Am Ende war die Tat
diebischen Absichten hätte sich vielleicht gegen diesen Tatort entschieden, denn hier gab es keine Menschenmengen, in denen man abtauchen konnte, und als dunkelhäutiger Teenager in freizügiger Kleidung und mit wilder Mähne fiel Ness hier auf wie eine Sonnenblume im Erdbeerfeld. Aber die Ware sahhochklassig aus, und das gefiel Ness. Ein mit Pailletten besetztes Haarband fiel ihr ins Auge. Das wollte sie haben.
Dieses Haarband befand sich an einer für Ness' Zwecke außerordentlich glücklichen Stelle: Auf einem Bord, keine zwei Schritt vom Ausgang entfernt, schrie es förmlich danach, geklaut zu werden. Sie nahm es genauer in Augenschein und befand es ihrer Mühe für würdig. Sie überblickte ihre unmittelbare Umgebung, um sicherzustellen, dass sie, wenn schon nicht gänzlich unbeobachtet, so doch nahe genug am Ausgang war, um sich davonmachen zu können, sobald das Haarband in ihrer Tasche verschwunden war.
Niemand in der Nähe schien ihr besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Am Sockenregal stand ein älterer Mann, der zu ihr herübersah, aber sie erkannte an seinem Ausdruck, dass dieser Blick nicht von seiner Sorge rührte, sie könne mit unbezahlter Ware aus dem Laden spazieren, sondern allein auf ihr großzügiges Dekolleté gerichtet war. Verächtlich drehte sie sich weg.
Ness hatte ihr Objekt der Begierde im Auge und spürte die nervöse Energie in ihren Armen kribbeln. Der euphorische Rausch, den sie ersehnte, kündigte sich an. Alles, was Ness tun musste, war, zwei Haarbänder vom Regal zu nehmen, sie fallen zu lassen, sich zu bücken und sie aufzuheben, dann aber nur eines wieder zurückzulegen, während das andere in ihre Tasche wanderte. Es war einfach, schnell und sicher, so als nähme man einem Kleinkind seinen Lolli weg, einem Kätzchen das Futter, so als stelle man einem Blinden ein Bein oder irgendetwas in dieser Art.
Mit dem erbeuteten Haarband in der Tasche verließ sie das Kaufhaus. Sie ging so lässig wie beim Eintreten, und sie verspürte eine Mischung aus Wärme und Erregung, als sie sich draußen unter eine Gruppe Einkaufsbummler mischte.
Weit kam sie nicht. Angespornt von ihrem Erfolg, beschloss sie, es als Nächstes bei Tower Records zu versuchen, und sie wollte gerade die Straße dorthin überqueren, als der Alte, den sie im Kaufhaus gesehen hatte, sich ihr in den Weg stellte.
»So nicht, Herzchen«, sagte er und packte sie am Arm.
»Was fällt dir ein, Mann?«, entgegnete sie.
»Ich würde gern den Kassenbeleg für die Ware sehen, die du in der Tasche hast. Komm mal mit.«
Er war viel kräftiger, als er aussah. Tatsächlich erkannte Ness bei genauerem Hinsehen, dass er überhaupt kein Rentner war. Er war nicht so buckelig, wie er im Kaufhaus gewirkt hatte, und sein Gesicht war nicht so faltig, dass es zu seinem schütteren grauen Haar gepasst hätte. Trotzdem war ihr noch nicht klar, welche Rolle er spielte, und sie fuhr fort, lautstark zu protestieren, als er sie zur Kaufhaustür zurückzerrte. Drinnen eskortierte er sie einen Gang entlang zum hinteren Bereich der Verkaufsfläche und dann durch eine Schwingtür in die Eingeweide des Gebäudes. Ehe sie sichs versah, ging es hindurch und eine Treppe hinab.
Hitzig fragte sie: »Wo bringste mich eigentlich hin?«
»Dorthin, wo ich alle Ladendiebe hinbringe, Herzchen.«
Da ging ihr endlich auf, dass der Mann, den sie für einen Rentner gehalten hatte, der Kaufhausdetektiv war. Sie bleib abrupt stehen und wehrte sich, soweit sein Griff um ihren Arm es zuließ. Sie steckte in ziemlichen Schwierigkeiten - sie war bereits auf Bewährung verurteilt und musste gemeinnützige Arbeit leisten, und sie verspürte nicht das geringste Bedürfnis, schon wieder vor dem Richter zu landen, wo sie dieses Mal garantiert Schlimmeres erwartete als nur weitere Stunden in der Kindertagesstätte.
Am Fuß der Treppe gelangten sie in einen schmalen, linoleumgefliesten Flur. Ab hier war es ihr kaum noch möglich zu fliehen. Sie nahm an, er brachte sie in den Raum, wo Ladendiebe verwahrt wurden, bis ein Constable von der Earls Court Road heraufkam, und sie fing an, sich eine Geschichte für den Beamten zurechtzulegen. Sie würde reichlich Zeit haben, sie auszuschmücken, wo immer der Mann sie einzusperren gedachte - bestenfalls in einem fensterlosen Kämmerlein, nahm sie an, schlimmstenfalls in einer richtigen Zelle.
Es war weder das eine noch das andere. Der Kaufhausdetektiv öffnete eine Tür und schob sie in einen Umkleideraum, wo es nach Schweiß roch
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