Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Am Ende des Tages

Am Ende des Tages

Titel: Am Ende des Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Hültner
Vom Netzwerk:
abgeschrieben werden muss, da die Banknoten bei einem Flugzeugabsturz vernichtet wurden.«
    »Tja. Die modernen Verkehrsmittel. Kein Fortschritt ohne Risiko, nicht wahr?«
    Der Finanzbeauftragte überging den Einwurf. »Dann aber kam uns zu Ohren, dass diese Version auch von anderer Seite angezweifelt wurde und sich ein gewisser Gustav Kull, seines Zeichens Privatermittler mit beeindruckenden Referenzen, der Sache angenommen hatte. Was unserem ursprünglichen Verdacht, die Summe könnte doch nicht vernichtet sein, neue Nahrung gab. Wozu sonst würde das Reichsaußenministerium einen Ermittler Ihres Kalibers damit beauftragen?« Er kam Kulls Erwiderung zuvor. »Verschwenden Sie meine Zeit nicht mit Ihrem Märchen, im Auftrag der ›Olympia‹-Versicherung unterwegs zu sein. Dass das Außenministerium den ›Schutzbund‹ finanziert, ist seit langem bekannt.«
    »Trotzdem müssen Sie mir das erklären. Die NSDAP wird doch darüber keine Tränen verlieren, wenn Major Bischoff nicht zu seinem Geld kommt?«
    »Gewiss nicht. Wir machen uns eher Sorgen darüber, dass unsere Partei nicht dazu kommt. Wir sind nämlich der Auffassung, dass uns, die wir innerhalb des Reiches für die nationale Erhebung kämpfen, diese Mittel zustehen. Vor allem haben wir uns gefragt, warum nicht unsere Partei unterstützt wird, sondern – Sie verzeihen die Drastik – ein abgehalftertes Großmaul wie Major Bischoff. Und die Antwort liegt auf der Hand: Der Reichsaußenminister verfolgt damit die Strategie, ihn und andere zu einer Konkurrenz aufzubauen, die unsere Partei schwächen soll. Weil sie es ist, die seine Politik auf das Entschiedendste bekämpft.« Der SA-Mann sah Kull ins Gesicht. »Dass wir dem nicht tatenlos zusehen, können Sie nachvollziehen?«
    »Und deshalb planten Sie, das Geld zu rauben, indem der Pilot durch einen Ihrer Leute zum Verlassen der Flugroute gezwungen werden sollte, um bei einer Landung auf dem freien Feld die Summe an sich zu bringen?«
    Der Finanzbeauftragte schwieg. Kull fuhr fort: »Und um den Verdacht von Ihnen abzulenken, sollte die Maschine beim Rückflug abstürzen, richtig? Kein übler Plan, muss ich zugeben. Mit einigen Haken allerdings. Vor allem dem, dass man im Wrack nur noch die Leiche des Piloten gefunden hätte. Ihr Mann, der Bordmechaniker Hartinger, war ja in den Plan eingeweiht und hätte sich schwerlich dazu bewegen lassen, nach dem Raub wieder in die Maschine zu steigen. Auch der dümmste Kriminalbeamte hätte in der Folge herausgefunden, dass Hartinger Teil des Komplotts gewesen sein muss. Von da bis zur Entdeckung seiner Mitgliedschaft in Ihrer Partei wäre es nur noch ein kleiner Schritt gewesen. In einen derartigen Skandal verwickelt zu werden, kann die NSDAP aber gerade jetzt am allerwenigsten gebrauchen.«
    »Nur zu.« Der SA-Mann lächelte spöttisch. »Ich liebe Schauergeschichten. Allerdings frage ich mich, ob Sie begriffen haben, wo Sie sich gerade befinden.«
    »Leider ging das in die Hose«, fuhr Kull unbeeindruckt fort. »Die Bombe ging zu früh hoch. Entweder wurde die Zündvorrichtung durch die Vibrationen während des Flugs beeinflusst, oder der Pilot hat doch mehr Zicken als erwartet gemacht, als ihm der Mechaniker die Pistole unter die Nase gehalten hat. Möglicherweise ist aber bereits beim Scharfmachen gepfuscht worden. Wie auch immer. Die ganze schöne Pinke ist jedenfalls futsch. Pech.«
    »Ich weiß nicht, was ich mehr an Ihnen bewundern soll, Herr Kull. Ihre überbordende Phantasie oder Ihre Waghalsigkeit. Ich habe dazu nur eine Frage: Haben Sie für Ihre abenteuerliche Hypothese auch nur den Anflug eines Beweises?«
    »Leider ist weder das eine noch das andere Ihrer Komplimente gerechtfertigt. Was Sie als Phantasie bezeichnen, ist lediglich das Ergebnis meiner bisherigen Erkenntnisse.«
    »Wobei Sie mir auf die Frage nach Beweisen noch immer die Antwort schulden. Woraus ich den Schluss ziehe, dass Sie keinen haben. Sie bluffen, Kull.«
    »Dieser Schluss könnte falsch sein.« Kull lächelte überheblich. »Und was meine vermeintliche Waghalsigkeit betrifft, so versichere ich Ihnen, dass ich ein äußerst vorsichtiger Zeitgenosse bin. Wenn ich Ihnen also sage, wie sich die Sache nach meiner Überzeugung abgespielt hat, dann tue ich das nicht, weil ich mich danach sehne, den Märtyrer zu spielen.«
    »Das ist wiederum vernünftig von Ihnen. Sondern?«
    »Es ist ganz einfach. Ich verdiene mein Geld als privater Ermittler. Als solcher habe ich einen Auftrag erhalten. Den

Weitere Kostenlose Bücher