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Am Ende schmeißen wir mit Gold: Roman (German Edition)

Am Ende schmeißen wir mit Gold: Roman (German Edition)

Titel: Am Ende schmeißen wir mit Gold: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fabian Hischmann
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kreuzt meine Sicht, nicht auszumachen, ob es einen Hafen ansteuert oder verlässt. Und der Krabbenkörper, seine schwerelos tote Bewegung, animiert mich. Ich beginne zu wippen, von den Knien aufwärts, und verwackele das Bild.
    Es ist Ende September, die Saison bald vorbei. Meine Arbeitswoche hat sieben Tage, weil es immer ein paar Gäste gibt und ich ansonsten Tiere suche. Bis jetzt habe ich knapp eine Viertelstunde Filmmaterial; Ziegen, tote und fidele Jungdachse, schmusende Gottesanbeterinnen, eine Schlange, kein Chamäleon bisher.
    Nun kenne ich auch Timon. Zu Anfang war er nicht sonderlich begeistert von mir. Vielleicht weil ich mich bei unserem ersten Zusammentreffen lehrerhafter denn je gab. Ich drückte seine Hand zu fest und erkundigte mich im zweiten Satz, ob sein Malta-Aufenthalt den Englisch-Vokabeln genützt habe. Er antwortete mit einem der souveränsten und kühlsten Gesichter, die ich bis zu diesem Zeitpunkt gesehen hatte. Clint Eastwood, Bruce Willis, Timon Peleus.
    Das Eis brach erst einige Tage später, als ich frühmorgens am Strand stand und versuchte, Flundern zu filmen, die sich, bei jedem Schritt, den ich im flachen Wasser tat, aus dem Sand schüttelten und davonwaberten. Ich checkte meine Aufnahme und war unzufrieden, da alles, was man erkennen konnte, kleine Sandwolken waren, nicht mehr als flache, fliehende Schatten. Timon joggte heran, sein Oberkörper austrainiert und gleichmäßig gebräunt. Er bremste und fragte in nahezu akzentfreiem Deutsch: »Was machst du eigentlich hier?« Ich ließ den Camcorder sinken.
    Als ich es ihm erzählt hatte, stellte Timon fest: »Klingt nach einer echt bescheuerten Idee.« Und nach kurzer Pause fügte er hinzu: »Ich weiß, wo du Schlangen findest. Wenn du willst, zeige ich sie dir nachher.«
    Er schwang sich in den Handstand und wieder auf die Füße, zog seine Turnschuhe aus und flitzte ins Meer. Einige Züge später rief er mir zu: »Na komm schon, Gastbruder. Schwimmen ist gesund.«
    Seitdem verbringen Timon und ich viel Zeit miteinander, ist er mein Assistent.

48
    Vorgestern Nacht fragte Patrick: »Wann kommst du?«
    Er trug ein I-love-New-York-T-Shirt. Das Herz zwischen den Worten war nicht gemalt. Es war ein echtes, menschliches Herz, mit großen Sicherheitsnadeln auf die Baumwolle gesteckt. Und ich sagte, mit der Stimme meines Vaters: »Eins nach dem anderen.«

49
    Unerwartet ist der Sommer zurückgekehrt, powert ein Hoch über der Insel. Schon in der kleinsten Bewegung zerfließt man. Ich luge matt durch die Lamellen der hölzernen Balkonflügeltür in die Palmkrone und weiter ins blassblaue Nichts. Der kugelige Stamm der Palme, ihr Wuchs, löst in mir ständig die Lust auf frische Ananas aus. Wie praktisch es wäre, wenn ich einfach nur ein Loch hineinbohren müsste, um an den Saft zu gelangen. Seufzend trinke ich einen Schluck von Hannahs selbst gemachtem Eistee. Ich tanke Kraft für einen weiteren Meergang. Es ist das Einzige, was ich heute zustande bekomme, für alles andere ist es zu heiß.
    Für den Abend hat ein holländischer Motorradklub den größten Tisch in der Taverne reserviert, es wird noch anstrengend genug. Timon ist bis 16 Uhr in der Schule in Chóra Sfakion, danach muss er im Restaurant mithelfen. Während der Saison hat er keine Wahl. Erstaunlicherweise motzt er nie, ist aufrichtig hilfsbereit und stets lächelnd unterwegs. Im Normalfall meide ich solche Leute. Hier habe ich keine Wahl. Zurzeit versucht Timon mir beizubringen, wie man Cocktails mixt. Erst habe ich mich furchtbar dumm angestellt und den Shaker zerbeult, inzwischen sind meine Sundowner aber genießbar.
    Triefend betrachte ich das Areal, auf dem das Ferienhaus stand. Ein Russe investiert in den Bau eines kleinen, luxuriösen Hotels auf dem sauber abgetragenen Grundstück. Die Arbeiten sollen noch in diesem Jahr beginnen. Meine Eltern haben Hotels gehasst. Papa sagte über die Vollpension: »Im Prinzip ist es nicht anders als im Krankenhaus, bloß sonniger. Die machen dein Bett und schreiben dir vor, wann du essen musst. Absoluter Blödsinn!«
    Ich glaube, Mama fand seine Einstellung mit fortschreitendem Alter zu rigoros und fast ein bisschen schade.
    Über mir hängt die erste kleine Wolke seit Tagen. Und weil der Himmel hier so arm an Dramen ist, wirkt der weiße Fetzen verloren wie ein Jungtier, das von seiner Herde getrennt wurde.
    Ich stehe leicht in der Hocke, das Becken nach vorn geschoben. Mein Strahl löst einen Rest Kacke vom Porzellan, Timon hat ihn

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