Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition)

Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition)

Titel: Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kylie Fitzpatrick
Vom Netzwerk:
Millbank.« Jane sah Rhia ganz komisch an. »Ich war jetzt schon in einigen Gefängnissen und hab viele getroffen, die behaupten, sie hätten das Verbrechen nich begangen. Aber ich kann sehen, dass du keine Diebin bist, Mahoney.«
    Es folgte ein perplexes Schweigen. Rhia musste die ganze Zeit an die Wachskerzen und die Streichhölzer denken, die sie gestohlen hatte. Schließlich schnaubte Nora. »Blödsinn! Auf der Oxford Street wimmelt’s nur so von feinen Damen, die klauen. Mahoney is genauso schuldig wie wir alle hier.«
    »Zieh die Hörner ein, Nora«, schnauzte Margaret sie an.
    Einige löffelten stumm ihre Suppe, andere verließen den Tisch, um sich in ihre Hängematten zu legen oder zu nähen. Nora verfluchte Margaret leise, ließ die Sache jedoch auf sich beruhen. Rhia schob ihre Schüssel weg und sah zu Margaret hin, die ihr zuzwinkerte. Es fühlte sich wie ein kleiner Sieg an.
    Die Temperaturen schienen jeden Tag ein wenig zu steigen. Das Sonnensegel auf dem Achterdeck machte kaum einen Unterschied, denn vor der schwülen, reglosen Luft konnte es sie nicht schützen. Selbst das Führen einer Kupfernadel war anstrengend, und die Schlappheit machte alle Frauen gereizt. Ihre Kleidung war unpassend für dieses Klima. Die Nerven lagen blank. Niemand trug mehr Stiefel, denn es war viel zu heiß, und das Gefühl der Holzplanken unter den bloßen Füßen machte es einfacher, bei rauer See aufrecht zu bleiben.
    Rhias Messe säumte ihren zweiten Quilt für den Markt in Rio. In Kürze würden sie dort einlaufen. Rhia schmerzte es, an Land zu denken. In Greystones würden jetzt Blüten am Weißdorn und den Bartnelken prangen, und der schwere Duft der Teerose würde in der Laube im Küchengarten hängen. Ihre Mutter beugte sich vielleicht gerade über ihre kleinen Thymian- oder Salbeibüschel, wobei ihre Röcke sich in den stacheligen Rosmarinzweigen verfingen. Wenn Mamo da war, würde sie bei ihren kostbaren Schafen sein. Konnten Schafe die Toten sehen?
    Margaret unterbrach Rhias idyllische Vision. »Wie sehr haben uns die netten Damen in Grau doch verwandelt! Die meisten von denen da«, sie wies mit dem Kopf auf den Kreis der Nähfrauen, »haben in ihrem Leben noch nicht einen ehrlichen Penny verdient, und hier sitzen wir nun und arbeiten friedlich zusammen.«
    »Mehr oder weniger friedlich«, stimmte Rhia ihr zu, da sich Jane und Georgina schon wieder von entgegengesetzten Enden der Plane anfunkelten. Heute Morgen war niemand besonders gut gelaunt, was an der Hitze liegen konnte oder an der Eigenschaft des monatlichen Fluches, sich so einzustellen, dass fast alle weiblichen Wesen zur selben Zeit gereizt waren.
    Es hatte keinen Sinn, in Ruhe mit Margaret reden zu wollen, ehe der Tratsch begann oder ein halbnackter Seemann auftauchte. Rhia kontrollierte ihre eigene Näharbeit. Der geometrische schwarz-rote Leinenstoff musste von einem Kostümschneider am Theater stammen, denn einen solch kühnen Druck hatte sie noch nie zuvor gesehen. Auf beiden Seiten davon waren Muster, die so vertraut waren, dass es sich dabei um alte Mahoney-Drucke hätte handeln können. Sie hatte einst Stunden damit verbracht zuzusehen, wie die Druckwalze in der Dubliner Fabrik Länge um Länge jungfräulichen Leinens mit einer Tätowierung neuer Mineralfärbungen versah. Seit zehn Jahren wurden nun farbechte Färbestoffe verwendet. Damals hatten die glänzenden, klappernden Maschinen sie fasziniert. Die große Erwartungshaltung an alles Moderne hatte sie angesteckt. Nun fiel es schwer, die Maschinen nicht für das Schicksal derer um sie herum verantwortlich zu machen.
    Die Frauen lachten über eine Bemerkung Noras zu Miss Hayters neuer Frisur. Es stimmte, dass ihre Oberin sich in letzter Zeit mit ihrer Erscheinung besondere Mühe gab. War es möglich, dass auch sie einen Matrosen hatte? Es war eine gute Gelegenheit, um Margaret von Laurence und dem Negativ zu erzählen.
    Margarets Augen wurden immer größer. »Dein Gentleman-Bekannter kann mit dem Ding machen, was er will, vorausgesetzt, ich bekomme es zurück, wenn wir in Sydney anlegen. Der Teufel soll mich holen, ich weiß nicht, was mich mehr überraschen soll!« Margaret schlug sich plötzlich die Hand vor den Mund. Sie sah aus, als sei ihr gerade etwas Unangenehmes eingefallen.
    »Was ist denn, Margaret?«
    »Jetzt kann ich den Rest vom Geheimnis auch nicht mehr für mich behalten, oder?«, sagte sie leise. »Das wird natürlich noch mehr Unsinn sein.« Sie wirkte unentschlossen, doch

Weitere Kostenlose Bücher