Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Am Rande des Abgrunds: Thriller (German Edition)

Am Rande des Abgrunds: Thriller (German Edition)

Titel: Am Rande des Abgrunds: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire McGowan
Vom Netzwerk:
Glasscheibe auf ihn. »Das ist der Dreckskerl. Elendig verrecken soll er.«
    Auf dem Weg zum Vernehmungsraum begegnete Hegarty einem der Kollegen von der Spurensicherung, die er am Vortag zu Stockbridges Wohnung beordert hatte. »Habt ihr die Schuhe?«, fragte er. Der kahlköpfige Mann nickte. Es hatte sich bereits im Revier herumgesprochen, dass Anthony Johnsons Mörder ihm auch auf die Hand getreten war und ihm dabei sämtliche Finger gebrochen hatte. So etwas motivierte die Polizisten ganz besonders, den Schuldigen zur Strecke zu bringen. Die Schuhe desjenigen, der das getan hatte – wenn da überhaupt noch ein Zweifel bestand –, mussten eine Menge Blut abbekommen haben.
    Charlotte
    Irgendwann an diesem nicht enden wollenden Samstag war Charlotte schließlich auf den orangefarbenen Plastikstühlen eingeschlafen. Als sie wieder wach wurde, wusste sie nicht, wie spät es war, aber Britain’s Got Talent hatte sie auf jeden Fall verpasst. Die Neonbeleuchtung tat ihren müden Augen weh.
    Sie hörte Stimmen auf dem Korridor hinter der Sicherheitsglasscheibe, auf der Plakate zu Themen wie Prozesskostenhilfe, Leistungsmissbrauch und häusliche Gewalt klebten. Charlotte setzte sich auf und spürte den Schweiß in ihren Achselhöhlen.
    »Lass mich los, ich kann alleine gehen«, raunzte eine weibliche Stimme, und dann stolzierte auf dem Korridor eine junge Frau vorbei, mit einer Frisur wie ein goldbronzener Heiligenschein. Charlotte erkannte die Mädels aus dem Club, die mit dem Afrolook trug immer noch das Silberkleid vom Vorabend. Ihre Beine hörten gar nicht mehr auf, so lang waren sie. Hinter ihr drückte sich die Kleinere an der Wand entlang, die Dan angekreischt hatte, ihr Haar brutal geglättet. Sie hatte verweinte Augen. Ganz ähnlich sah auch Charlottes Spiegelbild auf der vergilbten Glasscheibe aus: schwer gezeichnet und zusammengekniffen, wie ein Damm, der ihre Tränen zurückhielt. Als sich ihre Blicke begegneten, sah die andere Frau weg.
    Charlotte bemühte sich, ihre Gedanken zu ordnen. Der Typ aus dem Club war tot. Ermordet, hatte der Polizist gesagt. Gott, es fiel ihr so schwer, sich zu erinnern; das alles entglitt ihrem Bewusstsein immer wieder. Also, wie war das noch? Dan hatte sich mit ihm geprügelt? Aber er war doch nur so kurz fort gewesen, nur ein paar Minuten. Und er war unversehrt, nicht wahr? Keine blauen Flecken, kein Blut. Hätte sie es nicht mitbekommen, wenn Dan sich geprügelt hätte?
    Da blitzte eine andere Erinnerung auf. Dan, ein paar Wochen zuvor, wie er sie angebrüllt hatte: Es ist mir scheißegal, was für Blumen wir haben !
    Er hatte am Tisch gesessen, Geschäftsunterlagen um sich ausgebreitet, hatte wieder mal an einem Samstag gearbeitet. Sie hatte die Einzelheiten der Hochzeit mit ihm absprechen wollen, hatte versucht, sein Interesse daran zu wecken.
    »Es tut mir leid«, hatte er schließlich gesagt, nachdem sie für zwei Stunden in gekränktes Schweigen verfallen war.
    »Es geht um unsere Hochzeit. Entschuldige bitte, dass ich angenommen habe, dass dich das interessiert.«
    Er fuhr sich mit den Händen durchs Haar; sein Gesicht sah abgehärmt aus. »Es tut mir leid. Manchmal sehe ich einfach keinen Ausweg mehr.«
    Der Fernseher im Wartezimmer zeigte ununterbrochen Nachrichten, und die Stunden verrannen. Schließlich schlief sie erneut auf den harten Stühlen ein, deren Kanten ihr in den Rücken drückten, und wurde wieder wach, wenn lärmende Leute hereinkamen, und ebenso von der Panik, die sich langsam in ihr breitmachte. Es würde alles wieder in Ordnung kommen. Natürlich würde es das. Aber weshalb waren sie beide dann immer noch hier, Stunden später?
    Die ganze Nacht hindurch brachte man Leute herein, Betrunkene mit blutenden Kopfverletzungen, kreischende Frauen, heulende Sirenen. Der Fernseher zeigte jetzt die Nachrichten der BBC, und das Band am unteren Bildrand berichtete über die Haussmann’s Bank. Durch Staatshilfe gerettet , stand da. Als nächste Meldung folgte: Festnahme nach Todesfall in Londoner Club . Die Ironie des Ganzen entging ihr nicht: Die drohende Katastrophe, die Dan überhaupt nur in diesen Schlamassel hatte schlittern lassen, war ausgeblieben. Stattdessen steckte er nun in einer privaten Katastrophe und tauchte gleich neben der Bank in den Fernsehnachrichten auf. Dennoch würde alles wieder in Ordnung kommen. Es konnte gar nicht anders sein.
    »Miss Miller?« Das war wieder die Polizistin mit dem Birminghamer Akzent und den flachen Schuhen. Durch die

Weitere Kostenlose Bücher