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Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition)

Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition)

Titel: Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kylie Fitzpatrick
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waren. Darauf seufzte er schwer, als sei er von mir enttäuscht, setzte seine Brille wieder auf und erklärte, er stünde mir jederzeit zur Verfügung, falls ich reden wolle! Dabei ist er der Letzte, dem ich mich anvertrauen würde. Er wird dreist und neugierig, aber das Katalogisieren macht mir Spaß – es ist interessant, und es ist mein einziger Kontakt mit irgendeiner künstlerischen Tätigkeit. Es ist wie ein dünnes Rinnsal kühles Wasser, und ich bin vor Durst ganz ausgetrocknet.
    Ich habe den Chintz nicht mehr aufgefaltet und auch den wertvollen Bleistift, den Mr Dillon mir nach meiner Verhandlung zugesteckt hat, habe ich nicht mehr in die Hand genommen. Ich bringe es nicht übers Herz zu zeichnen, und bald geht mir die Tinte aus.
    Licht scheint unter meiner Tür hindurch. Ein weiterer Tag.
    Albert wartete im Versteck zwischen den Decks und beobachtete durch den Schacht das Hauptdeck. Es war sein Aussichtspunkt. »Guten Morgen, Mahoney. Ich habe eine Nachricht von Ihrem schicken Herrn. Sagt, er hat ’nen Plan, wie er Sie morgen vom Unkraut befreien kann.« Das war Alberts Spitzname für den Botaniker. »Meinen Sie, einer von denen heiratet Sie?«
    Rhia verdrehte die Augen. »Ich bin nicht der Typ Frau, den man heiratet. Das war ich zuvor nicht, also wird es jetzt erst recht nicht der Fall sein, meinst du nicht auch?«
    »Da wär ich mir nich so sicher. Heiraten is in Australien der schnellste Weg in die Freiheit. Sie werden schon sehen«, widersprach Albert. »Außerdem sehen Sie nich schlecht aus.«
    Rhia lachte und wuschelte ihm spontan durch die Haare, was sie beide überraschte.
    Unten hockte Margaret am Rand ihrer Hängematte und ließ die Beine baumeln. Sie sah furchtbar aus, aber als Rhia auftauchte, lächelte sie. Sie war in der vergangenen Woche zweimal so weit gekommen, doch sobald sie die Füße auf den Boden stellte und aufstand, ging es schief. Alle beobachteten sie. Die Gruppe war sich in wenigen Dingen einig, aber alle wollten Margaret auf den Beinen haben. Sie bewahrte den Frieden und war unablässig fröhlich.
    Wie immer sprachen Jane und Georgina fast nichts miteinander. Ihrem gezischten Wortwechsel beim Frühstück war jedoch zu entnehmen, dass sie beide bei dem Matrosen gelegen hatten, um den sie sich neulich gestritten hatten. Ungefähr die Hälfte der Frauen auf der Rajah hatten inzwischen Stelldichein mit Matrosen. Nervenkitzel und Ungehorsam unterbrachen die Monotonie, und daran waren sie gewöhnt. Mr Wardell konnte nicht überall gleichzeitig sein, deshalb war die Chance, nicht erwischt zu werden, gar nicht so schlecht.
    Margaret stellte einen Fuß auf den Boden und stöhnte auf. Alle waren mucksmäuschenstill. »Verdammt noch mal, jetzt starrt mich doch nicht so an, ich bin keine Zirkusattraktion! Mahoney, hilf mir raus aus diesem elenden Ding.«
    Margaret schaffte es bis zum Tisch und erhielt dafür eine Runde Beifall. Sie war jedoch nicht die Einzige, die ihre Morgengrütze verweigerte. Diese schien jeden Tag dünner zu werden, genau wie die Erbsensuppe, wo immer weniger Erbsen in salziger Brühe herumschwammen. Plötzlich kippte der Boden, und alle fassten nach ihren Schüsseln. Nur eine fiel um, doch Jane sprang gerade noch rechtzeitig aus dem Weg. Ihrer aller Reflexe wurden besser – seit Tagen war keine mehr von einem Schüsselinhalt geziert worden. Margaret lachte. »Seht uns an, wie wir hier alle dasitzen und unser erbärmliches Essen festhalten. Was für ein Anblick! Der Himmel muss ein Ort sein, wo das Land so reglos ist wie der Schwanz eines Predigers.«
    Jane stieß missbilligende Laute aus.
    Nora packte mit ihren fleischigen Händen ihren Napf und führte ihn an die Lippen. Sie schlürfte lautstark und wischte sich anschließend mit dem Handrücken den Mund ab. »Im Himmel gibt es Lamm mit Klößen«, erklärte sie.
    Agnes fügte hinzu: »Und Hasenpastete in Soße.«
    »Und dicke Erdbeeren mit goldgelber Sahne«, sagte Sarah mit hungrigem Blick, »und Cider aus roten Äpfeln.«
    »Manchester-Äpfel«, fügte Margaret hinzu, die aussah, als würde sie sich gleich übergeben. »Jedes Gefängnis wäre mir lieber als dieses elende Schiff – Bridewell eingeschlossen.«
    »Ist Bridewell schlimmer als Newgate?«, erkundigte sich Rhia vorsichtig.
    Margaret öffnete den Mund, als wolle sie antworten, doch Jane schüttelte nachdrücklich den Kopf. »Coventry ist das schlimmste«, meinte sie. »Ich war ein Jahr dort, beim ersten Mal. Größere Nagetiere als die Flussratten in

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