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Am Ende schmeißen wir mit Gold: Roman (German Edition)

Am Ende schmeißen wir mit Gold: Roman (German Edition)

Titel: Am Ende schmeißen wir mit Gold: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fabian Hischmann
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entschieden hätten. Vielleicht wäre ich dann am Mittelmeer, auf einer Insel, groß geworden und so unbeschwert wie Timon. Oder ich wäre nie geboren worden.
    Ich sage: »Entschuldigung«, und: »Gute Nacht.«
    Sie sagt: »Gute Nacht, Max … stimmt was nicht?«
    »Mir war ein wenig flau, aber es wird schon wieder besser.«
    »Willst du eine Tablette?«
    »Wenn du eine hast, wäre das vielleicht ganz gut.«
    Hannah kramt im Arzneischrank und reicht mir ein Päckchen.
    »Danke.«
    »Soll nicht doch besser ich Timon morgen zur Schule bringen?«
    »Nein, nein, ich mach das.«
    Seit einer Woche ist die Straße nach Chóra Sfakion morgens voll und die griechischen Busfahrer streiken. Jeden zweiten Tag fährt Timon mit dem Moped, doch das ist auch nicht mehr ganz neu und dauert doppelt so lange. Eine Einigung im Tarifstreit ist nicht in Sicht, und für einen Zweitwagen und Timons Führerschein fehlt der Familie Peleus in diesen Zeiten schlicht das Geld.
    Hannah nickt und reibt mir über den Oberarm. Ich vergesse das Gehen, bis sie schließlich sagt: »Ich muss wirklich dringend aufs Klo.«
    Zurück im Zimmer, drücke ich eine Tablette aus der Packung. Sie scheint mir ein wenig zu groß und ich sehe mir die Schachtel genauer an. Von wegen Tablette, was ich zwischen Daumen und Zeigefinger halte, ist ein Zäpfchen.
    Weil in der Packungsbeilage »gegen Schmerzen und Fieber« steht, streife ich die Unterhose ab, lege mich auf den Rücken und hebe die Beine. Das zweite Zäpfchen meines Lebens. Bei dem ersten war ich 40 Grad heiß und Mama saß an meinem Bett. Bevor es losging, sagte sie: »Volle Kraft voraus für das Fieber-weg-U-Boot.«
    Sieben Uhr, der Wecker schellt. Keine Schmerzen mehr. Gleich fahre ich Timon in die Schule, zumindest glauben Hannah und Silas das.

52
    Wir lassen das durchlöcherte Ortsschild hinter uns, biegen ab in Richtung der Weißen Berge. Auf der Insel gibt es kaum Straßenschilder, die nicht zerballert sind.
    »Beinahe jeder hier hat eine Knarre«, versicherte mir Timon vor drei Tagen, als er sein Zimmer abschloss und mir die Pistole zeigte, die ich längst kannte. Ich tat erstaunt und fragte: »Wofür brauchst du die?«
    Er antwortete: »Zum Spaß.«
    »Und von wem hast du eine Waffe? Ich nehme an, nicht von Hannah und Silas.«
    »Sie würden ausrasten.«
    Timon betrachtete die Pistole. Plötzlich zielte er auf mich, ich blieb ruhig. »Wenn du abdrückst, stirbt der Name Flieger ganz aus.« Meine Lüge wirkte.
    Timons Gesicht wurde ernster und er sagte: »Ist nicht geladen.«
    »Ich weiß«, sagte ich und wiederholte die Frage: »Von wem hast du die?«
    »Von Ioannis.«
    »Wer ist Ioannis?«
    »Das ist Papas Onkel, er ist Bauer in den Bergen. Alle paar Wochen fahren wir zu ihm und holen Fleisch und Oliven für die Taverne. Manchmal bleibe ich übers Wochenende und helfe ihm, dann lässt er mich schießen. Die Pistole darf ich eigentlich nicht mitnehmen, aber er hat mehrere und nicht gemerkt, dass ich sie beim letzten Mal eingesteckt habe. Ich wollte einfach nur Zielen üben, ehrlich … also, ich hab wirklich nicht vor, jemanden zu erschießen, falls du dir deshalb Sorgen machst.«
    Ich machte mir keine Sorgen, höchstens Gedanken, und die hatten wenig mit ihm zu tun.
    »Wir können diese Woche ja mal zusammen hin. Du willst doch unbedingt ein Chamäleon finden, und ich habe da mal eins gesehen. Es war zwar schon tot, aber vielleicht gibt es noch mehr … okay?«
    Ich nahm ihm die Waffe aus den Händen, wog ab.
    »Klingt gut.«
    »Riechst du das?«
    Timon saugt Luft durch die Nase. Das Hochland steht voll von knorrigen Olivenbäumen. »In zehn Minuten sind wir da.«
    Der Jeep holpert im Schritttempo über Schotter. Mit Glocken behangene Ziegen bimmeln vor uns her, eskortieren uns zu ihrem Besitzer. Zu allen Seiten wächst Ioannis’ Lebensunterhalt, liegen engmaschige Netze am Boden und fangen die herabfallenden Oliven auf, ich denke an Hochhausspringer und Trapezakrobaten.
    Jenseits der Felle taucht das Haus auf, ein länglicher Flachbau aus grauem Stein, davor Arbeitsgerät, wild verstreut. Ein VW-Käfer rostet vor sich hin, beäugt von drei Zypressen, die im Halbkreis drumherum gewachsen sind.
    Wir steigen aus. Timon dehnt seinen Autokörper, reckt sich in Richtung Himmel wie eine startende Rakete, bringt die Gelenke zum Schnalzen. Mein rechtes Bein ist eingeschlafen, britzelt, als würden sich Brausetabletten in den Venen auflösen.
    Timon geht auf den Hauseingang zu, ich humple hinterher. Die

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