Am Rande Der Schatten
erfüllte seinen Kopf. Sein Kopf selbst schien beinahe unerträglich schwer zu sein. Er ruderte mit den Armen und begriff, dass er derjenige war, der schrie.
Er war wieder in einem Körper, aber es war nicht seiner. Er war ein Baby. Vor ihm hielt der grauhaarige Mann, ein Riese jetzt, einen Löffel Brei. »WEI-EIT AUFMACHEN!«, gurrte der Wolf und hielt Kylar den Brei vors Gesicht.
Kylar klappte seinen schreienden Mund ruckartig zu.
Wieder blitzte Licht auf, und er war zurück in seinem eigenen Körper.
Der Mann schenkte ihm ein wölfisches Lächeln. »Du bist nichts als ein fettes, unbeholfenes Kind im Land der Riesen. Du schließt den Mund, statt zu essen. Du sprichst, wenn du zuhören solltest. Wozu bist du bestimmt? Jede Antwort, die
ich gegeben habe, hast du zurückgewiesen. Warum also sollte ich meine Zeit verschwenden? Du bist so arrogant, wie es dein Meister nur jemals war, und du hast nicht einen Funken seiner Weisheit. Ich finde vieles an dir auszusetzen.«
»Was soll ich machen?«
»Besser. Mach es besser.«
Ein Teil von Ariel wünschte, sie könne verlangsamen, was immer in Kylars Körper geschah. Wie die Dinge lagen, hatte er sich beinahe erholt. Vor ihren Augen wackelte der Pfeil in seiner Brust und begann sich zu verlagern. Dann erzitterte er und erhob sich aus Kylars Körper, als würde er von innen hinausgestoßen.
Mit einem hörbaren Ploppen durchbrach die Pfeilspitze Haut, die um den Schaft herum bereits verheilt gewesen war. Der Pfeil fiel zur Seite, und Ariel ergriff ihn und legte ihn zur späteren Betrachtung in ihr Bündel neben die Goldtafel.
Die Haut über Kylars Herzen, die der Pfeil soeben durchstoßen hatte, wuchs so schnell zusammen, dass sie es beobachten konnte. Binnen Sekunden war die Haut wieder glatt und unvernarbt. Schwester Ariel griff mit ihrer Magie nach ihm, aber sobald sie Kylars Körper berührte, wurde die Magie absorbiert. Ein Beben durchlief ihn, und sein Herz begann zu schlagen. Einen langen Augenblick später hob sich seine Brust, und er hustete heftig, spuckte halb geronnene Klumpen Blut aus der Lunge. Dann verebbte das Husten. Schwester Ariel versuchte zuzusehen, ohne zu berühren, aber die Ströme von Magie flossen so schnell, dass sie sie nicht einmal ansatzweise verstehen konnte. Sie legte eine Hand dicht an seinen Körper, und die Luft dort fühlte sich kalt an. Das Gras unter ihm war verwelkt und weiß.
Es war, als sauge sein ganzer Körper Energie in jeder Form auf und benutze sie, um sich zu heilen. Was würde geschehen, wenn er sich in einem kalten, dunklen Raum befände? Würde die Heilung innehalten? Wie zur Hölle übersetzte er all diese Energie in Magie? Wie machte er es überhaupt und insbesondere bewusstlos?
Götter, das Studium eines solchen Mannes würde den Schwestern vielleicht sogar etwas über das Jenseits verraten. Das war etwas, das sie vor langer Zeit aufgegeben hatten, da sie glaubten, es liege außerhalb des Reiches von Experimenten. Kylar konnte alles verändern.
Sie sammelte Magie in einem weißen Ball in ihren Händen und hielt sie dicht an seinen Körper, um zu beobachten, wie die Magie hineingesaugt wurde wie Wasser durch ein Abflussrohr.
Erstaunlich.
Nun, dies war ein Rätsel, dessen Lösung sie ihr Leben widmen konnte.
Der letzte Rest Magie löste sich in ihren Händen auf, und Kylars Augen öffneten sich flackernd.
Schwester Ariel hob die Hände. »Ich bin nicht hier, um dir wehzutun, Kylar. Erinnerst du dich an mich?«
Er nickte, und sein Blick flog umher wie der eines wilden Tieres. »Was tut Ihr hier? Was ist passiert? Was habt Ihr gesehen?«
»Ich habe dich tot gesehen. Jetzt lebst du wieder. Wer hat dich getötet?«
Kylar schien in sich zusammenzusinken, zu müde oder zu durcheinander, um sich die Mühe zu machen, irgendetwas zu leugnen. »Es spielt keine Rolle. Ein Blutjunge. Nichts Persönliches.«
»Ein Blutjunge wie du und Vi?«
Er stand auf und heuchelte Steifheit. Sie wusste, dass er sie heuchelte, denn sie konnte erkennen, dass er jetzt in absolut perfekter Verfassung war. »Graakos«, flüsterte sie leise und wappnete sich.
»Was wollt Ihr, Hexe?«, fragte er. Abrupt verschwanden die Fäden der Magie, die sie nach ihm ausgestreckt hatte. Und sie verschwanden nicht nur: Sie wurden auseinandergeweht wie Rauch von einer starken Brise. Er hatte das getan - ihre Magie zerstreut. Seine Augen glitzerten gefährlich. Würde ihre magische Rüstung genauso leicht verschwinden? Zum ersten Mal seit
Weitere Kostenlose Bücher