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Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition)

Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition)

Titel: Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kylie Fitzpatrick
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hatte, dass das Rad lief, jedenfalls sagte sie nichts dazu. Schweigend saßen sie zusammen. Brigit reichte Rhia den Krug und sagte mit einem Seufzen: »Mir war gar nicht bewusst, wie sehr ich das geschmeidige Gefühl der Wolle zwischen den Fingern vermisst habe.«
    Auch Rhia mochte dieses Gefühl. »Wirst du neue Webarten ausprobieren?«
    Mamo kicherte in sich hinein. »Man kann selbst Kammgarn weich wie Seide spinnen«, erklärte sie. »Und es ist viel günstiger, sag das deiner Mutter.« Rhia warf ihrer Großmutter einen warnenden Blick zu.
    »Ich habe mit Thomas gesprochen«, erzählte Brigit. »Er wird verschiedene Stoffproben für mich weben.«
    So unterhielten sie sich, bis sie die Räder der Kutsche den Hügel heraufkommen hörten und das Klirren der Zügel und das Schnauben und Stampfen der Pferde draußen nicht länger ignorieren konnten.
    Es gab keine Tränen, die hatten sie bereits im Stillen vergossen. Die Emotionen waren nur spürbar in ihrer Zurückhaltung, in der Knappheit ihrer Worte und dem Druck ihrer Hände.
    »Vergiss nicht zu schreiben«, flüsterte Mamo ihr ins Ohr. »Und denk daran, es gibt immer etwas, wofür man dankbar sein kann. Immer . Sei auf der Welt, aber nicht ein Teil von ihr, Rhiannon.«
    Das ergab für Rhia keinen Sinn. Wie konnte man auf der Welt, aber kein Teil von ihr sein?
    Brigit drückte Rhia eine Geldbörse in die Hand und unterband mit einem Finger an den Lippen jeglichen Protest.
    Rhia kletterte hinauf in den Wagen. Und im nächsten Moment rumpelte er die Auffahrt hinunter Richtung Dublin.

9
    28. November, 1840
    Liebe Mamo,
das Schiff der Irish Mail hat Holyhead tatsächlich erreicht, ohne zu sinken! Bis heute früh war mir so übel, dass ich nicht einmal an das Schicksal der Spanischen Armada dachte. Manannans Reich ist unaufhörlich in Bewegung, und ich kann mir nicht vorstellen, wie es Seefahrern jemals gelingt, aufrecht zu gehen.
    An einem Novemberabend gibt es in England außer Nebel und ein, zwei fliegenden Händlern mit ihren Karren wenig zu sehen. Zum Glück befindet sich am Kai ein Gasthaus, von wo aus ich Dir dies schreibe. Ich fühlte mich irgendwie verwegen, mich so ganz alleine in eine Gaststube zu wagen, aber ich habe das Meer überquert, wovor sollte ich also in einer Hafentaverne Angst haben? Bis jetzt hat sich mir niemand genähert oder mein Benehmen getadelt.
    Das Fenster ist mit Ruß und Dunst verschmiert, aber ich kann draußen eine Reihe Droschken unter einer Gaslaterne erkennen, die darauf warten, Passagiere zum Nachtzug nach Euston zu bringen. Der Zug geht um Mitternacht, und jetzt ist es gerade mal zehn Uhr. Man sagte mir, der Bahnhof sei ganz in der Nähe. Und nachdem ich gewisse Mitreisende von der Überfahrt nicht treffen möchte, mache ich es mir hier mit einem Glas Bier und einem Stück kalter, recht fettiger Taubenpastete gemütlich.
    Heute beim Mittagessen (außer der Pastete das einzige Essen seit drei Tagen) saß ich mit einer Runde Damen aus London an einem Tisch, die zu einer protestantischen Hochzeit in Dublin gewesen waren. Ich kam neben Mrs Spufford zu sitzen. Sie erklärte mir, dass es für den Ruf einer jungen Frau verheerend sei, ohne Begleitung zu reisen. Ich müsse mich daher bemühen, solche Anstandsregeln möglichst schnell zu erlernen, wenn ich hoffte, in der vornehmen Gesellschaft Aufnahme zu finden. Wenn sie eine Vertreterin des La-di-da-Bündnisses ist (wie Thomas es nennt), dann ist die englische Gesellschaft keineswegs besonders höflich. Manannan hat an meiner Stelle Rache geübt. Genau in dem Moment, als Mrs Spufford ihren Löffel in die Erbsensuppe mit Minze tauchte, schlingerte das Boot, und die Damen samt Schüsseln rutschten seitlich weg. Der Inhalt des Löffels landete in ihrem Ausschnitt, und ich lachte laut auf, ehe ich mich bremsen konnte. Sonst lachte niemand. Mrs Spufford sah mich an, als wäre ich Dreck, der an ihrer Schuhsohle klebte. Wahrscheinlich hätte eine wohlerzogene junge Engländerin ein erbsengrünes Dekolleté nicht lustig gefunden. Daraufhin wechselten Mrs Spufford und ich kein einziges Wort mehr, und die anderen Damen aus London ergingen sich in Bosheiten, die mir immer noch in den Ohren klingen.
    »Sie stammen aus einer Handelsfamilie, Miss Mahoney? Also, mein Zimmermädchen kommt auch aus einer Familie, die Leinen herstellt.«
    »Irland ist ja inzwischen richtig zivilisiert. Ich hätte niemals erwartet, dass ich in Dublin Seidenstrümpfe bekommen würde.«
    So feuerten sie weiter ihre Spitzen

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