunft aufstieß, drang bereits der Lärm eines ausgelassenen Festes an sein Ohr. Die Stimmung schien gerade ihren Höhepunkt erreicht zu haben; eine durchdringende Frauenstimme sang gegen ihr betrunkenes Publikum an, immer wieder unterbrochen von kreischendem Gelächter und Applaus.
    Der Pensionswirt stand hinter der Theke und zapfte Bier. Er sah auf, als Kajetan an ihm vorbei zum Treppenhaus ging, winkte ihn mit mürrischer Geste zu sich und drückte ihm ein Kuvert in die Hand. Bereits gestern sei es von einem Boten abgegeben worden.
    In seinem Zimmer angekommen, riss Kajetan den Umschlag auf.
    Die Sache mache Fortschritte, schrieb Rosenauer, erste Hürden seien genommen. Er erwarte ihn umgehend in der Polizeidirektion, um ihn über den Stand zu informieren, einige wichtige Formalitäten zu erledigen und das weitere Vorgehen zu besprechen. Kajetan wog den Brief in seiner Hand. So neugierig er war – die entscheidende Verhandlung im Fall Rotter rückte näher, und dieser Auftrag hatte Vorrang. Aber vielleicht ließe sich am nächsten Morgen noch ein kurzer Besuch in der Polizeidirektion einschieben, bevor er sich zu seinem Auftraggeber aufmachte?
    Kajetan zog sich aus, wusch sich und legte sich ins Bett. Sein Blick fiel auf das Nachtschränkchen. Er öffnete es und holte die Fotografien hervor. Zerstreut betrachtete er das Hochzeitsfoto seiner Eltern, dann legte er sie wieder zurück und verklemmte die Tür des Schränkchens.
    Wieder ließen Lachsalven die Fensterscheiben erzittern. Er legte sich auf die Seite und drückte das Kissen an sein Ohr. Es war vergeblich. Er fluchte.
    Eine Wohnung musste her. Bald.

25.
    Nanu?, dachte Kull. Bertha, die während seiner Abwesenheit in seinem Berliner Büro die Stellung hielt, schien sich tatsächlich zu freuen, seine Stimme zu hören. Will sie etwa schon wieder mehr Geld? Kommt nicht in Frage!
    Aber fleißig ist sie, dachte er anerkennend. Schon so früh am Morgen im Büro. Ich hätte keine Bessere kriegen können.
    »Quassle mir nicht die Ohren voll«, raunzte er. »Ich will wissen, was zuhause läuft.«
    »Nichts Neues, Chef«, sagte Bertha. »Der Doktor Barkowski hat immer noch nicht gezahlt. Er müsse mit Ihnen noch mal über die Summe sprechen, sagt

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