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Am Ende schmeißen wir mit Gold: Roman (German Edition)

Am Ende schmeißen wir mit Gold: Roman (German Edition)

Titel: Am Ende schmeißen wir mit Gold: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fabian Hischmann
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quetscht Anton mit der Gabel in drei Teile. Die Fühler hören nicht auf zu zucken.
    Ich trage den Tellerturm in die Küche zu Jan, der noch dabei ist, das Frühstücksgeschirr abzuspülen. Die aufgezogene Kapuze, der Hip-Hop, der aus der Stereoanlage scheppert, sein im Takt dazu nickender Kopf und der über die Teller quietschende Schwamm. Als ich neben ihm ankomme, zieht er seine Kapuze in den Nacken und regelt die Lautstärke nach unten. Wahrscheinlich würde ich es genauso machen, trotzdem ist es ein komisches Gefühl, dass in dieser Zeit alles stiller wird, sobald ich mich nähere. Ich greife nach dem Geschirrtuch, will abtrocknen, doch Jan verbietet es.
    »Ich mach das, Max. Geh du wieder nach draußen.«
    Daraufhin schleudere ich das karierte Tuch einen Tick zu heftig auf die Abtropffläche. Schaum spritzt in unsere Gesichter. Eine Augenbraue hochziehend, reicht mir Jan schließlich doch einen nassen Teller und stellt die Musik wieder lauter.
    Als ich das Besteck trocken rubble, fällt ihm etwas ein.
    »Gestern hab ich im Schuppen was gefunden, das du vielleicht brauchen kannst. Komm mal mit.«
    Im Schuppen schwirren Staub und Sägespäne im Lichtkegel des Dachfensters. Ein halber Stuhl wartet auf seine Fertigstellung, Hühnerfedern in den Ecken verraten, wo die Viecher sich verstecken, seit sie Lio für eine Gefahr halten. Ein paar mannshohe Stelzen lehnen neben einer üppigen Auswahl an Feld- und Wiesengeräten, wie gemacht, um zu fensterln oder Kirschen direkt vom Baum zu beißen.
    Jan öffnet eine Truhe und zieht etwas langes Schwarzes aus ihrem Innenraum. Eine Minute später hat er es aufgebaut:
    Ein Dreibeinstativ.
    »Wenn du willst, ist es deins.«
    »Auf jeden Fall! Danke.«
    Ich prüfe die Konstruktion, variiere die Höhen und stecke es schließlich zusammen.
    »Was für ein Film soll es eigentlich werden? Ich meine, so spektakulär wie Afrika oder Südamerika ist die Fauna einer griechischen Insel doch wohl eher nicht.«
    Julia hatte mich während des Essens gefragt, ob Kreta mit einem Plan verbunden sei. Ich erzählte spontan und frei raus, was Maria kränkte und schließlich doch zu Weißwein übergehen ließ. Pelle sagte: »Cool.« Alle anderen schwiegen höflich.
    »Ich weiß es selbst noch nicht genau … stimmt schon, aber andererseits, wie viele Filme über Tiere in Afrika und Südamerika kennst du?«
    »Schon ein paar.«
    »Und was ist mit Kreta?«
    »Keinen.«
    »Da setze ich an.«
    Vielleicht stimmt, was Maria sagt, vielleicht ist es pervers, aber gleichzeitig ist es das Mindeste, was Hannah, Silas und ihr Sohn für mich tun können.

46
    Valentin und ich sitzen auf seinem Balkon. Wir trinken Pfeffi.
    »Am liebsten würde ich mit dir kommen.«
    »Das wäre schön, aber ich glaube, das muss ich allein schaffen.«
    »Manchmal klingst du wie ein abgedroschener Filmheld, Max.«
    »Ein Mann muss tun, was ein Mann tun muss.« Wir lachen.
    Unter uns geht eine Gruppe Jugendlicher in Richtung Viertel. Sie sprechen so angeberisch und abschätzig über Mädchen, wie es nur Jungs machen können, die noch nie gefickt haben.
    »Hast du dich jemals gefragt, wie es ist, mit einer Gaspistole zu schießen?«
    Valentin zieht eine Augenbraue hoch.
    Die Linie 6 rollt über die Weser. Eine rote Sonne sitzt auf dem Mast eines ankernden Seglers, wie ein glasierter Apfel am Stiel. Händler bebauen die Uferpromenade mit Ständen, werden in wenigen Stunden versuchen, ihr altes Zeug zu verscherbeln. Über allem kreisen Möwen, die, bevor sie gierig nach verlorenen Stücken aus Wurst- oder Fischbrötchen hechten, die Thermik eines ruhigen Morgens genießen.
    Außer mir lümmeln sich ein Zimmermann auf der Walz und ein nachtbleiches Pärchen auf den Sitzen. Ich bin der Einzige von uns, der wach ist und auf die vorbeiziehende Stadt blickt. Die Route zum Flughafen führt an Orten vorbei, die mir nichts bedeutet haben und jetzt besonders schön, fast erhaben wirken.
    Sogar ein Penner, der gegen das Tor der Beck’s Brauerei pinkelt, erscheint mir heute nicht bemitleidenswert, vielmehr als einer, der stolz sein Revier markiert.
    Ich filtere und gestalte die Stadt, packe sie in den Hinterkopf. So habe ich es auch mit meinen Eltern gemacht. Ich habe ein Foto ausgesucht, auf dem sie beide im Garten sitzen, und es in mein Portemonnaie gesteckt. Am Ende wollte ich einfach, dass sie lächeln.
    Ich hebe ab.

Dritter Teil: Inseln

47
    Vor meinen Füßen treibt ein hohler Krabbenkörper in der seichten Mittelmeerbrandung. Ein Schiff

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