Am Ende des Tages
für ein guter Mensch ist und so was nie, nie getan haben kann, dann werd ich da sein!«
Kajetan war berührt. Er tätschelte unbeholfen ihre Schulter. »Das Gesparte behaltens lieber, Fräulein Köller. Und wenn wir Sie vor Gericht brauchen, rühr ich mich.«
Was vermieden werden muss, solange es geht, dachte er besorgt. Denn dass du ihn geliebt hast und es noch immer tust, sieht ein Blinder.
»Bestimmt?«
»Ganz bestimmt«, sagte Kajetan. Er verabschiedete sich.
Sie sah ihm nach. Ihr Herz klopfte.
Er wird alles rausfinden, dachte sie. Wenn es einer schafft, dann er.
27.
Weiter, dachte Kull. Wo stehe ich. Was habe ich bisher herausgefunden. Was ist daraus zu schließen.
Sicher war nur das: Auch wenn der Gutachter dies ins Reich der Spekulation verbannt haben wollte – es musste jemandem vor dem Abflug gelungen sein, alle Kontrollen zu umgehen und einen Sprengkörper mit Zeitschalter im hinteren Teil des Laderaums zu platzieren. War es mit den Kontrollen auf dem Flughafen Oberwiesenfeld doch nicht so weit her?
Weiter. Ebenfalls sicher ist: Der bedauernswerte Bergbauer war Zeuge des Absturzes gewesen. Wahrscheinlich hatte er tatsächlich zunächst die ehrliche Absicht gehabt, Hilfe zu leisten, konnte dann aber offenbar der Versuchung nicht widerstehen, einige der herumflatternden Banknoten einzustecken. Und machte dann den verhängnisvollen Fehler, mit der gutmütigen, aber auch redseligen Dorfnäherin Kontakt aufzunehmen, die ihm wiederum einen Schmuggler vermittelte, um an bezahlbare Seide für ein Festtagskleid, das er seiner Frau schenken wollte, heranzukommen. Zu den Kundinnen der Näherin gehörte auch die Gattin des Doktor Tobisch, des Dorf-Nazis. Diese Vertrauensseligkeit bezahlten der Oberreither und seine Familie mit ihrem Leben. Wer auch immer hinter der wertvollen Fracht her war – als durchsickerte, dass der junge Bauer als Erster am Unglücksort war und danach über ungewöhnlich viel Geld verfügte, brauchte er nur noch eins und eins zusammenzählen. Also überfiel man den Armen, quetschte das Geldversteck mit aller Brutalität aus ihm heraus und legte anschließlich Feuer, um die Spuren der Tat zu vernichten.
Andererseits – Grabers Gutachten hatte von einem komplett ausgeglühten Wrack gesprochen. Konnte die Geldkiste einen derart vernichtenden Absturz überhaupt überstanden haben?
Wenn ja, dann müsste die Bande jetzt eigentlich zufrieden sein. Sie hatte den Schatz. Und niemand hegte Verdacht. Ermittler und Gutachter hatten den Absturz wie auch das Feuer auf dem Oberreither-Hof als tragische Unfälle eingestuft.
Warum aber hatte die Landespolizei den Fall entgegen ihrer offiziellen Verlautbarung noch nicht zu den Akten gelegt? Gab es doch noch – oder wieder – Zweifel? Sollten unbequeme Wahrheiten unter Verschluss gehalten werden? Beschattete man ihn deshalb seit seiner Rückkehr aus den Bergen auf Schritt und Tritt?
Beim Verlassen des Telefonamts hatte sich wieder ein Mann an seine Fersen geheftet. Kull hatte sich einen Spaß daraus gemacht, seinen Verfolger durch die Innenstadt zu hetzen. Bis er es schließlich satt hatte, den Amateur mit einem simplen Trick abhängte und sich in einem Gasthaus mit Sicht auf das Isartor niederließ. Freundlich war man für ihn beiseitegerückt.
»Einen recht guten Appetit, der Herr!« Die stämmige Kellnerin strahlte ihn wohlwollend an, als sie ihm den dampfenden Suppenteller vorsetzte. Kull lächelte zerstreut, griff nach dem Löffel und begann zu essen.
Weiter, dachte er. Oder vielmehr, noch einmal zurück. Wer war hinter dem Geld des Außenministeriums überhaupt her? Es war für den »Schutzbund« in Innsbruck bestimmt gewesen. Der Bordmechaniker Hartinger jedoch hatte nicht Kontakt zum Schutzbund, sondern zu den Nazis. Andererseits war unter seinen Kameraden wiederum dieser Johann Fürst, der für den Schutzbund-Agenten Major Lindenfeld arbeitete und dessen Name im Wachbuch des Flughafens Oberwiesenfeld vermerkt war. Dieses Register enthielt nicht nur sämtliche An- und Abflugzeiten, sondern auch die einzelnen Dienststellen, die Namen und Dienstränge aller Personen, die an Vorbereitung, Kontrolle und Abwicklung dieses Fluges beteiligt waren.
Und Johann Fürst war es gewesen, der die Fracht kurz vor Abflug am Flughafen Oberwiesenfeld angeliefert hatte. Tagsüber. Unter den Augen von Flugpolizei, Pilot und Bordmechaniker. Wie hätte er unbemerkt eine größere Menge Sprengstoff in die Maschine schmuggeln, geschweige denn eine
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