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Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition)

Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition)

Titel: Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kylie Fitzpatrick
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die Überreste ihrer Morgengrütze in den Schoß gekippt. Ein Ungeschick, versicherte sie mit bösem Blitzen in den Augen. Rhia reagierte nicht sofort. Sie merkte Noras Enttäuschung, dass ihr Opfer sitzen blieb, ruhig und still, während die klebrige, schleimige Grütze ihre Kleidung durchweichte. Als Nora mit dem Tellerstapel die Leiter hinauf verschwand und gerade niemand hinsah, legte Rhia ihre Schürze ab und kippte die Sauerei in Noras Hängematte. Sie wartete noch auf einen Gegenangriff.
    Heute Morgen war Agnes mitten in einer weiteren Bordellgeschichte, als Rhia sich setzte. Nora und Agnes schauten sich an, und daran, wie Agnes’ Augen schmal wurden, konnte Rhia erkennen, dass sie in Stimmung für Streit war. Vermutlich schmollte sie, weil sie ihren Liebhaber nicht treffen durfte. Sie warf Rhia einen giftigen Blick zu, stockte jedoch kaum in ihrer Erzählung.
    »Die Besitzerin von diesem Establishment Madam Mahoney fand sich selber ganz toll und was Besseres als diese dreckigen Straßendirnen, aber sie war ’ne Schlampe, die’s mit ’nem Esel treiben würde, wenn der ihr den halben Penny zahlen würde.« Das wurde von Gelächter quittiert, und Rhia hielt den Kopf über ihrem Frühstück gesenkt.
    »Sei kein Biest, Agnes.« Es war Margaret. »Sie hat dir nichts getan.« Margaret lag immer noch in ihrer Hängematte, aber ihr bleiches Gesicht schaute über den Rand heraus, und als sie Rhias Blick bemerkte, zwinkerte sie, ehe sie sich stöhnend umdrehte. Einen Augenblick später saß sie jedoch aufrecht, mit über den Rand baumelnden Beinen, in ihrer Hängematte und betrachtete den Boden, als würde sie sich fragen, ob sie es so weit schaffen würde.
    Alle sahen zu, als Margaret aufstand und rasch nach dem Regal neben ihrem Bett griff, um sich festzuhalten. »Jesus, Maria und Josef, meine Beine sind aus Gummi.«
    »Du sollst nicht fluchen, Dickson«, blaffte Jane, die in letzter Zeit fromm geworden war.
    Margaret brauchte mehrere Minuten, um an den Frühstückstisch zu kommen. Dabei stolperte sie zweimal, doch sie scheuchte Nelly weg, als diese versuchte ihr zu helfen.
    Margaret aß nichts, war jedoch betont fröhlich. Man konnte sie nicht länger als mollig bezeichnen, und ihre Lippen hatten einen weißen Schimmer. Im sauerstoffarmen Bauch des Schiffes zu schlafen war so schon ungesund genug, ohne auch noch krank zu sein. Der Arzt Mr Donovan sagte, Margaret habe noch etwas anderes außer der Seekrankheit, aber er sagte nicht genau, was. Vielleicht wusste er es selbst nicht.
    Die Temperaturen und der Gestank nahmen gleichermaßen zu. An einem Ende des Laderaumes befanden sich einhundertfünfzig ungewaschene Körper, am anderen das Vieh. Der Abfluss jeglichen Abfalls sammelte sich in der Bilge. Bilge , das war ein passender Name für den am tiefsten liegenden Innenraum des Schiffsbauchs. Rhia hatte die Funktion der Bilge rasch durchschaut, genau wie Albert es prophezeit hatte. Von den Küchenabfällen des Kochs, über Pomade und Hygieneartikel, bis hin zum Überlauf der Wasserklosetts schwappte alles unter dem Frachtraum herum.
    Sobald die Morgenpflichten erledigt waren, wartete Rhia mit Margaret, bis alle anderen die Leiter hinaufgeklettert waren. Margarets Gang war langsam und vorsichtig, als müsse sie sich erst wieder daran gewöhnen, in einer sich bewegenden Welt aufrecht zu sein. Als sie das obere Ende der Leiter erreichten, hielt sie einen Moment inne und blinzelte in das weiße Licht, das auf der See tanzte. Sie hielt Rhias Arm fest umklammert.
    »Ich hab ja immer gesagt, die Reichen gehen närrisch mit ihrem Geld um, und das ist der Beweis. Stell dir mal vor, aus Vergnügen eine Seereise zu machen, oder um sich von einer Krankheit zu erholen!«
    Rhia lachte. »Ich habe dich vermisst, Margaret.«
    »Oh, ich weiß«, gab Margaret zurück. »Ich habe Ohren. Ich weiß, was die so treiben, und ich sehne mich seit Wochen nach genug Kraft, um Agnes eine zu verpassen. Irgendeiner muss es ja tun. Aber sie hat gerade ihre Monatszeit, und das macht’s schlimmer. Ich warte noch einen Tag oder zwei.« Es hatte dauernd Beschwerden über die Folgen gegeben, die das Waschen von Kleidung in Meerwasser hatte. Der Stoff wurde steif von getrocknetem Salz und rieb auf der Haut. Fast alle Frauen, einschließlich Rhia, hatten inzwischen ihre Regel gehabt und ihre Kleider waschen müssen, und deshalb unter den Konsequenzen zu leiden. Nur wenige im Trupp ersparten den anderen ihre privaten Unpässlichkeiten. Alles diente zur

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