Am Rande Der Schatten
ausgeschickt wurde«, antwortete Ariel.
»Und was war das?«, erkundigte sich Uly. Sie saß im Augenblick auf dem Hinterzwiesel hinter Vi, und beide waren mit Magie gefesselt. Vi war froh darüber, dass Uly die Frage gestellt hatte. Schwester Ariel beantwortete Ulys Fragen. Das hatte wahrscheinlich etwas mit Vis wiederholten Fluchtversuchen zu tun, die damit geendet hatten, dass sie beide zerschrammt und gereizt waren.
»Ich will jemand Besonderes rekrutieren, und ich hoffe, im Rebellenlager eine Frau zu finden, die diesen Platz einnehmen kann. Unglücklicherweise traue ich Vi nicht einmal so weit, wie ich sie werfen kann.«
»Das ist ziemlich weit«, bemerkte Uly.
Vi runzelte finster die Stirn. Sie hatte Ariel nicht nur Kratzer zu verdanken, nachdem sie in Dornengesträuch gelandet war, hinterher hatte Ariel sie auch noch übers Knie gelegt. Das Leben im Sattel war ein unbehagliches Leben.
»Also gehe ich nicht als jemand Besonderes durch?«, erkundigte sich Vi. »Ihr habt bereits gesagt, ich sei ungemein talentiert. Oder was auch immer.« Sie grinste höhnisch, als sie das sagte, aber sie war neugierig - und seltsamerweise auch ein wenig gekränkt, dass sie den Anforderungen nicht genügte.
»Oh, ihr seid beide etwas ganz Besonderes. Aber keine von euch eignet sich für das, was ich brauche«, entgegnete Ariel. Das Miststück genoss es, sich in Rätseln auszudrücken.
»Wie meint Ihr das, wir beide?«, hakte Vi nach.
»Ich bringe euch beide in die Chantry, aber keine von euch kann …«
»Warum bringt Ihr uns beide dorthin?«
Ariel sah Vi verwirrt an. Dann lachte sie. »Uly besitzt magische Gaben, Vi.«
»Was?« Vi konnte es nicht glauben.
»Oh, es ist selten, magiebegabte Frauen zu finden, das will ich nicht bestreiten. Aber wenn nur eine einzige Frau unter tausend magisches Talent besitzt, bedeutet das nicht, dass man unter einer Million Frauen nur zwei beisammen findet, auf die das zutrifft. Versteht ihr?«
»Nein«, antwortete Uly. Vi verstand es ebenfalls nicht.
»Magiebegabte Menschen neigen dazu, sich zueinander hingezogen zu fühlen, selbst wenn keiner der Beteiligten den Grund dafür kennt. Wir finden sie regelmäßig zusammen, was großartig für uns ist … im Allgemeinen. Vielleicht bist du zu jung für so viel Wahrheit, Ulyssandra, aber diese Anziehung ist wahrscheinlich der einzige Grund, warum eine ansonsten herzlose Mörderin dich nicht ihrem bereits übermäßig strapazierten Gewissen hinzugefügt hat.«
»Ihr meint, sie hätte mich getötet? Hättest du das getan, Vi?«, fragte Uly.
Vi war froh, dass das Mädchen hinter ihr saß, sodass sie die Schuldgefühle nicht sehen konnte, die ihr ins Gesicht geschrieben standen. Warum scherte es sie, was Uly dachte?
»Du kannst es in einem negativen oder in einem positiven Licht betrachten, Ulyssandra«, erklärte Schwester Ariel. »Negativ: Normalerweise hätte sie dich getötet. Positiv: Sie hat es nicht getan - und sie hatte seither viele Gelegenheiten, ihre Meinung zu ändern, und auch das hat sie nicht getan. Man könnte sogar sagen, dass Vi dich mag.«
»Magst du mich, Vi?«, fragte Uly.
»Ich würde dir gern einen Tritt gegen den Kopf verpassen«, antwortete Vi.
»Nimm es nicht zu schwer«, sagte Schwester Ariel. »Aufgrund ihrer Erziehung ist Vi ein … nun, drücken wir es freundlich aus: Lass sie uns einen emotionalen Krüppel nennen. Sie ist wahrscheinlich kaum in der Lage, zwischen den meisten ihrer Gefühle zu unterscheiden, und sie heißt nur die Gefühle des Zorns, des Ärgers und der Herablassung willkommen, weil sie ihr ein Gefühl von Stärke geben. In der Tat, ich schätze, ihre Beziehung zu dir könnte durchaus die erste positive sein, die sie in ihrem ganzen Leben gehabt hat.«
»Hört auf damit«, verlangte Vi. Ariel zerschnitt sie in Stücke und verhöhnte die einzelnen Teile.
»Das ist positiv?«, fragte Uly.
»Sie schreckt vor deiner Berührung nicht zurück, Uly. Wenn du mit ihr reitest, ist sie entspannt. Bei allen anderen wäre sie ständig auf der Hut.«
»Ich werde das kleine Biest töten, sobald ich eine Chance dazu bekomme«, knurrte Vi.
»Gefasel«, sagte Ariel.
»Was bedeutet das?«, fragte Uly.
»Es bedeutet Pferdescheiße«, erklärte Vi.
»Also sei einfach weiter nett zu ihr, Uly«, sagte Ariel, ohne Vi zu beachten, »denn es wird sie wahrscheinlich niemand sonst in eurer Anfängerklasse besonders mögen.«
»In unserer Klasse?«, fragte Vi. »Ihr steckt mich mit Kindern in dieselbe
Weitere Kostenlose Bücher