Am Ende des Tages
mir diese Indiskretion erlauben darf.«
Kajetan lächelte geschmeichelt. »Man tut, was man kann«, sagte er.
Der Kripo-Chef schmunzelte. »Sie und Ihre Bescheidenheit. Sie sind nicht zu retten, was?« Er lehnte sich zurück und verschränkte seine Hände vor seinem Bauch. »Aber gleich zur Sache. Als Erstes möcht ich Sie darüber informieren, dass ich in Ihrer Angelegenheit bereits erste Schritte eingeleitet habe. Mit dem erfreulichen Ergebnis, dass mir der Herr Polizeidirektor freie Hand lässt. Der zuständige Staatssekretär im Innenministerium macht zwar noch Bedenken geltend, hat aber, nachdem ich ihm sowohl die Sachlage als auch mein persönliches Interesse ausführlich dargelegt habe, ebenfalls durchklingen lassen, dass er der Sache positiv gegenübersteht. Leider ist er ein fürchterlicher Paragraphenreiter und besteht auf penible Einhaltung des vorgeschriebenen Procederes. Das ist eine Verzögerung, mit der ich, muss ich gestehen, nicht unbedingt gerechnet habe, worüber wir uns aber keine Sorgen machen müssen.« Er beugte sich vor, stützte seine Ellbogen auf die Tischplatte und legte die Hände übereinander. »Kurz gesagt: Auch wenn Ihnen das vielleicht schon zum Hals heraushängen mag, muss noch einmal ein formeller, von Ihnen unterzeichneter Antrag auf Wiedereinstellung eingereicht werden.« Er beugte sich zur Seite, kramte in einem Papierstapel und zog ein Formular hervor. »Im Wissen, dass Sie derzeit einigermaßen eingespannt sind, habe ich mir erlaubt, den Antrag vorzuformulieren. Auch, weil einige bürokratische Spitzfindigkeiten berücksichtigt werden müssen, die jemandem wie Ihnen vermutlich eher fremd sein dürften.« Er schob das Blatt über den Tisch. »Sagen Sie mir einfach, ob er in Ihrem Sinne ist.«
Kajetan griff danach und las.
Rosenauer begründete den Antrag mit einem Zitat eines Untersuchungsberichts des Landtagsausschusses zu den Feme-Morden, von dem nie etwas an die Öffentlichkeit gedrungen war. Die Abgeordneten waren zum Ergebnis gekommen, dass nicht nur Geheimkommandos der Einwohnerwehren, sondern auch unzuverlässige Elemente in der bayerischen Landespolizei sowohl in die Durchführung als auch bei der anschließenden Verfolgungsvereitelung verstrickt waren. Sämtliche Vorwürfe, die er, Kajetan, im Jahr 1922 in diesem Zusammenhang gegen den Leiter einer ländlichen Bezirksinspektion erhoben und die zu seinem Rauswurf geführt hatten, wurden bestätigt. Die Entlassung sei daher eindeutig zu Unrecht erfolgt und habe revidiert zu werden. Ein knapp gehaltener Hinweis auf tadellose und fachlich qualifizierte Berufsausübung in den Jahren davor schloss Rosenauers Text ab.
»Was dran auszusetzen?«
»Kein Wort zu viel, keins zu wenig«, sagte Kajetan.
»Auch meine Meinung«, sagte Rosenauer. Er hielt ihm einen Füllfederhalter entgegen. »Dann setzens jetzt Ihren Servus drunter.« Er wartete ab, bis Kajetan unterschrieben hatte. »Vielleicht ist die Sache ja auch schon früher ausgestanden. Es wäre sehr erfreulich. Für Sie, aber auch für uns.« Er zog das Blatt an sich und legte es beiseite. »Die Arbeit wird ja nicht weniger. Auch wenn wir mittlerweile erhebliche Fortschritte bei der Verbrechensbekämpfung gemacht haben – die Gegenseite hat leider ebenfalls nicht geschlafen.« Er griff nach der Zigarrenschachtel und zündete sich eine Brissago an. »Die Arbeit für Doktor Herzberg dürfte da ja schon einmal ein gutes Training sein, nehme ich an. Kommen Sie denn gut voran? Dass Sie mich übrigens jederzeit um Rat und Hilfe bitten können, muss ich doch nicht eigens erwähnen, oder?«
»Danke«, sagte Kajetan.
»Übrigens – fast hätt ichs vergessen: Was die Frage Ihrer offiziellen Wiederbelebung betrifft, so ist auch das erledigt. Ihre Papiere liegen im Meldeamt zur Abholung bereit. Zwar war dem Staatsanwalt nicht auszureden, noch eine Exhumierung der Leiche anzuordnen, die unter Ihrem Namen beerdigt worden ist. Deren Zustand dürft aber mittlerweile noch weniger geeignet sein, unnütze Fragen aufzuwerfen.« Rosenauer paffte genüsslich. »Und diejenigen, die es tun könnten, werden sich zurückhalten. Glaubens nicht?«
»Doch.«
»Eben.« Der Kripo-Chef nickte beifällig. »Freut mich übrigens, dass Sie mit Doktor Herzberg gut auskommen. Dass er den Ruf als einer der besten deutschen Strafverteidiger hat, wird Ihnen ja schon zu Ohren gekommen sein?«
Kajetan nickte unbestimmt.
»Vermutlich eine nicht eben einfache Sache, die Sie für ihn zu erledigen haben,
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