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Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition)

Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition)

Titel: Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kylie Fitzpatrick
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Hastig kletterte sie aus der Hängematte und suchte ihre Kappe, um die geschorenen Haare zu verbergen. Sie waren ein wenig nachgewachsen, aber das Waschen in einem Eimer Salzwasser machte sie nicht gerade schöner. Rhia öffnete die Tür. Es war Laurence.
    Sie standen sich gegenüber und sahen sich an. Schließlich trat er in ihre Kajüte, und Rhia schloss die Tür. Im Dunkeln umarmte er sie, als sei es die natürlichste Sache der Welt. Seine Lippen berührten die ihren so sacht, dass sie sich nicht einmal sicher sein konnte, ob er sie wirklich geküsst hatte. Ihr schien es beinahe unvorstellbar, dass sie gerade in den Armen von jemandem lag, dem wichtig war, was mit ihr passiert war.
    Rhia wandte sich ab, um ihre Verwirrung zu verbergen und mit der Schürze ihre Tränen zu trocknen. Dann suchte sie in ihrer Tasche nach einer Wachskerze und den Streichhölzern. Sobald diese angezündet war, fühlte sie sich plötzlich befangen. Lediglich ein Meter breit Fußboden trennte sie von Laurence.
    »Wir sind ganz schön weit weg von der Cloak Lane«, sagte Laurence.
    »Das sind wir«, stimmte sie ihm zu.
    »Antonia würden deine neuen Quäker-Farben gefallen, aber du bist dünn geworden …«
    »Das Essen ist furchtbar. Jemand sollte sich beschweren. Ich vermisse Beths Ingwerkuchen ganz schrecklich.«
    Laurence betrachtete sie mit einem Gesichtsausdruck, den sie nicht deuten konnte.
    »Es ist gut, dass du ausgerechnet heute Abend vorbeikommst«, sagte sie schnell. »Ich muss dir nämlich etwas zeigen.« Sie nahm das Pergament aus seiner Hülle.
    Laurence brauchte nur einen Schritt vorzutreten, um es sich genauer ansehen zu können. Rhia hielt vorsichtig die Kerze darüber. Für sie sah es aus wie ein Stück Papier mit glänzender Oberfläche, wie polierte Baumwolle.
    Laurence wirkte verwirrt. »Wo um alles in der Welt hast du ein fotogenes Negativ her?«
    »Ich hatte schon vermutet, dass es sich darum handeln könnte.«
    »Es sieht aus, als wäre es schon einmal dem Licht ausgesetzt gewesen, aber das ist bei dieser Beleuchtung schwer zu sagen.«
    »Ich weiß nicht mehr, was das bedeutet.«
    »Wenn ein Negativbild in die Chemikalien ›eingebrannt‹ wurde, mit denen man das Pergament behandelt hat, dann nimmt es eine bestimmte schemenhafte Qualität an, ein bisschen wie ein Wasserzeichen.«
    »Das war mir nicht aufgefallen.«
    »Dein Auge ist darauf ja auch nicht geschult. Wo hast du das her?«
    Rhia berichtete ihm, was Margaret ihr erzählt hatte, und er schüttelte den Kopf. Im flackernden Kerzenlicht wirkte sein Gesicht fast unheimlich. »Das ist sehr seltsam, Rhia.« Sie mochte es, ihren Namen ausgesprochen zu hören. Sie war nun so lange bloß Mahoney gewesen. »Hat deine Freundin Margaret sonst nichts gesagt?«, wollte er wissen.
    »Sie weiß etwas, aber sie will mir nicht sagen, was es ist. Sie soll für Juliette ein Geheimnis bewahren.«
    Das Knarren einer Holzbohle draußen ließ beide erstarren. Rhia hielt den Atem an. Kurz darauf war ein Geräusch auf der hinteren Treppe zu hören, wie Schritte.
    »Glaubst du, jemand hat dich gesehen?«, flüsterte sie.
    Laurence schüttelte den Kopf. »Ich habe aufgepasst. Ich möchte die Dinge für dich nicht verschlimmern.«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Wie könnten sich die Dinge verschlimmern? Sag mir schnell, wie kommt es, dass du an Bord bist?«
    »Dillon hat mir den Namen deines Schiffes gesagt. Ich hatte das Glück, dass noch ein Passagierplatz frei war – obwohl die Chancen gut standen. Die Sträflingstransporte sind nicht so beliebt wie reguläre Passagierschiffe. Außerdem habe ich dir doch gesagt, dass ich gerne mal Australien sehen möchte. Das Licht dort hat mich schon immer fasziniert. Aber ich hatte einen viel wichtigeren Grund, so kurzfristig aufzubrechen.« Laurence nahm ihre Hand. Sie wollte von ihm getröstet werden, doch sie wusste nicht, bis zu welchem Punkt. Wie konnte sie das wissen? Sie hatte vor vielen Jahren gedacht, dass sie Thomas wollte. Kam Verlangen nur zusammen mit wahrer Liebe? Ihr erschien es doch unwahrscheinlich, wenn man die nächtlichen Stelldichein zwischen Sträflingen und Besatzung bedachte.
    Laurence drückte ihre Hand und ließ sie dann los. »Darf ich das Negativ bis morgen behalten? Ich würde es gerne bei Tageslicht anschauen. Albert bringt es dann zurück.«
    »Natürlich.«
    Er küsste sie erneut und ging.
    Rhia lag eine lange Zeit hellwach in ihrer Hängematte. Ihre Unsicherheit setzte ihr zu. Sie verspürte große Zuneigung

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