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Am Ende war die Tat

Am Ende war die Tat

Titel: Am Ende war die Tat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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sagte nichts, aber das war auch nicht nötig. Für Neal war allein Joels Anwesenheit Ursache und schuld an diesem Debakel, und er nickte finster zu Joel und seinen Bruder hinüber. »Du bis' fertig«, sagte er. »Du und der Schwachkopf. Kapiert?«
    »Ich bin nich' ...«, begann Joel.
    »Ihr seid am Arsch, Gelbgesicht. Alle beide. Beim nächsten Mal krieg ich euch.« Er wies zum Pfad hinüber. Sein Kumpel verstand die Aufforderung und ging voraus, sodass er und Neal sich dem Rest ihrer Clique wieder anschließen konnten.
    Anfangs genoss Ness Dix' Abwesenheit. Doch die langfristige Zufriedenheit, die sie sich von seinem Auszug erhofft hatte, wollte sich nicht einstellen. Sie war froh, dass sie nicht mehr Nacht für Nacht dem rhythmischen Quietschen von Kendras Bett lauschen musste, und sie war auch froh, dass sie und ihre Tante, jetzt da er weg war, wieder ungefähr auf Augenhöhe zu sein schienen. Doch darüber hinaus bereitete ihr Dix' Auszug keine anhaltende Freude. Sie hasste ihn für seine Zurückweisung, und doch wollte sie sich noch immer beweisen, dass sie ihm als Frau ein Dutzend Mal so viel zu bieten hatte wie ihre Tante.
    Die Vorstellung, wieder in Kendras Schlafzimmer zu ziehen und das Bett mit ihr zu teilen, auch wenn dies die Erlösung von der Wohnzimmercouch bedeutet hätte, reizte sie nicht und gab ihr auch kein Gefühl von Befriedigung oder Macht. Kendra bot es ihr an, doch Ness lehnte ab. Sie konnte sich einfach nicht vorstellen, in dem Bett zu schlafen, das Dix D'Court erst vor so kurzer Zeit geräumt hatte, und selbst wenn das nicht der Fall gewesen wäre - in einem Zimmer mit Kendra zu wohnen, bot Ness nicht gerade die Art von Privatsphäre, die sie wollte. Sie gehörte nicht ins Schlafzimmer ihrer Tante. Sie wusste - auch wenn sie das niemals offen zugegeben hätte -, dass Dix dorthin gehörte. Und sie wusste, dass Kendra sie nicht wirklich dort haben wollte.
    So fühlte sie sich schließlich miserabel, obwohl sie eigentlich frohlocken sollte. Sie musste einen Weg finden, sich endlich wieder einmal gut zu fühlen, und sie wusste auch, wie sich das bewerkstelligen ließ.
    Dieses Mal wählte sie die Kensington High Street. Sie fuhr mit dem Bus, stieg unweit der Kirche St. Mary Abbots aus und schlenderte hügelabwärts zu dem Blumenstand vor dem Kirchhof. Von dort aus verschaffte sie sich einen Überblick über die Lage, während in ihrem Rücken Tuberosen, Lilien, Farne und Schleierkraut zu kunstvollen Sträußen gebunden wurden.
    Die Kensington High Street war seit 1690 ein Einkaufsparadies, denn der Oranierkönig William und seine Gattin Mary waren zu jener Zeit auf der Suche nach weniger verpesteter Luftfür den asthmatischen Regenten dorthin gezogen, als Kensington noch eine Parklandschaft zwischen den beiden von Westen kommenden Straßen nach London war. Dort hatten sie ein Landhaus zu einem Palast ausbauen lassen, und der musste mit allem versorgt werden. Vom Bäcker bis zum Eisenwarenhändler hatten sich alle nur denkbaren Geschäftsleute dort angesiedelt. Das Ladenangebot hatte sich im Laufe der über dreihundertjährigen Geschichte ebenso verändert wie sein Aussehen, aber es war immer noch vorhanden und umfangreich. Ness konnte also aus dem Vollen schöpfen: Sie hatte die Wahl zwischen gut sortierten Kaufhäusern bis hin zu verschiedenen Mode-Outlets, die preiswerte, aber trendige Kleidung und Accessoires für unter Zwanzigjährige darboten.
    Sie entschied sich zuerst für H&M, wo die schiere Menge potenzieller Käufer und die Ständer voller Textilien indischer Herkunft ihr gute Beute versprachen und wo sie in der Masse ihrer Altersgenossen untertauchen konnte. Sie schlenderte von einem Stockwerk zum nächsten, auf der Suche nach etwas, das sie ebenso herausfordern wie erfreuen konnte, aber sie fand nichts, das ihr nicht bei näherer Betrachtung langweilig erschien. Also ging sie wieder auf die Straße hinaus und weiter zu Accessorize, wo der Reiz der Gefahr viel größer war, denn der Laden war winzig und Ness' Foto hing neben denen anderer unerwünschter Personen an der Kasse. Doch auch hier war es voll, sodass sie mühelos hineinkam - nur um festzustellen, dass die Ware an diesem Tag nicht interessant genug war, um ihr bei einem erfolgreichen Diebstahl das Hochgefühl zu geben, nach dem sie sich sehnte.
    Nachdem sie es auch bei Top Shop und Monsoon erfolglos versucht hatte, betrat sie schließlich ein großes Warenhaus und entschied: Hier sollte es sein. Ein klügeres Mädchen mit

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