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Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition)

Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition)

Titel: Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kylie Fitzpatrick
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Juliette?«
    Juliette drehte sich in ihrem schmalen Bett um, so dass sie Richtung Wand blickte. Sie sagte nichts. Das düstere Schweigen war dem Heulen zumindest vorzuziehen. Antonia schloss leise die Tür. Sie würde später nach dem Negativ fragen.

40
    28. April 1841
    Rhia,
das Negativ enthält ein verborgenes Bild, aber ohne Belichtung ist es unmöglich festzustellen, ob es noch intakt ist. Ich habe den nötigen Apparat, aber es bedarf starken Lichteinfalls. Am besten setze ich es wie meine anderen Bilder auf Deck der Sonne aus! Nachmittags gibt es aber genug Licht in meiner Kajüte. Wir brauchen natürlich zuerst Margarets Erlaubnis, ehe wir eine Abbildung davon versuchen. Versichere ihr, dass der Prozess dem Negativ nichts anhaben wird, denn es kann mehrmals verwendet werden. Wir sollten auf den richtigen Augenblick warten. Ich werde mir einen Plan ausdenken.
    Mr Wardell ist gestern auf dem unteren Deck patrouilliert. Vielleicht war er es, der an deiner Kajüte vorbeiging?
    In Zuneigung,
    Laurence

41
    H AGEBUTTE
    30. April 1841
    An Mr Reeves Zeichnungen würde man nicht erkennen, dass Matricaria recutita und Chicorium intybus zum Stamm der Kamille- und Chicoreegewächse gehören. So langsam glaube ich, ich sollte ihm anbieten, die Zeichnungen selbst anzufertigen. Ob er wohl beleidigt wäre? Würde mir das etwas ausmachen? Er ist in letzter Zeit ungewöhnlich still gewesen, und ich merke, dass er mich immer mehr beobachtet. Er wird auch zunehmend dreister. Ab und an fragt er mich etwas, was nicht mit unserer Arbeit zu tun hat. Etwas über Dublin oder den Handel. Jegliche Zuvorkommenheit oder Respekt mir gegenüber ist längst verschwunden. Aber auch ich nehme mir in Sachen Höflichkeit inzwischen mehr heraus. Ich fragte ihn etwas nach einem jamaikanischen Tabakblatt und konnte es kaum fassen, als seine Antwort lautete, der Tod meines Onkels müsse mich nervlich sehr belastet haben. Wie viel weiß er von mir? Ich legte das jamaikanische Tabakblatt vorsichtig in seine Schachtel und ließ mir dabei so viel Zeit wie nur möglich. Dabei richtete ich meine ganze Aufmerksamkeit auf die winzigen Muster des Blattes und versuchte mich zu sammeln. Ich dachte bei mir, dass Nicotiana tobacum ein wesentlich melodischerer Name war als Tabak . Mr Reeve hofft nämlich, dass er in Australien wilden Tabak findet, musst Du wissen, oder eine verwandte Art. Wäre das Kraut für den Boden und das Klima der Kolonie geeignet, dann wäre das eine wichtige Entdeckung. Außerdem wäre es lukrativ. Er scheint sich für die geschäftlichen und die botanischen Aspekte seines Berufes gleichermaßen zu begeistern. Das hätte ich von einem Naturforscher nicht erwartet, aber schließlich ist Mr Reeve auch darauf bedacht, in der Gesellschaft aufzusteigen. Das kann ich daran erkennen, wie er immer damit angibt, welche wichtigen Leute er in London kennt. Mir bedeutet es ja nichts, denn ich habe von keinem von ihnen je gehört. Er ist dumm und leicht zu beeindrucken. Was die kommerziellen Vorzüge der Tabakpflanze betrifft, so erinnere ich mich daran, dass Du den Sud von in Wasser eingelegten Tabakblättern in einem feuchten Sommer einmal zur Insektenabwehr eingesetzt hast, als die Moskitos unersättlich waren. Laut der Geschichten, die unten im Schiffsbauch kursieren, sind die Insekten in Australien größer und giftiger als die im Dschungel von Südamerika. Der Ort klingt immer tödlicher, je mehr ich darüber höre.
    Ich musste Mr Reeve irgendwann antworten, also sagte ich, ja, der Tod meines Onkels sei in der Tat nervlich belastend. Am liebsten hätte ich hinzugefügt, dass die Hagebutte, die er gezeichnet hatte, kaum zu erkennen war. Eine solch einfache Pflanze, und doch gelingt es ihm, sie hässlich und unbeholfen aufs Papier zu bringen.
    Er meinte, es müsse schmerzhaft sein, darüber zu sprechen und dass auch er kürzlich selbst ein Familienmitglied verloren habe. Es habe sich um einen unerwarteten Todesfall gehandelt, wie bei meinem Onkel. Da konnte ich mich nicht länger verstellen, sondern fragte, woher er von Ryan wusste. »Es obliegt mir nicht, das zu sagen«, erwiderte er unverbindlich, sah mich dabei jedoch weiterhin so an, als würde ich ihm vielleicht etwas anvertrauen. Er will, dass ich ihm vertraue und ihn mag, dabei hat er keine Ahnung davon, wie er sich dazu verhalten müsste.
    Ich beschloss, dass ich nicht verpflichtet war, seine Fragen zu beantworten, sondern erklärte ihm stattdessen, dass die Blätter der Hagebutte falsch

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