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Am Ende eines Sommers - Roman

Am Ende eines Sommers - Roman

Titel: Am Ende eines Sommers - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Ashdown
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Geschirr auf einer harten Oberfläche.
    »Wer ist da, Dad? Ich höre noch jemanden.«
    »Oh, das ist Stu. Wir haben uns die Sportschau angesehen«, sagt er beiläufig.
    »Kann ich ihm Hallo sagen?«, frage ich mit klopfendem Herzen.
    »Wem? Stu?«
    »Ja. Kann ich?«
    Und dann ist Stu am Telefon.
    »Oh, Stu«, sage ich, als ich höre, dass es wirklich seine Stimme ist. Ich habe keine Ahnung, was ich sagen soll. »Ähm, kannst du Malcolm von mir grüßen?«
    »Na klar, Jakey, mein Junge. Willst du deinen Dad noch mal haben?« Und er reicht mich zurück, bevor ich antworten kann. Aber ich höre, dass er grinst.
    »Zufrieden?«, fragt Dad. »Ich wünsch dir noch ’ne gute Woche, Jakey.« Ich höre Stimmen im Hintergrund.
    Als wir uns verabschiedet haben, bleibe ich noch eine Weile an den großen Schreibtisch gelehnt stehen, kneife die Augen zusammen und versuche, mich an die Frauenstimme zu erinnern, die vorhin am Telefon war. War es dieselbe Stimme, die ich an Weihnachten gehört habe? Als Dad sagte, das wäre der Fernseher? Aber nein, diesmal habe ich die heisere Stimme deutlich gehört, und es war Gypsy.
    Ich habe dieses grässliche Gefühl im Bauch, das man kriegt, wenn man was vergessen hat und nicht weiß, was es ist. Das fette Frühstück liegt mir schwer im Magen, und mir ist ein bisschen schlecht.
    Ich rücke das Telefon gerade und mache die Tür des Arbeitszimmers hinter mir zu.
    »Alles in Ordnung?«, fragt Mum, als ich ins Wohnzimmer komme. Sie liegt auf einem der großen, verschlissenen Sofas und liest eine Country-Zeitschrift. Auf dem Couchtisch neben ihr steht ein großes Glas Wasser.
    »Ja«, sage ich. »Ich glaube, ich helfe Tante Rachel jetzt in der Küche.«
    Mum lächelt und liest weiter.
    Nach zehn Tagen ist es Zeit für die Heimfahrt. George hat mir drei Kassetten gemixt; wir haben stundenlang aufgenommen und die Hüllen beschriftet. Und er hat mir ein sagenhaftes schwarzes Kapuzen-Sweatshirt geschenkt. Er sagt, er trägt es nicht mehr.
    Wir steigen in Tante Rachels Auto, um zur Fähre zu fahren, plötzlich rennt Mum noch mal ins Haus, um Dad anzurufen und ihm zu sagen, wann er uns abholen soll. George und Katy stehen an der Tür und wollen winken.
    Als Mum zurückkommt, läuft der Motor schon. Sie setzt sich stumm auf den Beifahrersitz. Tante Rachel hupt einmal und fährt los, und wir winken durch das Rückfenster, bis wir George und Katy nicht mehr sehen. Das Haus sieht in der Ferne riesengroß aus.
    Ungefähr zehn Minuten lang rumpeln wir schweigend dahin. Ab und zu dreht Tante Rachel sich um und sieht Mum an, und Mum blickt starr geradeaus. Andy scheint von der Stimmung im Wagen nichts zu merken; er schaut aus dem Fenster und kaut auf dem Kaugummi, das Katy ihm zum Abschied gegeben hat.
    »Was ist los?«, flüstert Tante Rachel schließlich.
    »Nichts«, sagt Mum mit ausdrucksloser Stimme.
    »Mary? Was ist los? Ist was passiert, als du mit Billy telefoniert hast?«
    » Billy war nicht am Telefon. Ich habe nicht mit ihm gesprochen.« Beide bemühen sich, leise zu sprechen, aber ich kann trotzdem alles hören.
    »Wer denn? Komm schon, Mary, da stimmt doch was nicht.«
    Tante Rachel bremst und hält an, weil zwei Reiter vor uns den Weg überqueren und von einem Feld zum andern trotten. Die Stille im Auto scheint sich auszudehnen, und Ellies Hundegeruch ist stärker denn je. Griffin steht aufrecht am Fenster und winselt leise, als er die Pferde über das Feld davontraben sieht. Der Wagen fährt wieder an.
    »Und?«, fragt Tante Rachel.
    Endlich redet Mum. »Meine neue beste Freundin Gypsy. Gypsy hat Billys Telefon abgenommen. In Billys Wohnung.«
    Die beiden sitzen steif wie die Statuen vorn und scheinen kaum zu atmen.
    »Und was hast du zu ihr gesagt?«, fragt Tante Rachel und sieht Mum an.
    Der Wagen rumpelt und holpert über den steinigen Weg, und wir werden im Takt hin und her geschaukelt.
    »Nichts«, sagt Mum, als die Straße wieder glatt ist. »Ich habe aufgelegt. Ich habe ihre Stimme gehört und bin in Panik geraten. Ich habe einfach aufgelegt.«
    Keine sagt noch ein Wort zu diesem Thema, bis wir am Hafen sind.
    Tante Rachel hilft uns beim Ausladen, und wir stellen das Gepäck auf den Asphalt. »Du musst mich anrufen, wenn du wieder zu Hause bist, Mary. Okay? Sag mir, was los ist. Ja?« Sie hält Mum bei den Schultern und sieht ihr ins Gesicht.
    Aber Mum starrt zu Boden und kann nicht aufblicken. Sie wirkt geschrumpft, und ihre Schultern hängen kraftlos herunter. Tante Rachel steckt mir

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