Am ersten Tag - Roman
ausreichen, um mich zu verdächtigen, Kontakt zu den Auftraggebern dieses Verbrechens gepflegt zu haben. Und was soll ich sagen, wenn man mich fragt, warum ich das Omo-Tal überstürzt verlassen habe? Dass mich der Tod
des Dorfältesten gezwungen hat zu verschwinden? Dass ich, nachdem wir seine Leiche zu seinem Stamm zurückgebracht haben, wie eine Verbrecherin geflohen bin, ohne den Tod den kenianischen Behörden zu melden? Dass wir zusammen waren, als dieser alte Mann gestorben ist, genauso wie wir zusammen waren, als der Priester ermordet wurde? Du hast recht, die Geschichte wird der Polizei gefallen! Wenn wir jetzt aufs Revier gehen, bin ich nicht sicher, dass wir zum Abendessen wieder zu Hause sind!«
Ich wehrte mich mit aller Kraft gegen dieses Katastrophenszenario, doch Walter war derselben Meinung wie Keira.
»Die Spurensicherung wird schnell feststellen, dass der Schuss von draußen abgegeben wurde, wir haben keinen Grund zur Sorge«, beharrte ich vergeblich.
Walter lief mit finsterer Miene im Wohnzimmer auf und ab, blieb dann vor der Konsole stehen, auf der ich meine Flaschen aufbewahrte, und schenkte sich einen doppelten Scotch ein.
»Keira hat die Gründe aufgezählt, die sie zur idealen Schuldigen machen. Damit könnten sich die Behörden durchaus begnügen, um den Fall möglichst schnell abzuschließen und die Gemüter zu beruhigen. Es könnte der Polizei entgegenkommen, rasch die Verhaftung der beiden Mörder bekannt zu geben, zumal, wenn es sich um Europäer handelt.«
»Aber warum denn? Das ist doch absurd!«
»Um zu verhindern, dass es zu Unruhen in seinem Viertel und der religiösen Gemeinschaft kommt«, antwortete Keira, die anscheinend über mehr politische Reife verfügte als ich.
»Gut, wir dürfen auch nicht zu schwarz sehen«, warf Walter ein. »Es besteht natürlich auch die Möglichkeit, dass wir für unschuldig erklärt werden. Wer allerdings so weit geht, einen Geistlichen zu töten, wird auch keine Skrupel haben, unbequeme
Zeugen zu beseitigen. Wenn unsere Gesichter auf den Titelseiten zu sehen sind, fürchte ich um unser Leben.«
»Und das nennen Sie ›nicht zu schwarz sehen‹?«
»Nun, wenn Sie unbedingt das volle Ausmaß der Katastrophe hören möchten, kann ich Ihnen auch von unseren jeweiligen beruflichen Perspektiven erzählen. Was Keira angeht, so rechnen Sie zu dem Tod des Dorfältesten den Mord an dem Priester hinzu, und ich könnte wetten, dass sie nicht so schnell in ihr Omo-Tal zurückkehrt. Was uns betrifft, Adrian, so können Sie sich selbst ausmalen, wie die Ratsmitglieder der Akademie reagieren werden, wenn wir in eine derart makabre Geschichte verwickelt sind. Glauben Sie mir, wir haben keine andere Wahl, als zu versuchen, all das zu vergessen und abzuwarten, bis sich die Lage beruhigt hat.«
Nach Walters letzten Worten sahen wir uns eine Weile schweigend an. Die Dinge würden vielleicht von selbst ins Lot kommen, aber wir wussten alle drei, dass keiner von uns diesen furchtbaren Morgen vergessen würde. Ich brauchte nur die Augen zu schließen, um wieder den Blick des Geistlichen zu sehen, der quasi in meinen Armen gestorben war - ein Blick, der voller Frieden war, während er sein Leben aushauchte. Ich erinnerte mich an seine letzten Worte: »Die verborgenen Pyramiden, das Wissen, der andere Text. Wenn Sie ihn irgendwann finden, lassen Sie ihn ruhen, ich flehe Sie an!«
London
»Adrian, du sprichst im Schlaf.«
Ich zuckte zusammen und richtete mich auf.
»Entschuldige«, murmelte Keira, »ich wollte dich nicht erschrecken.«
»Ich muss mich entschuldigen, wahrscheinlich hatte ich einen Albtraum.«
»Aber du hast Glück, du hast wenigstens geschlafen, ich habe kein Auge zugetan.«
»Du hättest mich früher wecken sollen.«
»Es war schön, dir beim Schlafen zuzusehen.«
Das Zimmer war in Halbdunkel getaucht, und es war viel zu warm. Ich stand auf, um das Fenster zu öffnen. Keiras Blick folgte mir. Lächelnd schob sie ihre Decke zurück und entblößte im Dämmerlicht ihren Körper.
»Komm wieder ins Bett«, sagte sie.
Ihre Haut schmeckte nach Salz, ihre Brüste verströmten einen zarten Duft nach Amber und Karamell, und ihr Nabel war so fein, dass meine Zunge gerne darin verweilte. Meine Finger strichen über ihren Bauch, und meine Lippen wanderten weiter hinab. Keira schlang die Beine um meine Schultern, ihre Füße liebkosten meinen Rücken. Sie legte die Hand auf mein Kinn und führte meine Lippen zu ihrem Mund. Durch das geöffnete Fenster
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