Am Rande Der Schatten
obwohl er gewusst hatte, dass der Gottkönig es so wünschte.
Den Auftrag hatte er natürlich in der folgenden Nacht erledigt, aber das war nichts gewesen. Gar nichts.
Dieser Auftrag würde nicht allzu schwierig sein. Zu Anfang würde es einige brenzlige Augenblicke geben. Zunächst einmal musste er hineinkommen. Er tötete auch Kinder, wenn es sein musste, aber Gilderatten waren schlüpfrig. Sie kannten jedes Loch von der Größe einer Walnuss im Labyrinth, konnten
sich hineinzwängen und hatten sogar noch Platz übrig. Es war besser, ihnen keine Chance zu geben, jemanden zu warnen.
Nachdem er hineingelangt war, würden am Hinterausgang ein oder zwei Wachen stehen. Es war ein Ausgang, der nie benutzt worden war, und ein Mann konnte nur begrenzte Zeit an eine Wand starren, bevor er sich langweilte und müde wurde. Daher schliefen die Wachen dort vielleicht.
Dann würde Hu die Wachen am Vordereingang töten müssen, ohne Alarm auszulösen. Als Nächstes würde er den vorderen Eingang blockieren oder zerstören müssen. An diesem Punkt würde es keine Rolle spielen, ob die Huren herausfanden, dass er da war oder nicht. Mit Huren wurde er fertig.
Dann … nun, der Gottkönig hatte ihm erklärt, dass er vierundzwanzig Stunden Zeit habe, um zu tun, was immer er wolle. »Hu«, hatte der Gottkönig gesagt, »richte ein Blutbad an. Ein Gemetzel.«
Der Gottkönig plante, das Gebäude anschließend zu öffnen und jeden Adligen in der Stadt hindurchzuführen. Wenn die Leichen zu reifen begannen, würden sie den Rest der Stadt hindurchführen. Die Bewohner des Labyrinths würden als Letzte kommen. Dann würde der Gottkönig eine öffentliche Zeremonie abhalten. Willkürlich ausgewählte Menschen aus den Reihen der Karnickel, der Künstler und des Adels würden zum Schauplatz des Massakers geschickt werden. Während sie im Gebäude waren, würden die Hexer des Gottkönigs die Ausgänge versiegeln.
Garoth Ursuul erwartete, dass es ein mächtiges Abschreckungsmittel gegen künftige Rebellionen sein würde.
Aber Hu fühlte sich unwohl. Er war ein Profi. Er war der beste Blutjunge der Stadt, der beste auf der Welt, der beste aller Zeiten. Diese Position war ihm teuer, und es gab nur
eines, was ihr gefährlich werden konnte: er selbst. Er war auf dem Anwesen der Gyres dumme Risiken eingegangen. Idiotische Risiken. Am Ende war alles glatt gelaufen, aber die Tatsache blieb, dass er außer Kontrolle geraten war.
Es war einfach zu viel Blut da gewesen. Zu viel Erregung. Er war wie ein Gott durch eine Orgie der Zerstörung geschritten. Er hatte sich während der Stunden, in denen er die Gyres und ihre Diener niedergemetzelt hatte, unverletzbar gefühlt. Er hatte Zeit damit verbracht, die Leichen zur Schau zu stellen. Etliche davon hatte er an den Füßen aufgehängt und ihnen die Kehle aufgeschlitzt, um sie ausbluten zu lassen und diesen herrlichen See aus Blut zu schaffen.
Sein Auftrag war es zu töten, und er hatte die Grenze gefährlich weit überschritten. Durzo war ein Todbringer gewesen. Er nahm Leben mit der unpersönlichen Präzision eines Schneiders. Durzo Blint hätte sich niemals in Gefahr begeben. Das war der Grund, warum einige Leute ihn Hu für ebenbürtig gehalten hatten. Hu hasste das. Er wurde gefürchtet, aber Blint war respektiert worden. Seine nagende Sorge war die, dass dieses Urteil verdient war.
Das war der Grund, warum dreihundert seinen Untergang bedeuten konnten. Die Bestie im Innern würde herauskommen. Dreihundert waren vielleicht zu viel.
Nein. Er war Hu Gibbet. Nichts war zu viel für Hu Gibbet. Er war der beste Blutjunge auf der Welt. Taktisch gesehen würde dieser Auftrag nicht annähernd die Herausforderung darstellen, die andere Aufträge dargestellt hatten, aber wenn die Leute seinen Namen wisperten, würde es dies sein, woran sie sich erinnerten. Dies würde sein Vermächtnis sein. An diesen Auftrag würde man sich auf der ganzen Welt erinnern.
Die Gilderatten schliefen allesamt, dicht nebeneinandergekauert zum Schutz gegen die Kälte. Hu wollte sich gerade durch das Loch im Dach fallen lassen, als er etwas bemerkte.
Zuerst dachte er, er würde es sich nur einbilden. Es begann als ein Raunen des Windes, eine Staubwolke, die im Mondlicht aufwirbelte, aber der Staub legte sich nicht, und heute Nacht ging kein Wind. Trotzdem schien der Staub an einer Stelle zu kreiseln, schien sich im Mondlicht in der Nähe der Kinder zu sammeln.
Eins der Kinder erwachte und stieß einen leisen Schrei aus,
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