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Am Ende schmeißen wir mit Gold: Roman (German Edition)

Am Ende schmeißen wir mit Gold: Roman (German Edition)

Titel: Am Ende schmeißen wir mit Gold: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fabian Hischmann
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seine Schulter meine. Einer der beiden Ministranten drückt Play auf dem tragbaren CD-Spieler:
    »Here comes the sun (doo doo doo doo)
    Here comes the sun, and I say
    It’s all right …«

42
    Ich habe das Bali für eine Totenfeier im engsten Kreis gemietet.
    Zum Glück ist Onkel Georg mit Anhang sofort nach dem Friedhof aufgebrochen. Er sagte: »Die Arbeit«, und ich wusste, dass es eigentlich heißen müsste: »Europapokal, schon in sechs Stunden geht’s los. VfB Stuttgart gegen Ajax Amsterdam, ’n richtig enges Ding.«
    Nach dem zweiten Bier fühle ich mich bereit, die drei Gespräche, die ich mir vorgenommen habe, zu führen.
    Nummer 1:
    Hannah raucht jetzt doch. Über uns kleben Sterne, unter uns eingetretene Kaugummis.
    »Ich muss dich was fragen, Hannah.«
    »Was denn?«
    »Ich hab mir überlegt, dass ich für eine Weile wegwill oder wegmuss und … also zu euch, nach Kreta. Ich könnte in der Taverne mithelfen, ich brauch nicht viel.«
    Hannah sieht mich mütterlich an, und ich bin froh, dass ich gerade einen halbwegs starken Moment habe.
    Sie sagt: »Bist du sicher, dass du ausgerechnet bei uns deine nächste Zeit verbringen willst? Versteh mich nicht falsch, aber …«
    Ein Korso tiefergelegter Autos rast an uns vorbei, Hannahs rechter Stöckelschuh tritt ihre Marlboro Lights aus.
    »Und was ist mit deiner Arbeit?«
    »Ist sowieso nicht das Richtige für mich.«
    »Willst du das wirklich?«
    »Definitiv.«
    »Dann bist du natürlich herzlich willkommen.«
    Nummer 2:
    Valentin hat leichte Schlagseite und trägt kein Hawaiihemd. In seinem eng geschnittenen Cordsakko ohne Schulterpolster sieht er eleganter und androgyner aus als je zuvor.
    Wir haben jeder einen Arm um die Hüfte des anderen gelegt und sehen nach oben. Ich warte darauf, dass der Kleister versagt und die Sterne fallen.
    Gegenüber stolpern zwei junge Typen aus einem Dönerladen. Der Stämmigere trägt Basecap und macht seinen Kumpel auf uns aufmerksam.
    »Ey, ihr zwei Milcheimer, habt ihr geheiratet?«
    Valentin kontert sofort.
    »Eigentlich wollten wir heiraten, aber ich konnte einfach nicht Ja sagen, weil ich gespürt habe, dass ich dir heute Abend begegnen werde.«
    Der Junge patscht sich gegen die Stirn unter seiner Yankees-Mütze, klapst seinem Freund auf den Oberarm.
    »Was labert der? Hat der gesagt, er will mich ficken, Alter?«
    Valentin schlüpft aus seinem Sakko, wirft es sich nonchalant über die Schulter. Die beiden schicken sich an, auf unsere Straßenseite zu wechseln.
    Ich versuche sie auszubremsen.
    »Könnt ihr nicht einfach weggehen, Jungs? Meine Eltern sind gestorben und wir verabschieden sie heute.«
    Sie glotzen debil. Innerlich bereite ich mich auf die Keilerei vor. Es wäre meine zweite.
    »Lass abhauen«, sagt der ohne Mütze.
    Armeschwingend entfernen sie sich. Valentin schnauft erleichtert, dreht sich Richtung Eingang.
    »Ich hole uns zwei Wodka.«
    »Auf deine Eltern«, beschließt Valentin und hebt sein Glas.
    Wir kippen.
    »Ich hätte sie gerne gekannt.«
    »Sie hätten dich gemocht.«
    »Ich sie auch. Schließlich gibt es dich nur wegen ihnen.«
    Valentin steckt sich zwei Zigaretten in den Mund. Als er sie glühend gezogen hat, gibt er mir eine davon.
    »Ich gehe weg aus Bremen.«
    Valentin ist nicht überrascht.
    »Wohin gehst du denn?«
    »Zurück nach Kreta, und danach muss ich noch mal nach New York. Seit sie tot sind, träume ich schlimmes Zeug, weißt du … ich hab eine Riesenangst.«
    Valentin umarmt mich, flüstert: »Du bist gut, Max.«
    Ich flüstere zurück: »Netter Versuch, mein Freund.«
    Und dann zieht tatsächlich eine Schnuppe Richtung Boden.
    Ich wünsche mir …
    Nummer 3:
    Jan versucht die Straßenlaterne auszutreten. Mit dem zweiten Versuch gelingt es ihm. Der Pfahl wackelt und die Glasfassung auf der Spitze sirrt unentschlossen, zerbricht am Ende aber nicht. Wir lassen uns auf den Bordstein nieder. »Tut mir leid, dass ich damals nicht bei der Beerdigung deiner Mutter war.«
    »Am liebsten wäre ich auch nicht da gewesen.«
    »Ich weiß, was du meinst.«
    Im Schein der nächsten Laterne zieht eine Fledermaus ihre Bahnen, hat es auf die Kreuzspinnen abgesehen, die dort, kühn und dumm, ihre Netze gesponnen haben.
    Jan schaut mich an. Da ich vor einer halben Stunde auf Cola umgestiegen bin, wabert sein Gesicht nicht.
    »Kreta wird gut«, sagt er.
    »Maria hat es dir also schon gesagt.«
    »Findest du das schlimm?«
    »Nein. Sie ähnelt eben ihrer Mutter.«
    Ich schnattere stumm mit der

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