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Am Rande Der Schatten

Titel: Am Rande Der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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wollte es vorher nicht sagen, aber hast du irgendetwas getan, um den hiesigen Shinga gegen dich aufzubringen?«, fragte Jarl. Er wertete Kylars Gesichtsausdruck als ein Ja. »Denn von einer meiner Quellen weiß ich, dass der Shinga einen Auftrag für einen cenarischen Blutjungen erteilt hat. Der Mann wusste nichts Näheres, aber, ähm, ich nehme nicht an, dass allzu viele cenarische Blutjungen hier herumhängen. Je länger du hier bist, umso größer wird die Gefahr für Elene und Uly.«
    Durzo hatte Kylar gelehrt, dass die beste Methode, einen Auftrag zu widerrufen, die Beseitigung des Auftraggebers sei. Damit Elene, Uly, Tante Mea und sogar Braen sicher waren, musste Barush Sniggle sterben.
    Kylar erhob sich steif und ging nach unten. Eine Minute später kehrte er mit einem Gesicht zurück, das so dunkel war wie die grauen Blutjungenroben, die er wieder trug.
     
     
    Vi betrachtete den Bogen in ihren Händen und versuchte, sich dazu zu überreden, den schwarz-roten Pfeil zurückzuziehen. Sie stand auf einem Dach und schaute in das Haus der Hebamme. Sie war schon seit einer Stunde dort. Mit dem Rücken an einen Schornstein gelehnt und in Schatten gehüllt. Sie war auf keinen Fall unsichtbar, aber im sterbenden Licht und mit der Sonne hinter sich war sie nahe daran.
    Sie war nach Caernarvon gekommen, um dem hier zu entgehen. Sie hatte gedacht, die Ermordung Kylars sei die einzige
Möglichkeit, Jarl nicht zu töten und trotzdem dem Zorn des Gottkönigs zu entgehen. Während sie fort war, würde Jarl fliehen oder von einem anderen Blutjungen getötet werden.
    Wie konnte er hierherkommen?
    Sie wollte an ihm vorbeischießen, wollte Kylar erschießen und so tun, als sei Jarl nicht hier, wollte so tun, als hätte sie den Brief niemals erhalten. Aber sie konnte keinen klaren Schuss auf Kylar abgeben, und Lügen würden ihr beim Gottkönig nicht weiterhelfen. Jarl saß direkt vor dem Fenster. Das Fenster stand sogar offen. Sie benutzte einen von Magie gespannten Bogen, einen Bogen, der so mächtig war, dass nur ein Mensch mit magischem Talent ihn spannen konnte, sodass der schwarz-rote Verräterpfeil ein Fenster hätte überwinden können und, was das betraf, sogar Fensterläden. Aber sie brauchte das nicht einmal.
    Jarl saß vollkommen ungeschützt da. In Cenaria wäre ihm ein solcher Fehler niemals unterlaufen, aber hier fühlte er sich sicher. Er war direkt in die Arme des Todes geflüchtet.
    Und doch wartete sie. Verdammt sollte Jarl sein wegen seiner Dummheit. Wenn Vi ihn nicht tötete, würde der Gottkönig es wissen. Er würde sie finden. Du verdammter Mistkerl, Jarl. Verdammt sollst du sein für deine Freundlichkeit.
    Erledige den Auftrag. Hu Gibbet folterte seine Leichen gern zuerst, aber er tat es nur dann, wenn er sicher war, dass er nicht gestört werden würde. Hu Gibbet brachte den Auftrag immer zu Ende. Der perfekte Schuss kommt nie. Begnüge dich mit jedem Schuss, der tötet.
    Leise fluchend, um ihre Magie zu aktivieren, stand Vi auf und zog den Pfeil an ihre Wange. Das brachte sie aus dem Schatten des kleinen Schornsteins hinein in das sterbende Licht. Sie zitterte, aber die Entfernung maß kaum dreißig
Schritt. »Du verdammter Mistkerl, Jarl, beweg dich!«, murmelte sie.
    Sie könnte weglaufen. In Gandu oder Ymmur würde der Gottkönig sie niemals finden, oder? Sie konnte es nicht glauben. Sie hatte niemandem erzählt, dass sie hierherkommen würde, hatte keine Zeichen hinterlassen, und doch wusste er es. Wenn sie floh, würde der Gottkönig ihren Meister hinter ihr herschicken, und Hu Gibbet versagte niemals. Sosehr Vi auch von ihrer Schönheit profitiert hatte, eines machte sie beinahe unmöglich: sich zu verstecken. Sie hatte sich niemals über Maskeraden den Kopf zerbrochen. Sie hatte es nie als Schwäche angesehen. Bis jetzt.
    »Komm schon, Kylar«, flüsterte sie. »Komm einfach ans Fenster, nur ein einziges Mal.« Sie zitterte jetzt heftig, und nicht nur wegen der Magie, die in ihr brannte, nicht nur von der Anspannung, so lange einen Bogen gespannt zu halten. Warum wünschte sie sich Kylars Tod so sehr?
    Sie sah ein Bein, ein Bein in grauen Blutjungenroben, aber niemand erschien. Verdammt. Wenn Kylar ausging, würde sie in ernsthaften Schwierigkeiten stecken. Sie hatte gehört, dass er sich unsichtbar machen konnte, aber das waren nur die typischen Blutjungen-Lügen. Sie alle prahlten mit ihren Fähigkeiten, damit sie die Preise hochtreiben konnten. Jeder wollte ein neuer Durzo Blint sein.
    Aber

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