Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)
Augenblick, Bill. Mein Gespräch mit dem Mann hat vielleicht zwei Minuten gedauert. Er war gestresst. Hatte Schuldgefühle wegen irgendetwas. Aber ich habe nichts gesagt oder getan, das ihn so weit getrieben haben könnte.« Da war ich sicher. Einigermaßen sicher.
»Schuldgefühle! Weshalb? Weil er mit einem Kunden in Atlantic City gewesen ist? Wollen Sie das wirklich behaupten?«
Mich gerade zu machen und zu wehren schien auch keine siegreiche Strategie zu sein.
»Diese Leute – die ganze Truppe – hatte irgendwas Illegales am Laufen. Wenn ich darauf gestoßen bin, wird die Börsenaufsicht es genauso herausfinden.«
»Es geht hier um ganz andere Dimensionen, Jason. Wenn stimmt, was Sie mir erzählt haben, dann muss ich sagen, das ist alles so unbedeutend, dass es mich wundern würde, wenn sich irgendjemand dafür interessiert! Und selbst wenn – Sie sagen selbst, dass Sie außer diesen Kalendernotizen keinerlei Beweis haben. Obendrein sollen diese Notizen auch noch in so etwas wie einem Code verfasst sein, von dem Sie behaupten, Sie hätten ihn entschlüsselt. Wo ist Ihr Beweis? Welchen Weg hat das Geld genommen? Wo sind die Summen, die da geflossen sein sollen?«
In der Post. Nur um das zweifelhafte Vergnügen zu haben, dass Stockman mir glaubte, würde ich nicht über zweihunderttausend Dollar herausrücken.
»Ich bin noch nicht fertig«, sagte ich. »Sollten die Börsenermittlerauch Einsicht in die Bücher von Arrowhead nehmen, werden sie die Trades von beiden Seiten betrachten und sich einen Reim darauf machen.«
»Wenn Sie darüber hinaus nichts haben, ist diese Firma nicht in Gefahr.«
So weit Stockmans Fazit.
»Wollen Sie, dass ich wegen Barrington etwas unternehme? Soll ich mit dem Vater sprechen?«
Er wedelte mit der Hand, als müsse er eine lästige Mücke verscheuchen. »Nein. Lassen Sie das bleiben. Wie gesagt, es geht hier um andere Dimensionen, und ich habe heute ohnehin schon zu viel kostbare Zeit für diese Sache geopfert.«
14
»Ich kapier’s nicht«, sagte Roger.
Vinny sah zu mir herüber und verdrehte die Augen.
»Nein, hör doch mal«, fuhr Roger fort. »Du erzählst mir, er ist ein Betrüger, aber ich kann nicht erkennen, wer bei der Sache verliert.«
Wir standen zu dritt an Vinnys Ecke des Tresens und unterhielten uns mehr oder weniger im Flüsterton. Ich hatte versucht zu erklären, woran ich gerade arbeitete – natürlich ohne die Namen Beteiligter zu nennen.
Vinny drehte sich um und hob zu einer Erklärung an. »So kompliziert ist das gar nicht. Es ist das Gleiche, wie wenn irgendein kleiner Dummkopf seinen Chef beklaut. Wenn zum Beispiel ein Barkeeper deinen Drink nicht in der Kasse registriert und stattdessen mehr Trinkgeld einsteckt.«
Roger warf verstohlen einen Blick in Rollies Richtung.
»So ist es nicht.«
Ich mischte mich wieder ein. »Ein Händler schuldet seinem Haus Loyalität. Dort wird er ausgestattet mit allem, was er für seine Arbeit braucht, mit Computern, Informationsquellen und Wagenladungen Geld. Letztlich geht er den ganzen Tag Wetten ein – indem er kauft und verkauft. Er soll billig einkaufen und teuer verkaufen. Das ist alles. Er arbeitet für die Firma und wird von ihr bezahlt.«
»Aber diese Typen wollten mehr«, sagte Vinny.
»Also denken sie sich etwas aus«, fuhr ich fort. »Sie gebendiesem Hedgefonds, dessen Name hier nichts zur Sache tut, eine Art Garantielos. Locked-in-Gewinne. Und im Gegenzug zahlt der Kerl, der den Hedgefonds verwaltet, ihnen Schmiergeld.«
»Wer in dem Spiel der Verlierer ist, hast du mir immer noch nicht erklärt.«
Vinny warf theatralisch die Hände hoch. »Die Firma, Roger!«
»Hin und wieder kauft der Händler teuer ein und verkauft zu einem niedrigen Preis«, erklärte ich. »Der Hedgefonds profitiert von diesem beabsichtigten ›Fehler‹. Die Firma erleidet einen – kleinen – Verlust.«
»Und das ist illegal? Ich dachte, das läuft alles unter ›freier Markt‹.«
»Es ist Betrug«, sagte ich.
»Diebstahl«, fügte Vinny hinzu.
»Solange die Händler für ihre Firma Geld machen, schert es niemanden, wenn es bei einem Trade auch mal einen kleinen Verlust gibt – das ist ja gerade das Schöne an der ganzen Gaukelei.«
»Über wie viel Geld reden wir hier eigentlich?«, fragte Roger.
»Nach den Aufzeichnungen ging es bei den meisten Trades um jeweils zwei- bis zehntausend«, antwortete ich.
»Also um Taschengeld, richtig? Diese Typen werfen doch täglich mit Millionen
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