Am Rande Der Schatten
Klasse?«
Schwester Ariel blickte überrascht drein. »Nun, ja. Und du solltest nett zu Ulyssandra sein, weil ihr Talent größer ist als
das deine. Und sie hat keine deiner schlechten Angewohnheiten.«
»Ihr seid ein grausames Miststück«, sagte Vi. »Ich weiß, was Ihr tut. Ihr versucht mich zu brechen, aber ich werde Euch etwas verraten. Nichts kann mich brechen. Ich habe schon alles durchgemacht.«
Schwester Ariel drehte ihr Gesicht der untergehenden Sonne entgegen, die die Baumwipfel eines Wäldchens vor ihnen nachzeichnete. »Das, meine Liebe, ist der Punkt, in dem du dich irrst. Du bist bereits gebrochen, Vi. Du wurdest vor Jahren gebrochen, und dein Geist ist verzerrt verheilt. Und jetzt wirst du wieder gebrochen und versuchst, noch verkrüppelter zu verheilen. Ich werde das nicht zulassen. Ich werde dich noch ein weiteres Mal brechen, wenn ich es tun muss, damit du kein Krüppel mehr zu sein brauchst. Aber ich kann nicht für dich die Entscheidung treffen, wieder heil zu werden. Und ich kann keinen Mangel an Narben versprechen. Aber du kannst eine bessere Frau sein, als du es jetzt bist.«
»Eine Frau, die große Ähnlichkeit mit Euch hat?«, höhnte Vi.
»Oh nein. Du bist leidenschaftlicher, als ich es je war«, erwiderte Schwester Ariel. »Ich fürchte, ich bin selbst emotional ein wenig verkrüppelt. Zu viel Hirn, sagt man. Ich fühle mich zu wohl mit meinem eigenen Geist. Ich brauchte niemals auf jemanden zuzugehen. Aber ich wurde so geboren; du wurdest so gemacht. Und du hast recht: Du wirst nicht von mir lernen, was du wissen musst.«
»Wart Ihr jemals verliebt?«, fragte Uly.
Vi fragte sich, woher zum Teufel das kam, aber die Frage musste gut gewesen sein, denn sie traf Schwester Ariel wie eine Schaufel mitten ins Gesicht.
»Hm. Das ist eine... eine sehr gute Frage«, sagte Ariel.
»Er hat Euch für eine Frau verlassen, die nicht so kalt und hässlich war, nicht wahr?«, bemerkte Vi mit einem Anflug von Befriedigung.
Einen Moment lang schwieg Ariel. »Ich sehe, du bist nicht ohne Krallen«, erwiderte sie leise. »Nicht dass ich etwas Geringeres erwartet hätte.«
Uly stach Vi mit den Fingern in die Rippen, um sie zu tadeln, aber Vi ignorierte sie. »Ihr habt also nicht erreicht, was Ihr wolltet. Warum reiten wir nach Westen?«
»Dort lebt eine Schwester. Sie wird sich um euch kümmern, während ich im Rebellenlager nach einer passenden Frau suche.«
»Wonach sucht Ihr denn?«, wollte Uly wissen.
»Wir sollten anfangen, nach einem Platz für unser Lager zu suchen. Es wird dunkel. Sieht so aus, als würden wir es heute Abend nicht bis zu Carissa schaffen«, sagte Schwester Ariel.
»Oh, bitte?«, murmelte Uly. »Es ist noch nicht so dunkel, und wir haben sonst nichts, worüber wir reden könnten.«
Schwester Ariel schien darüber nachzudenken. Dann zuckte sie die Achseln. »Ich suche nach einer Frau mit großem magischem Talent, die ehrgeizig, charismatisch und gehorsam ist.«
»Ehrgeizig und gehorsam? Viel Glück«, sagte Vi.
»Wenn sie bereit wäre, der Sprecherin zu gehorchen, würde sie persönliche Unterweisung bekommen, einen schnellen Aufstieg und eine Menge Aufmerksamkeit und Macht - aber all diese Dinge sind einfach. Das Problem ist, dass sie neu sein muss, weil wir ihrer Loyalität sicher sein müssen, und sie muss verheiratet sein. Eine Frau, deren Ehemann magisches Talent besäße, wäre ein regelrechtes Juwel.«
»Wenn Ihr also diese verheiratete Frau findet, werdet Ihr sie entführen?«, fragte Vi. »Ist das nicht ein wenig riskant?«
»Eine andere Person hätte gesagt, es sei unmoralisch, aber... nun, eine wirklich entführte Frau würde nicht mit uns zusammenarbeiten. Idealerweise hätten wir den Mann gern ebenfalls auf dem Gelände. Einfach einer Frau einen Ring an den Finger zu stecken, wird unser Problem nicht lösen. Je dauerhafter und verlässlicher die Ehe ist, umso besser.«
»Warum lasst Ihr es nicht Vi machen?«, fragte Uly. »Sie will ohnehin nicht mit mir und den anderen Zwölfjährigen in einer Klasse sitzen.«
Ariel schüttelte den Kopf. »Glaub mir, ich habe zuerst an sie gedacht, aber sie ist für die Aufgabe vollkommen ungeeignet.«
»Ihr meint, als Schülerin oder als Ehefrau?«, erkundigte sich Vi.
»Beides. Nichts für ungut, aber ich habe Männer gekannt, die mit der falschen Frau verheiratet waren, und sie waren alle unglücklich. Ich bin davon überzeugt, wir könnten jemanden bitten, dich zu heiraten, und wir würden jede Menge Angebote
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