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Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition)

Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition)

Titel: Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kylie Fitzpatrick
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dann seufzte sie. »Juliette hat mir nämlich erzählt, warum sie will, dass ich das Ding an ihre Mutter schicke.«
    Rhia wagte kaum zu atmen, während Margaret auf ihrer Unterlippe herumkaute und offensichtlich mit ihrem Gewissen rang. Schließlich schüttelte sie den Kopf und wandte sich wieder ihrer Näharbeit zu. Sie hatte wohl doch beschlossen, nichts zu verraten.
    Nach dem Mittagessen, als Rhia sich zum Gehen richtete, zog Margaret sie beiseite. »Wenn ich es dir erzähle, habe ich meinen Schwur gebrochen, und ich versuche doch anständig zu sein. Ich habe es Mrs Blake versprochen … Andererseits bin ich eine Diebin und eine Sünderin, also was macht es schon für einen Unterschied? Ich werde drüber nachdenken.«

42
    K OBALT
    Mr Reeve war in Hemdsärmeln und hatte die Hälfte der Knöpfe an seiner Jacke geöffnet. Seine Weste hatte er abgelegt und hielt mit einem Finger den Steg seiner Brille fest, damit sie ihm nicht von der Nase rutschte, während er ihr aus einem Botanikjournal vorlas. Sein helles Haar klebte ihm an der Stirn.
    Rhia sah von ihrem Platz auf, wo sie versuchte, eine Zeichnung zu entschlüsseln, bei der sie noch nicht mal eine Vermutung hatte, um was für eine Pflanze es sich handeln könnte. Schweißperlen liefen ihr unter den schweren Kleidern herunter, und ihre Unterkleider waren feucht. Sie hielt es nicht länger unter ihrer Kappe aus und kümmerte sich nicht länger um den Zustand ihrer Haare. »Aha«, sagte sie, gab sich allerdings nicht die Mühe, interessiert zu klingen.
    »Hier steht, dass man in New South Wales phormium tenax gefunden hat! Aber ich schätze, Sie wissen nicht, was das ist …«
    »Flachs«, erwiderte sie und war zufrieden, als er enttäuscht wirkte.
    »Sie verblüffen mich immer wieder, Mahoney. Aber hier steht etwas, das selbst Sie noch überraschen könnte. Der Naturforscher Henry Watson schreibt, er hätte in Sydney viele Exemplare gesehen«, an dieser Stelle lachte Mr Reeve leise, »einschließlich … ich zitiere:
    Bei diesem Anlass hatte ich die Gelegenheit, einige Exemplare der besten Gesellschaft in der Kolonie zu beobachten, und ich suchte vergeblich nach irgendeinem Anzeichen, wodurch ich sie von feinem, vornehmem Umgang in England unterscheiden könnte. Die Ausstattung war modisch, die Damen im Allgemeinen hübsch und elegant zurechtgemacht, und die Herren ebenso ohne Ausnahme in ihrer Kleidung und ihrem Auftreten. Hier, in einem sehr ansprechenden Garten, sah ich die riesige Lilie, die man als die blühende Hauptzierde der australischen Wildnis betrachtet. «
    Mr Reeve wirkte sehr zufrieden, doch Rhia war sich nicht sicher, ob ihn die Aussicht auf Damen, die im Allgemeinen hübsch und elegant zurechtgemacht waren, oder auf die Riesenlilie so erfreute.
    Es klopfte an der Tür.
    Draußen stand Albert. Er reichte Mr Reeve ein Stück Papier und zwinkerte Rhia zu, während der Botaniker mit gerunzelter Stirn die Nachricht las. Albert trat von der offenen Tür zurück, so dass er nicht mehr zu sehen war, doch Rhia vermutete, dass er sich in Hörweite befand.
    Mr Reeve wirkte verärgert, als er die Notiz zusammenfaltete und dabei scharf und mit Nachdruck den Falz entlangfuhr.
    »Mr Blake hat Mr Wardells Erlaubnis erhalten, dass Sie ihm heute Nachmittag assistieren, Mahoney. Er erwähnte dieses Vorhaben gestern beim Frühstück, doch ich nahm an, er würde die Höflichkeit besitzen, mich zuvor zu informieren. Anscheinend sind Sie die einzige Person auf diesem Schiff mit den nötigen Kenntnissen. Ich war mir nicht bewusst, dass Sie auch im fotogenen Zeichnen versiert sind, Mahoney. Sie stecken wirklich voller Überraschungen!«
    Rhia versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, dass auch sie von dieser Expertise nichts gewusst hatte. »Nur ein wenig. Ich … habe in London bei einer Dame gewohnt, … die ein Kalotypiestudio hatte …« Mr Reeve wirkte verwirrt, und seine hellen Augen blinzelten hektisch. Er wischte sich mit seinem Taschentuch das Gesicht ab. Es schien, als sei er sich nicht sicher, ob er misstrauisch sein sollte oder nicht.
    »Seltsam, dass Mr Blake davon wissen sollte und ich nicht«, erklärte er fast eingeschnappt. »Ich habe nämlich vor, die fotogene Technik eines Tages für meine eigene Arbeit zu verwenden.« Sie wussten beide, dass fotogenes Zeichnen der Zeitvertreib reicher Personen war, was auch die niedergeschlagene Miene des Botanikers erklären könnte.
    »Ich schätze also, ich muss Sie entlassen.« Er seufzte schwer, um deutlich zu

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