Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition)

Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition)

Titel: Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kylie Fitzpatrick
Vom Netzwerk:
das bekloppte Dienstmädchen von Mrs Blake im Gepäck habe?« Margarets verschwörerischer Tonfall ließ Rhia sofort hellwach werden.
    »Natürlich erinnere ich mich.« In Wirklichkeit hatte sie es fast vergessen. Vermutlich hatte Margaret es sich anders überlegt, was das Hüten von Juliettes Geheimnis betraf.
    »Was würdest du sagen, wenn ich dir erzähle, dass es sich dabei um nicht mehr als ein leeres Stück Pergament handelt?«, flüsterte sie.
    »Ist das so?«
    Margaret zuckte mit den Schultern. »Nicht laut Juliette, wobei ich mir nicht vorstellen kann, wie sie auf die Idee kommt, dass ein leeres Stück Pergament ein Porträt verbirgt. Ich habe über das Versprechen nachgedacht, das ich dieser Bekloppten gegeben habe, aber ich glaube jetzt, dass ich damit bloß meine Zeit verschwende. Ich meine, was sollen die Quäker-Damen in Sydney denken, wenn ich ihnen so etwas gebe?«
    Rhia runzelte die Stirn. Bei dem Pergament konnte es sich nur um ein fotogenes Negativ handeln. War es eins von Laurence? »Aber warum will Juliette, dass die Quäker es bekommen?«
    »Damit sie es ihrer Mutter geben.«
    »Dann ist Juliettes Mutter in Sydney?«
    »So isses«, erwiderte Margaret. »Und zwar seit mehr als zehn Jahren. Was wäre, wenn du deiner Mutter so was schicken würdest? Das würde ihr doch das Herz brechen, ein Papier mit nix darauf zu bekommen.«
    Rhia versuchte immer noch, die Dinge zusammenzustückeln. »Sie hat ihrer Mutter also keinen Brief geschrieben?«
    »Sie kann nicht schreiben. Ist im Arbeitshaus aufgewachsen, das närrische Ding. Aber ich hätte es nie nehmen sollen, also bin ich genauso närrisch.«
    Was hatte Juliette da vor? »Darf ich es mal sehen?«, bat Rhia.
    Margaret zuckte mit den Schultern. »Warum auch nicht. Dann muss ich die Entscheidung wenigstens nicht selber treffen. Ich zeig’s dir nach dem Abendessen.« Sie sah hinauf zur Sonne. »Fast schon Mittagessenszeit, und dann machst du dich auf die Socken zu Reeve. Glaubst du, die Botany Bay ist voller Botaniker?«
    Der Gedanke brachte Rhia zum Lächeln. »Das will ich mal nicht hoffen. Es ist schwer vorstellbar, dass es dort viel Botanik gibt. Ich weiß nicht, was Mr Reeve dort zu finden erwartet. Ich habe ein Bild von Australien gesehen, schaut nach einem ziemlich farblosen Ort aus.«
    Margaret zuckte mit den Schultern. »Mir egal.« Sie zeigte auf die Streifen Patchwork, die sich um sie herumschlängelten. »So viel Farbe habe ich in zwei Jahren nicht gesehen, und mir tun die Augen weh davon.«
    Als sie nach unten zum Mittagessen gingen, steuerte Margaret direkt ihre Hängematte an und erklärte, die viele Sonne habe sie erschöpft. Rhia bemühte sich, das eingelegte Fleisch zu essen, das der Koch des Eintopfs würdig befunden hatte, und verließ den Schiffsbauch so schnell wie möglich wieder.
    Mr Reeves Arbeitszimmer befand sich auf dem Oberdeck, in der Nähe seiner Kajüte. Als sie eintrat, saß er gerade über seinen Tisch gebeugt, die kleine Brille mit dem Drahtgestell schief auf der Nase. Die Kajüte, die er als zu klein bezeichnete, besaß ein Stockbett und war viermal so groß wie Rhias Kammer. Außerdem gab es wesentlich mehr Regale. Sowohl auf den Betten als auch auf den Regalen stapelten sich seine kleinen Holzschachteln.
    »Guten Tag, Mahoney.« Er hatte sich bei Miss Hayter abgeschaut, sie so zu nennen, und es schien ihm Spaß zu machen. Er blickte nicht von seinem dicken, lateinischen Botanikbuch auf. »Machen Sie einfach da weiter, wo wir gestern aufgehört haben.«
    Sie brauchten kaum miteinander zu sprechen, abgesehen von Oberflächlichkeiten, was Rhia gut passte. Es war ihre Aufgabe, seine kommentierten Zeichnungen zu konsultieren, aus denen sie entnehmen konnte, zu welcher Familie oder Kategorie ein Exemplar gehörte, und dann ein Abteil in einer Schachtel dafür zu beschriften. Es war dabei extrem hilfreich, dass sie viele der eher gewöhnlichen Pflanzen und Kräuter aus den Büchern von Nicholas Culpeper kannte. Nur selten gelang es ihr, fremdländische Heilkräuter Mr Reeves schrecklichen Zeichnungen zuzuordnen. Manchmal hatte sie ihn bitten müssen, ihr zu bestätigen, dass es sich bei dem Exemplar, das sie in der Hand hielt, um dasselbe handelte wie auf seiner Illustration.
    Den Großteil ihrer Arbeit verbrachte sie kniend auf dem harten Holzboden, über stachelige Samenkapseln und zarte, papierdünne Blätter gebeugt. Heute handelte es sich um getrocknete Gänseblümchen aus Amerika und Wachsblumen aus Tahiti, sowie

Weitere Kostenlose Bücher