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Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)

Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Sears
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auf eine Weise, die dir und mir nicht gegeben ist. Vielleicht bereiten sie sich auf eine digitale Welt vor, eine virtuelle Welt, einen Ort, an dem Stringtheorie und Nanotechnologie sich so vereinigen, wie wir anderen es uns noch nicht einmal vorstellen können. Einen Ort, an dem die Fähigkeit, von einem menschlichen Gesicht Emotionen abzulesen, vollkommen überflüssig ist, evolutionsmäßig gesehen ein Überbleibsel, wie ein Blinddarm.«
    Ich wusste nicht, was mich zu diesem Redeschwall getrieben hatte. Den ganzen Tag lang geisterten Überlegungen dieser Art durch die Hinterstuben meines Denkens. Manchmal war mir, als hätte ich sie geträumt – aber ich sprach nie darüber. Mit niemandem. Bis auf jetzt mit Skeli. Schon zum zweiten Mal.
    »Entschuldige.« Ich wollte aufhören.
    »Nein, das ist in Ordnung. Sprich weiter.«
    »Andererseits schlägt der Highway der Evolution viele Haken, und es passieren gravierende Fehler. Auf jedes Genie kommen reihenweise Kinder, die ihr ganzes Leben in Anstalten verbringen.« Ich legte eine Pause ein und atmete ein paar Mal tief durch. »Zu denen gehört mein Junge nicht. Jetzt jedenfalls. Aber ich bin ständig in Sorge. Jeden Morgen, wenn ich ihn zur Schule bringe, sehe ich solche Kinder. Und ich sehe die Eltern. Manche sind regelrecht gebrochen, manche wütend, manche beschäftigen sich zwanghaft mit irgendwelchen Diäten oder Impfungen oder Bestandteilen von Putzmitteln, immer auf der Suche nach einer Ursache, nach einer Erklärung dafür, warum ihr Kind so ist, wie es ist. Natürlich gibt es auch einige, die entspannt sind, die sich freuen können, die jeden Augenblick, in dem ihnen ein Kontakt mit ihrem fremden Kind möglich ist, als Geschenk auffassen. Ich frage mich, zu welcher Sorte Eltern ich wohl in fünf oder zehn Jahren gehören werde.«
    Skeli nahm meine Hand. Das half.
    »Was weiß ich schon? Ich mache das gerade mal seit zwei Wochen! Und ich habe ständig mit dieser Pinocchio-Vorstellung zu kämpfen, sie geht mir einfach nicht aus dem Kopf. Weißt du? Die Stelle am Ende, an der er sich in einen richtigen Jungen verwandelt? Natürlich weiß ich, dass das verrückt ist. Falsch. Es ist meine Aufgabe, ihn so aufzuziehen, dass er er selbst sein kann. So, wie man es mit jedem Kind tut. Nur sind bei ihm die Möglichkeiten, was aus ihm eines Tages werden könnte, ungleich beängstigender.«
    Ich jagte ihr Angst ein, da war ich sicher. Es war zu viel. Zu schnell. Trotzdem hielt sie meine Hand noch zwischen ihren. Sie gab sich mühe.
    Nun schaute sie ihn wieder an. Er schaukelte nicht mehr. Seine Lider flatterten. Er kam langsam zu sich.
    »Er hat wirklich Glück, der kleine Mann. Dass er so einen Vater hat.«
    Einen Moment lang fehlten mir die Worte. Freundlichkeit ging mir an die Nieren. Ich hatte mich daran gewöhnt, ohne auszukommen.
    »Danke«, krächzte ich schließlich. »Aber ich glaube, ich bin derjenige, der Glück hat.«
    »Ketchup!«
    Wieder zuckte Skeli zusammen, doch sie erholte sich schnell und reichte ihm die Flasche.
    »Entschuldige. Normalerweise mache ich das nicht. Eigentlich bin ich eher der reservierte, ruhige Typ. Ich weiß nicht, warum ich jedes Mal, wenn wir uns sehen, meine innersten Gedanken und dunklen Geheimnisse bei dir ablade.«
    Sie gab ein ersticktes Lachen von sich. »Ich glaube, das ist eins der nettesten Komplimente, die ich je bekommen habe.«
    »Oh, Scheiße«, entfuhr es mir. Auf Kids Teller hatte sich ein Ketchup-See gebildet, der soeben über die Ufer trat. Erselbst war fasziniert von dem langsamen Herabtropfen der roten Flüssigkeit aus der Flasche und bekam gar nicht mit, wie das Zeug sich auf dem Tisch ausbreitete.
    Skeli folgte meinem Blick, und ohne ein Wort zu sagen – oder zu überlegen –, griff sie nach der inzwischen fast leeren Flasche.
    »Oh, nein ...«, sagte sie.
    »Das würde ich nicht ...«, sagte ich.
    »NNNNNRRRRGGG!«, schrie Kid, und schon war ein Tauziehen um die Flasche entbrannt. Skeli verlor. Die Flasche flog weg und sprühte rote Sprenkel über Wand und Decke.
    Ich langte nach dem Teller mit den Pommes frites. Zu spät. Mit einer schwungvollen Armbewegung fegte Kid die in Ketchup schwimmenden Fritten vom Tisch.
    »Nein, Kid! Nein !« Ich drang nicht zu ihm durch. Sein Kreischen hätte Atome spalten können, sein Körper schien zu explodieren – er schlug und trat um sich, knirschte mit den Zähnen, kratzte uns beide.
    Die Taxifahrer starrten zu uns herüber. Bestimmt fragten sie sich, wieso diese

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