Am Horizont die Freiheit
näher und versetzte ihm einen solchen Schlag, dass es den Jungen auf den Boden warf. Joan sprang hoch, um seinen Bruder zu verteidigen, doch Ferrán war schon ans Ruder zurückgekehrt.
»Was ist los?«, fragte Bartomeu. Er hatte nichts von dem gesehen, was hinter seinem Rücken geschehen war.
Gabriel konnte sich nicht beherrschen und brach in Lachen aus. Joan lächelte. Der Schiffsführer hatte ihm wohl nicht allzu weh getan.
Nachdem Bartomeu an diesem Nachmittag an Land gegangen war, erteilte ihnen der Schiffsführer mit finsterer Miene eine Lektion.
»Der Kaufmann mag euch sonderbar vorkommen, aber er ist es nicht.«
»Nicht?«, wunderten sich die Jungen.
»Nein. Er ist nur einer dieser eleganten jungen Herren aus Barcelona, die kleiden sich so. Und er spricht, wie man in der Stadt spricht.«
»Sie sprechen alle so?« Die Brüder sahen sich verblüfft an.
»Ja«, antwortete der Alte. »Und es ist besser für euch, dass ihr ihn respektiert. Im Bürgerkrieg hat er sich wegen seines Mutes in der leichten Reiterei ausgezeichnet, und beinahe hätten sie ihn getötet. Er hat für König und Volk gekämpft, gegen die hohen Herren, die die Bauern versklaven.«
Die Brüder sahen sich wieder erstaunt an.
Bei der ersten Gelegenheit fragte ihn Gabriel voller Neugier: »Mosén Bartomeu, warum tragt Ihr auf dem Schiff Handschuhe?«
»Das kommt euch wohl sonderbar vor?« Der Kaufmann lachte. Die Brüder nickten zustimmend. »Wegen der Sonne.«
»Wegen der Sonne?«
»Meine Kunden haben nichts für braungebrannte Hände übrig.«
»Verkauft Ihr Hände?«, fragte Gabriel nach.
Diesmal musste Bartomeu lachen. Sogar der Alte brachte ein Lächeln zustande.
Die Feluke segelte immer nahe bei der Küste, jedoch weit genug entfernt, um die Klippen zu umgehen. Der Schiffsführer suchte oft den Horizont nach Piraten ab. Er grummelte zufrieden, als er erfuhr, dass die Jungen rudern konnten; wenn man zur Küste flüchten müsste, würden ihre Arme eine Hilfe sein, auch wenn sie noch wenig Kraft hatten.
Sie segelten jeden Tag bei Sonnenaufgang los, und mittags oder in den ersten Nachmittagsstunden setzten sie das Schiff auf den Küstensand des nächsten Ortes, wo Bartomeu die Zeit für seine Geschäfte nutzte. Der Kaufmann legte diese Strecke regelmäßig zurück. Er beförderte die Erzeugnisse, die das Santa-Anna-Kloster in Barcelona nach Palafrugell und der Ort zum Kloster schickte, und währenddessen machte er seine eigenen Geschäfte.
Der größte Teil der Ware, mit der der Kaufmann handelte, war etwas, was Joan überraschte: Bücher. Er kannte niemanden, der ein Buch besaß, außer dem Eremiten oder dem Administrator. Er hatte sie bei den kirchlichen Zeremonien mit Büchern gesehen, doch er wäre nie auf die Idee gekommen, dass man so etwas kaufte oder verkaufte. Er verstand nicht, warum die Leute einen solchen Gegenstand haben wollten, und noch weniger, dass man dafür Geld ausgeben könnte.
»Wozu sind Bücher gut?«, fragte er Bartomeu, als er genug Vertrauen zu ihm gefasst hatte.
»Sie erklären Dinge, die die Leute wissen wollen, und sie erzählen sehr anregende Geschichten«, antwortete der Kaufmann lächelnd.
»Wenn ich etwas wissen wollte, habe ich meine Eltern, Tomás oder den Eremiten danach gefragt«, erklärte Joan erstaunt. »Und sie haben uns auch Geschichten erzählt. Außerdem können Bücher nicht sprechen.«
Bartomeu lachte, und Joan blickte finster.
»Manche Dinge können auch die Eltern oder Freunde nicht erklären«, antwortete der Kaufmann. »Du wirst schon sehen, der Tag kommt, an dem die Bücher auch zu dir sprechen werden.«
»Aber sie haben keine Stimme«, beharrte Joan.
»Doch, die haben sie, Junge«, sagte Bartomeu und strich ihm über den Kopf. »Du kannst sie nur nicht hören, bis du lesen gelernt hast.«
»Lesen?«, erkundigte sich Joan verwundert.
Er blickte zuerst Bartomeu an, der zustimmend nickte, und dann Gabriel, der dem Gespräch beiwohnte, ohne es zu verstehen. Der kleine Bruder zuckte verwundert die Achseln. Joan fragte nicht weiter. Er wollte nicht wie ein Dummkopf dastehen, aber das Ganze hatte ihn nachdenklich gemacht. Bücher enthielten also ein Geheimnis. Sehr interessant.
Ein paar Tage später, als der Schiffsführer sie nicht hören konnte, kam Bartomeu wieder auf den Piratenüberfall zu sprechen.
»Wie genau war die Galeere beschaffen?«
»Ich weiß nicht, was Ihr meint«, entgegnete Joan.
»Groß? Klein?«
»Das weiß ich nicht.«
»Wie viele Geschütze
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