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Am Fluss des Schicksals Roman

Titel: Am Fluss des Schicksals Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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bedachte sie mit einem Blick, der besagen sollte, dass es ziemlich naiv war, einer Dirne Gehör zu schenken. »An dem Tag, als Sie hier die Kleider anprobiert haben, war mir nicht wohl. Ich bin in den Wechseljahren, da kommt so etwas schon mal vor. Ihr Muttermal hat für mich keinerlei Bedeutung. Es hat eine ungewöhnliche Form, aber mehr auch nicht ...«, sagte sie mit gleichgültigem Schulterzucken.
    Francesca wurde einfach nicht schlau aus dieser Frau. Seit Regina das Muttermal gesehen hatte, legte sie ihr gegenüber ein völlig anderes Verhalten an den Tag. Das war bestimmt kein Zufall, und es hatte sicher auch nichts mit den Wechseljahren zu tun. »Aber in Ihren Augen bin ich nicht die passende Frau für Monty.«
    »Genau«, erwiderte Regina mit mehr Vehemenz, als sie beabsichtigt hatte.
    Francesca errötete und senkte den Blick auf ihre Hände. »Weil Sie mich nicht mögen, oder weil ich eine Schifferstochter bin?«
    »Spielt das eine Rolle?«, entgegnete Regina.
    »Für mich schon«, sagte Francesca.
    Regina stieß einen Seufzer aus. Hätte sie nicht entdeckt, wer Francesca tatsächlich war, hätten die Dinge einen tragischen Verlauf genommen. »Ich habe für Monty eine andere Frau vorgesehen. Eine junge Dame, die aus ähnlichen gesellschaftlichen Verhältnissen stammt wie er«, log sie und fügte in Gedanken hinzu: Wenn es diese Frau doch nur gäbe!
    Schlagartig wurde Francesca bewusst, dass ihr Vater Recht hatte. Die Radcliffes selbst bestimmten die zukünftige Frau ihres Sohnes.
    »Wir können Sie nicht als Montys zukünftige Ehefrau akzeptieren, Francesca. Deshalb möchte ich Ihnen nahe legen, ihm mit Abweisung zu begegnen.«
    »Aber er hat mir seine Gefühle offenbart. Er hat mich sehr gern ...«
    Regina konnte ihre Emotionen kaum noch unterdrücken. »Sie werden mit meinem Sohn keine Verbindung eingehen, verstanden?« Sie erhob sich und starrte mit kaltem Blick auf Francesca herab. »Mag sein, dass Sie eine gewisse Erziehung genossen haben, aber das ändert nichts daran, dass Sie für Monty nicht geeignet sind. Frederick und ich wünschen, dass er eine Frau aus gutem Hause heiratet, eine Dame aus der Gesellschaft. Sie sind zwar recht hübsch«, sagte sie unwillig, »aber Sie haben keinen Stil, geschweige denn gutes Benehmen. Man kann aus einem Klepper nun mal kein Rassepferd machen. Offen gesagt, würden Sie unsere Familie blamieren.«
    Francesca hatte das Gefühl, eine schallende Ohrfeige bekommen zu haben. »Nichts von alledem ist für Monty von Bedeutung«, brachte sie hervor, während sie gegen die Tränen kämpfte.
    Reginas Augen wurden schmal. »Er spielt nur mit Ihnen, Francesca. Er hat seinen Spaß mit Ihnen. Heiraten aber wird er eine Frau, die von standesgemäßer Herkunft ist. Ich dachte, Sie wären gebildet genug, um wenigstens das zu erkennen.«
    Francesca konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. Sie sprang auf und stürmte aus dem Zimmer.
    Regina ließ sich wieder auf den Stuhl sinken. »Hoffentlich haben wir sie zum letzten Mal gesehen«, murmelte sie. Sie musste ihr Geheimnis wahren, koste es, was es wolle, und sie durfte trotz ihrer Grausamkeit keine Schuldgefühle haben. Vor allem konnte sie sich keinerlei Mitgefühl mit Francesca erlauben.
    Ihre Gedanken wanderten zu Silas Hepburn. Sobald es ihr gelungen war, Francescas Ruf nachhaltig zu ruinieren, hatte er bestimmt keine Heiratsabsichten mehr.

15
    D ie Fahrt zurück nach Echuca verflog hinter einem Tränenschleier. In ihrem ganzen Leben hatte Francesca noch keine solch tiefe Kränkung erfahren. Sie konnte nicht begreifen, dass Regina ihr so abscheuliche Dinge sagte. Monty war zu bedauern, dass er eine solch grausame Mutter hatte.
    Je mehr Francesca über Regina nachdachte, umso glücklicher schätzte sie sich, liebevolle und gütige Eltern zu haben. Sie verspürte tiefe Dankbarkeit für die Liebe, die Mary und Joe ihr entgegengebracht hatten. Nie zuvor hatte sie ihre Mutter schmerzlicher vermisst, und sie sehnte sich nach ihrer tröstenden Umarmung.
    »Ich will Regina Radcliffe niemals wiedersehen«, sagte sie schluchzend. Und was Monty betraf, würde sie ihm von nun an aus dem Weg gehen. Sie konnte ihm nicht anvertrauen, was seine Mutter zu ihr gesagt hatte – es war zu demütigend. Sie konnte es niemandem anvertrauen.
    Francesca brachte das Pferd und die Kutsche zum Mietstall zurück und machte sich aus dem Staub, bevor Henry Talbot oder der junge Flann das Wort an sie richten konnten. Sie eilte gerade über die High Street,

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